Triathlet Jonas Deichmann wird in Mexiko begeistert von Zuschauern empfangen. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/Jonas Deichmann | Markus Weinberg - Montage: SWR)

"Deutscher Forrest Gump" im Interview

Triathlet Jonas Deichmann: "Teilweise sind mir täglich hunderte Menschen nachgerannt"

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Vanja Weingart

Der gebürtige Stuttgarter Jonas Deichmann ist dabei, im Triathlon die Welt zu umrunden. Im Interview berichtet er aus Mexiko von seinen bisher besten Erlebnissen.

Herr Deichmann, wenn man auf die Fotos schaut, dann sieht man auf jeden Fall: Der Bart ist in den letzten Monaten länger geworden. Wie geht es Ihnen nach den ganzen Strapazen?

Triathlet Jonas Deichmann auf dem Rad (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/Jonas Deichmann | Privat)
Triathlet Jonas Deichmann unterwegs

Jonas Deichmann: Ich bin natürlich etwas müde nach 116 Lauftagen am Stück, aber vor allen Dingen super glücklich. Mexiko war ein unvergessliches Abenteuer. Hier ist so viel passiert, jeden Tag, das hätte ich niemals so erwartet. Deshalb bin ich glücklich, ich hab`s geschafft und genieße jetzt hier erst einmal ein bisschen den Strand. Dann gehts noch auf die Schlussetappe, "ausrollen" von Portugal nach München mit dem Fahrrad.

Sie haben es schon angesprochen, Mexiko war besonders. Vielleicht auch, weil sie vorher viel alleine unterwegs waren und sich Ihnen in Mexiko viele Menschen angeschlossen haben?

Der Kontrast könnte nicht extremer sein. Ich bin zuvor, im Winter, durch Russland und Sibirien geradelt, da bin ich in der Wildnis praktisch niemandem begegnet. In Mexiko bin ich noch alleine gestartet, aber dann wurde es zu einer nationalen News-Story, nach dem Motto "Der deutsche Forrest Gump". Teilweise sind mir täglich fast hunderte Menschen nachgerannt.

Triathlet Jonas Deichmann läuft mit einer Menschengruppe in Mexiko. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/Ravir Film | ---)
Triathlet Jonas Deichmann in Mexiko

In jeder kleinen Ortschaft wurde mir ein Empfang bereitet. Das war mehr Trubel, als ich vorher jemals in meinem Leben hatte.

Wie kann man sich das vorstellen: Entstehen da auch kleine Gespräche oder sind Sie da so auf Ihre sportliche Leistung konzentriert?

Beim Laufen habe ich ja deutlich mehr Zeit als beim Fahrradfahren, wo ich für die anderen einfach zu schnell bin. Ich laufe einen Marathon ja so etwa in fünf Stunden. Die meisten Läufer kommen da so etwa zehn bis 20 Kilometer mit - da kann man sich unterhalten, ich kann ja spanisch. Es sind natürlich oft auch dieselben Gespräche. Aber es gibt auch mal Ultra-Läufer, die mitlaufen oder es gibt Menschen mit extrem interessanten Geschichten. Da kann man dann auch tiefergehende, extrem interessante und unterschiedliche Gespräche führen - und das motiviert natürlich beim Laufen.

Wie ist das für Sie, nun keine Tagesetappe mehr vor sich zu haben?

Das ist ein ganz schönes Gefühl, wenn man morgens im Bett aufwacht. Ich bin ja auch die letzten drei Wochen auf der Yucatán-Halbinsel gewesen, bei 40 Grad und extremer Luftfeuchtigkeit. Ich bin also jeden morgen um sechs Uhr gestartet. Und (das ist) der erste Tag, wo dann mal nicht der Wecker um halb sechs Uhr morgens klingelt. Und man wacht auf, liegt im Bett und weiß "Oh, heute kann ich ausschlafen, heute muss ich nicht laufen" - das ist schön.

Ende Januar hat Deichmann bereits dem SWR-Fernsehen ein Interview gegeben:

Bleiben Sie trotzdem irgendwie im Training beziehungsweise in Bewegung nach so langer Zeit, in der ja jeden Tag etwas los war?

Auf jeden Fall. Ich gönne mir jetzt etwa fünf Tage, in denen ich gar nichts mache. Ich weiß noch nicht wann, aber ich mache noch eine Überfahrt nach Portugal, aber bis ich dann die Radstrecke wechsele, werde ich mich auf jeden Fall mit kleinen Läufen ein wenig fit halten - aber die sind dann eben über fünf Kilometer anstatt über 46.

Schauen wir mal zurück auf die langen Monate: Was sind denn ein, zwei Bilder oder Eindrücke, die Sie jetzt noch im Kopf haben, weil sie Sie so stark beeindruckt haben?

Ein Highlight für mich war der Baikalsee, einer der größten Seen der Welt. Ich bin dort, in Nord-Sibirien, noch im Winter angekommen. Ich habe mir ein Lagerfeuer am See und mit Steinen ein Loch ins Eis gemacht und bin baden gegangen. Dann habe ich auf dem See gezeltet. Das ist ein unvergessliches Erlebnis.

Sie kommen ja aus dem Südwesten, sind in Stuttgart geboren und im Nordschwarzwald aufgewachsen. Wann kommen Sie denn zurück nach Deutschland?

Die Ankunft ist für die zweite Novemberhälfte geplant. Ich muss jetzt noch nach Portugal kommen und von dort habe ich noch 4.000 Rad-Kilometer vor mir. Dabei fahre ich auch über die Schweiz durch Süddeutschland. Ich bin dann in der zweiten Novemberhälfte in München und im Anschluss daran ein paar Tage in Stuttgart und Baden-Württemberg.

Wenn Sie dann in München sind, ist sozusagen die Runde komplett. Gibt es denn schon das nächste Projekt?

Klar gibt es das nächste Projekt. Manchmal laufe ich alleine und wenn man das sechs, sieben Stunden macht, hat man viel Zeit zum Nachdenken, wo einem dann viele neue, dumme Ideen kommen. Mein nächstes Projekt habe ich bereits im Kopf. Es wird sicherlich genauso interessant und keinesfalls leichter als mein aktuelles. Es geht dann 2023 los, aber ist natürlich streng geheim.

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