Eine Katze mit rotem Fell sitzt in einer Wiese auf dem Rest eines verwitterten Baumstammes.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Soeren Stache)

Freilauf-Verbot für Stubentiger

Nach Hausarrest in Walldorf: Sind Hauskatzen wirklich so schlimme Vogel-Killer?

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Rotten Katzen wirklich Vögel aus? Diese Frage stellen sich Katzenhalterinnen und -halter nach dem Erlass eines Freigang-Verbots für Hauskatzen in Walldorf. Ein Faktencheck.

Nach dem Erlass des Freigang-Verbots für Katzen in Walldorf (Rhein-Neckar-Kreis) fragen sich nicht nur viele Katzenhalter und -halterinnen, wie gefährlich diese Haustiere wirklich für bedrohte Vogelarten sind. Die Antwort auf diese und weitere Fragen rund um das Thema hat die SWR-Umweltredaktion im Rahmen eines Faktenchecks zusammengetragen.

Hauskatzen sind ein Problem für den Vogelschutz 

In deutschen Haushalten leben 16,7 Millionen Katzen (Quelle: statista). Dazu kommen nach Schätzung des Deutschen Tierschutzbundes mehr als zwei Millionen verwilderte Tiere. Diese hohe Zahl fügt den Vogelbeständen regional empfindlichen Schaden zu. Denn Katzen sind nicht nur geschickte Beutegreifer, sondern durch ihre Übermacht auch eindeutig im Vorteil.  

Vögel sind in Siedlungsnähe besonders bedroht 

In den Randgebieten von Städten und Gemeinden mit einer besonders hohen Katzendichte sind Singvögel tatsächlich stark bedroht. Gefährdete Vogelarten wie die bodenbrütende Feldlerche können dort sogar ganz ausgelöscht werden. Diese Auswirkungen sind nach Beobachtungen des Naturschutzbunds (NABU) aber lokal stark begrenzt. Denn grundsätzlich erholen sich die Vogelbestände in den Siedlungsbereichen, wohingegen sie in der Agrarlandschaft und im Wald abnehmen.  

Millionen tote Vögel durch Katzen jedes Jahr in Deutschland  

Konkrete Zahlen gibt es keine. Aber der Vogelexperte des NABU, Lars Lachmann schätzt, dass Katzen in Deutschland jährlich zwischen 60 und 100 Millionen Vögel töten. Dabei geht er von einem Vogelbestand von 400 Millionen Exemplaren aus und berücksichtigt, dass Katzen fast ausschließlich im Siedlungsbereich jagen. Sein Fazit: in Deutschland wird keine Vogelart durch Katzen aussterben.   

Schwindende Lebensräume sind Hauptursache für das Vogelsterben 

Naturschutzorganisationen sind sich einig, dass die Verschlechterung der Lebensräume mit Abstand das größte Problem für die Vögel ist. Denn nur wo ausreichend Futter, Nist- und Versteckmöglichkeiten vorhanden sind, können sich die Vögel vermehren und auch Verluste durch Beutegreifer recht gut verkraften. Dass die Haubenlerche in Deutschland großflächig ausgestorben ist, liege nicht an der Hauskatze, sie sei nur ein zusätzlicher negativer Faktor, so der NABU. 

Glasscheiben und Verkehr töten Millionen Vögel 

Laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) verunglücken jedes Jahr über 18 Millionen Vögel an Fenstern und Glasfassaden, der NABU geht sogar von über 100 Millionen Tieren aus. 70 Millionen gehen offenbar auf das Konto unserer Verkehrsmittel. Und 2,8 Millionen Vögel fallen außerdem Stromleitungen zum Opfer.  

Streunende Katzen sind größeres Problem

Freigänger-Katzen jagen zum Zeitvertreib, also nur gelegentlich. Verwilderte Hauskatzen sind aber gezwungen, sich ihre Nahrung täglich zu jagen. Natur- und Tierschützer sind sich einig, dass ein konsequentes Sterilisieren von Streunern die Zahl getöteter Vögel auf ein erträgliches Maß verringern würde. Dazu gehört auch, dass Katzenbesitzer und -besitzerinnen dafür sorgen sollten, dass sich freigehende Stubentiger ebenfalls nicht vermehren können, um verwilderte Populationen einzudämmen. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gibt es deshalb schon etwa 40 Städte und Gemeinden mit einer sogenannten Kastrations- bzw. Kennzeichnungspflicht für Katzen.   

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SWR