Ein Landwirt spritzt sein Kartoffelfeld mit einem Fungizid gegen Kraut- und Knollenfäule. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Thomas Warnack)

Land soll unabhängiger von Importen werden

FDP fordert von BW-Landesregierung Kurswechsel in der Agrarpolitik

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Der Krieg in der Ukraine hat auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Die FDP fordert, Baden-Württemberg müsse in der Agrarpolitik künftig unabhängiger von Importen werden.

Die FDP-Landtagsfraktion fordert einen Kurswechsel in der grün-schwarzen Agrarpolitik. Man müsse unabhängiger von Importen werden, sagte der Fraktionschef der Oppositionspartei, Hans-Ulrich Rülke, am Mittwoch in Stuttgart. "Wir sind auch in der Landwirtschaft und in der Ernährung wohl zu sehr darauf fixiert, dass internationale Märkte funktionieren." Die Ernährungssicherung müsse neu bewertet und fester Bestandteil der Agrarpolitik in Baden-Württemberg werden.

 Ausbau der ökologischen Landwirtschaft sinnvoll oder nicht

Die grün-schwarze Landesregierung müsse überprüfen, ob sie tatsächlich den Anteil der ökologischen Landwirtschaft auf 30 bis 40 Prozent bis zum Jahr 2030 steigern wolle. "Denn dieser ökologische Landbau ist natürlich nicht effektiver und er ist flächenintensiv", sagte Rülke. Grüne Landwirtschaftsromantik und das Stilllegen wertvoller landwirtschaftlicher Flächen könne man sich keine Sekunde länger leisten, heißt es in einem FDP-Positionspapier aus der vergangenen Woche.

Nach Studien gebe es beim ökologischen Landbau 25 bis 40 Prozent geringere Erträge im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft, sagte der agrarpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Georg Heitlinger. "Die Landesregierung ist da einfach zu sehr ideologisch eingefärbt."

Versorgung mit Getreide für BW kein Problem

Der mögliche Einbruch beziehungsweise Wegfall von Getreidelieferungen beispielsweise aus Russland und der Ukraine wird sich in Baden-Württemberg voraussichtlich an steigenden Preisen, nicht aber der Versorgungssicherheit an sich bemerkbar machen. "Die Verbraucherinnen und Verbraucher brauchen keine Angst haben, die Versorgung mit Getreide ist dieses Jahr auf jeden Fall gesichert", sagte Landesbauernpräsident Joachim Rukwied. "Wir leben in einer sogenannten Gunstregion für den Getreideanbau und der Selbstversorgungsgrad in Baden-Württemberg, Deutschland und Europa liegt bei über 100 Prozent."

CDU fordert stärkere Nutzung von Ackerflächen für Nahrung statt Ökostrom

Angesichts des Krieges in der Ukraine sollte das Land nach Ansicht von Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) die Nutzung von Agrarflächen für die Erzeugung von Ökostrom verringern und diese verstärkt zur Produktion von Nahrungsmitteln verwenden. Durch den Krieg habe die Ernährungssicherung eine ganz neue Bedeutung erlangt, erklärte Hauk. Es zeige sich, dass gut gefüllte Lebensmittelregale keine Selbstverständlichkeit seien. "Um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten und den Anstieg der Lebensmittelpreise zu mildern, sollten wir den Einsatz von Ackerflächen für die Energieerzeugung deutlich reduzieren."

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union müsse in Deutschland so umgesetzt werden, "dass einerseits die Ernährungs- und Umweltziele erreicht und gleichzeitig die landwirtschaftlichen Betriebe unterstützt werden", sagte Hauk. Experteninnen und Experten befürchten, dass der Krieg zu einem starken Rückgang der Lebensmittelexporte aus der Ukraine und aus Russland führen wird. Beide Länder stehen zusammen für rund ein Drittel der Weizenproduktion für den Weltmarkt.

Naturschützer kritisieren Hauks Vorschlag

Naturschützerinnen und Natürschützer in Baden-Württemberg kritisieren Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) für seinen Vorschlag, künftig weniger Flächen zur Ökostromerzeugung zu nutzen, um im Gegenzug mehr Lebensmittel anbauen zu können. "Ich finde es unsäglich, wie von Teilen der Landwirtschaft der Krieg in der Ukraine instrumentalisiert wird, um in der Landwirtschaftspolitik die Rolle rückwärts zu vollziehen", sagte der Landesvorsitzende des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), Johannes Enssle.

Vielmehr müsse an einem anderen Hebel angesetzt werden: der Fleischproduktion. Auf 60 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland würden Futtermittel für die Fleischproduktion angebaut, sagte Enssle. Das sei extrem ineffizient.

Agrarwirtschaft Kornkammer Europas: Warum wächst in der Ukraine so viel Getreide?

Das liegt vor allem an den Schwarzerde-Böden, die zu den besten Ackerböden der Welt gehören. Sie sind locker, krümelig, humusreich, kalkhaltig, oft sehr tiefgründig – und in der Ukraine weit verbreitet. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

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