FDP-Landesvorsitzender Michael Theurer  (Foto: SWR)

Parteitag in Berlin

FDP-Landeschef Theurer will neue Brennstäbe für Atomkraftwerke

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Sebastian Deliga, Hannes Köhle

Mitte April wurde das Atomkraftwerk in Neckarwestheim (Kreis Heilbronn) abgeschaltet. Der baden-württembergische FDP-Vorsitzende Michael Theurer hält das für einen Fehler.

Baden-Württembergs FDP-Landeschef Michael Theuer hat sich auf dem FDP-Bundesparteitag in Berlin im SWR-Interview für einen Weiterbetrieb der drei kürzlich abgeschalteten Atomkraftwerke in Deutschland ausgesprochen, darunter Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. "Wir sehen auf absehbare Zeit das Risiko, dass wir Kernkraft brauchen und sagen, es ist besser, jetzt nochmal Brennstäbe zu beschaffen", so Theurer. So könne man in den nächsten Jahren sicher bezahlbar durch den Winter kommen.

Ist Atomstrom kostengünstig?

Was die Kosten von Atomstrom angeht, gehen die Einschätzungen von Fachleuten auseinander. Laut einer Ausarbeitung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags von 2022 zu den Entstehungskosten von Strom im Vergleich ist die Datenlage für Stromentstehungskosten speziell für Strom aus Kernkraft in Deutschland dünn.

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Die FDP Baden-Württemberg möchte neben der Förderung erneuerbarer Energien den Ankauf von Brennstäben und den Betrieb der Kernkraftwerke mit neuen Brennelementen ermöglichen. So lautet auch die aktuelle Beschlusslage der Landespartei. Allerdings ist Deutschland am 15. April aus der Kernenergie ausgestiegen.

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Theurer kritisiert Umgang der BW-Landesregierung mit Kernenergie

Zur Bedingung in der Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen möchte Theurer dies aber nicht machen. "Klar ist, dass wir in der Koalition natürlich nur werben können für diese Position", so Theurer. Allerdings attackierte der baden-württembergische FDP-Chef die grün-schwarze Landesregierung. "2021 waren 20 Prozent der Stromerzeugung in Baden-Württemberg Kernenergie." Da wundere er sich, dass die grün geführte Landesregierung nicht selbst die Initiative ergreife, um das Kernkraftwerk länger laufen zu lassen, so Theurer. In Bayern sei dies geschehen.

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Die Liberalen verlangen laut Theurer vom zuständigen Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) einen "Stresstest, damit auf jeden Fall in der Dunkelflaute ein Blackout verhindert wird."

Unter Dunkelflaute versteht man eine Situation, in der schwacher oder gar kein Wind mit einer Phase jahreszeitlich oder wetterbedingter Dunkelheit zusammenfällt und somit das Angebot von Wind- und Solarenergie nur gering ausfällt oder zum Erliegen kommt.

Kritik auch gegen das geplante Heizungsverbot

Auch bei dem geplanten Verbot neuer Öl- und Gasheizungen ab 2024 verlangt Theurer Änderungen des Beschlusses der Bundesregierung, dem die FDP nur unter Vorbehalt mit einer Protokollerklärung zugestimmt hat. "Wir sind mit Grünen und SPD einig, dass die Heizungen eben auch dekarbonisiert werden müssen", so Theurer. "Wir sehen aber in der Umsetzung jetzt das Problem, dass es zu dirigistisch ist aus unserer Sicht und wollen deshalb im Gesetzgebungsverfahren noch Verbesserungen erreichen."

Zwar beteuerte Theurer, er wolle den Erfolg der Ampelkoalition, er kritisierte aber Habeck: "Wir haben den Eindruck, dass der Bundeswirtschaftsminister sich beispielsweise vielleicht nicht nur um Heizungen kümmern sollte, sondern eben auch um die Sorgen, etwa in der mittelständischen Wirtschaft", so Theurer.

Neuwahlen der Parteiführung auf dem Parteitag

Im Mittelpunkt des ersten Tages des Parteitages stehen personelle Weichenstellungen. Parteichef Christian Lindner wurde wieder gewählt. Auch die Mitglieder des Parteivorstands und des Präsidiums werden neu gewählt. Dabei stellt sich auch der baden-württembergische Landesvorsitzende Michael Theurer zur Wiederwahl.

Das gesamte Interview zum Nachschauen finden Sie hier:

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