Formular zum Kirchenaustritt (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Gesellschaftliche Situation verändert sich

Lieber konkrete Krisen-Hilfe: Evangelische Landeskirche verzichtet auf Teil der Kirchensteuer

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Die Kirchensteuer: Immer wieder wurde zuletzt über ihre Grundlagen diskutiert. Jetzt entfacht die Evangelische Landeskirche Württemberg die Debatte neu. Sie möchte das Geld gerne anders verteilen.

Die Evangelische Landeskirche Württemberg will etwas gegen die Not in Zeiten von Inflation und Energiekrise tun und verzichtet auf einen Teil der Kirchensteuer. "Von dem Geld, das der Staat gerade an Hilfen ausschüttet, wollen wir nichts", sagte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" (Mittwoch).

Anteil der Kirchensteuer wandert in Energiefonds

Der Anteil an Kirchensteuer, der auf die Energiepreispauschale fällig werde, komme in einen Energiefonds, so Gohl. Es handele sich um etwa fünf Millionen Euro. Damit könne ganz konkret und vor Ort Not gelindert werden.

So profitieren die Kirchen von der erhobenen Steuer (10.10.2022):

Generell findet Gohl, dass besser erklärt werden müsse, was mit der Kirchensteuer geschehe. "Nichts ist mehr selbstverständlich", sagte er angesichts des Mitgliederschwunds der großen Kirchen. Veränderungsprozesse in der Gesellschaft müssten in der Kirche zu einer Änderung der Haltung führen. Man dürfe die Vergangenheit nicht verklären.

SWR-Befragung zu Kirchenaustritten Das bewegt Menschen im Südwesten dazu, die Kirche zu verlassen

Kirchenaustritte haben in den vergangenen Jahren drastisch zugenommen. 2021 verließen laut statistischem Bundesamt 360.000 Menschen die Katholische Kirche - ein neuer Rekordwert. Die Evangelische Kirche verzeichnete 280.000 Austritte.

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Landesbischof will veränderte Gesellschaft berücksichtigen

Gohl verdeutlichte auch, dass die veränderte gesellschaftliche Situation zum Nachdenken zwinge. "Wenn wir zum Beispiel interkulturelle Pflege fördern wollen, dann müssen auch Menschen anderer Kulturen und Religionen bei uns arbeiten dürfen", so der Landesbischof. Wenn sich Menschen taufen lassen müssten, nur um bei uns arbeiten zu können, wäre das absurd.

Eine Umfrage von "Report Mainz" vom 26.9.2022 spiegelt die Unzufriedenheit der Menschen mit der katholischen Kirche wieder:

Immer wieder Diskussionen um die Kirchensteuer

Generell gab es zuletzt immer wieder Diskussionen um die Kirchensteuer und ihre Verwendung. Erst jüngst sagte der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), aufgrund des sinkenden Anteils der christlichen Bevölkerung gebe es Änderungsbedarf bei der Praxis der Kichensteuer. Wenn der Staat als bezahlte Dienstleistung Kirchensteuern eintreibe, mache es einen "Unterschied, ob die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger diesen Kirchen angehört oder nicht", so Lammert, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, gegenüber dem Schweizer Portal "kath.ch."

SWR-Umfrage: Steuer auch Grund für Kichenaustritte

Zuletzt verdeutlichte auch eine große Umfrage des SWR, wie groß die Unzufriedenheit der Menschen mit der Kirche ist. Auch hier spielte in puncto Kirchenaustritte die Erhebung der Kirchensteuer und damit das Geld eine wichtige Rolle.

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