Baden-Württemberg braucht dringend ausländische Fachkräfte, aber bürokratische Hürden erschweren die Zuwanderung. Eine zentrale Landesagentur sollte Abhilfe schaffen - doch ihr Start verzögerte sich. Jetzt hat das Justizministerium auf SWR-Anfrage bekannt gegeben: Die Behörde nimmt zum 1. April die Arbeit auf.
Verwunderung und Kritik über Verzögerung
Bereits im Januar hieß es, die Landesagentur für ausländische Fachkräfte nehme Gestalt an. Die ersten Mitarbeitenden seien schon eingestellt und Ende des Monats könne es losgehen. Ging es aber nicht. Die Wirtschaft im Land wurde ungeduldig, denn viele Stellen in den Unternehmen sind unbesetzt. Viele Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter forderten bereits im vergangenen Jahr, die geplante zentrale Ausländerbehörde müsse jetzt endlich ins Tun kommen.
Industrie und Wirtschaft sind unzufrieden Wirtschaft fordert Tempo bei BW-Landesagentur für Fachkräfte-Zuwanderung
Schon seit eineinhalb Jahren möchte die BW-Landesregierung die zentrale Landesagentur für Fachkräfte-Zuwanderung einrichten. Doch noch ist kein Start in Sicht.
Es war auch für den SWR nicht einfach Informationen zum Stand der zentralen Agentur für ausländische Fachkräfte vom zuständigen Justizministerium zu bekommen. Tagelang konnte das Ministerium keine Auskunft darüber geben, ob die Behörde denn schon arbeitet oder immer noch im Aufbau ist. Dass die Agentur jetzt erst im April starten soll, sorgte sogar für Verwunderung bei den Grünen im Landtag, die ja auch im Sozialministerium für die neue Landesagentur zuständig sind. Manche waren davon ausgegangen, die Behörde würde nach eineinhalb Jahren Vorlauf bereits arbeiten. Justizministerin Marion Gentges (CDU) hatte im Sommer 2023 erstmals die Pläne für die Landesagentur vorgestellt.
Kritik am verzögerten Start der zentralen Agentur für ausländische Fachkräfte kommt von der Opposition im Landtag. Der SPD-Abgeordnete Sascha Binder nannte es im SWR-Interview eine Zumutung für die Wirtschaft und die Fachkräfte, wenn das Land nicht umgehend seine Verfahren für ausländische Fachkräfte deutlich beschleunige.
16.000 Stellen allein im baden-württembergischen Handwerk unbesetzt
Allein im baden-württembergischen Handwerk gibt es laut der Dachorganisation Handwerk BW aktuell 13.000 offene Stellen und 3.000 unbesetzte Lehrstellen. Zumindest einen Teil könnten Fachkräfte aus dem Ausland abdecken. Doch die zuständigen Ausländerbehörden in den Kommunen sind überfordert und können nicht ausreichend unterstützen. Vor allem die Stuttgarter Ausländerbehörde stand immer wieder in der Kritik. Wochenlang mussten hier ausländische Fachkräfte auf ihre Arbeitspapiere warten, teilweise campierten Menschen vor der Behörde für einen Termin.
Stuttgart sei aber kein Einzelfall, heißt es von Peter Haas, dem Hauptgeschäftsführer bei Handwerk BW. Im SWR Interview sagte er, sein Eindruck ist, dass die Stuttgarter Ausländerbehörde nur ein Beispiel von vielen sei. Haas betont aber auch, dass die komplizierten rechtlichen Bedingungen für die Behörden ein Problem seien. Hier müssten auch neue Gesetze für ausländische Fachkräfte her. Diese bürokratischen Hürden könnten auch für die zentrale Landesagentur zum Problem werden. So wichtig es auch sei, dass diese jetzt endlich ihre Arbeit aufnehme, müsse sie sich auch an geltendes Recht halten, so der Hauptgeschäftsführer von Handwerk BW. Dass mit ihr auf einen Schlag dann alles besser werde, glaubt Haas nicht.
Betriebe erhoffen sich Verbesserungen durch zentrale Fachkräfteagentur
Die Industrie- und Handelskammer der Region Stuttgart erhofft sich von der Landesagentur zumindest für die Einreiseverfahren bei ausländischen Fachkräfte eine Verbesserung. In einer Stellungnahme hieß es, die IHK würden immer wieder Beschwerden von Betrieben über die Ausländerbehörden und die Auslandsvertretungen erreichen. Die Unternehmen würden daher darauf warten, dass die Agentur ihre Arbeit aufnehme, damit Fachkräfteverfahren vereinfacht und beschleunigt würden, so Claus Paal - Chef der IHK Region Stuttgart.
Viel Hoffnung steckt also von den Unternehmen in Baden-Württemberg in der neuen Landesagentur für ausländische Fachkräfte. Aber warum hat es so lange gedauert bis diese an den Start geht? Ein Aspekt könnte der digitale Aufbau sein. Die Agentur will nämlich ausschließlich online über eine Homepage Unternehmen bei der Fachkräftezuwanderung unterstützen. Ein weiterer Aspekt: 55 Stellen sollen in der zentralen Landesagentur besetzt werden. Bis jetzt ist laut Ministerium erst die Hälfte besetzt. Es sollen aber weitere Mitarbeitende eingestellt werden. Zu den unbesetzten Stellen sagt Peter Haas vom Handwerk BW: Auch eine solche Landesagentur brauche Fachkräfte. Und siehe da, im öffentlichen Bereich gebe es wohl auch einen Fachkräftemangel.