Die Behörden in Baden-Württemberg nehmen die Bedrohung durch Cyberangriffe sehr ernst. Der baden-württembergische Verfassungsschutz spricht dabei von einer erhöhten Gefährdungslage und hat deshalb proaktiv Kontakt zu wichtigen Unternehmen im Land aufgenommen. Der Verfassungsschutz unterstütze diese mit sicherheitsrelevanten Informationen, um Hackerangriffe und Cybersabotage zu verhindern, teilte das Innenministerium auf SWR-Anfrage mit. Neben großen Unternehmen wird auch die kritische Infrastruktur in den Blick genommen, um IT-Angriffe auf das Stromnetz oder das Gesundheitswesen frühzeitig zu erkennen.
Sicherheitsmaßnahmen in Landesverwaltung ergriffen
In der Landesverwaltung wurden bereits erhöhte Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt. E-Mails werden beispielsweise nur noch als Texte dargestellt, damit die Nutzerinnen und Nutzer Spam-Mails schneller erkennen können. Konkrete Angriffe russischer Hacker hat es laut Innenministerium in Baden-Württemberg bisher nicht gegeben. Allerdings nehme das Eskalationspotenzial im Netz zu, heißt es auf Nachfrage.
Verschiedene Cybergruppierungen, sowohl aus dem Hacker-Milieu als auch aus dem kriminellen Bereich, würden für die eine oder andere Seite Position zum Krieg in der Ukraine beziehen. So soll es laut Medienberichten bereits vor den bewaffneten Auseinandersetzungen zu einigen Cyberattacken gegen öffentliche Einrichtungen der Ukraine gekommen sein.
Informationstechnik Welche Rolle spielen Cyberangriffe im Ukraine-Krieg?
In der Ukraine herrscht derzeit Krieg. Vermehrt gibt es auch Meldungen von wechselseitigen Hacker-Angriffen. Über das genaue Ausmaß der Angriffe ist bislang allerdings nur wenig bekannt.
Agentur für Cybersicherheit in Baden-Württemberg
Erst vor ein paar Monaten hat die Landesregierung eine Cybersicherheitsstrategie beschlossen. Deren wesentlicher Bestandteil ist die Cybersicherheitsagentur, eine eigens geschaffene Behörde, um die Informationstechnik des Landes zu schützen. Dabei unterstützt die Agentur öffentliche Stellen, aber auch Unternehmen und die kritische Infrastruktur. Beispielsweise mit Notfallvorsorgekonzepten und Notfallplänen.
Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz sagte dem SWR am Freitag, dass man zu gegebener Zeit mit dem Koalitionspartner über mögliche Nachbesserungen sprechen werde, um die Agentur noch effizienter aufzustellen.
Private Dienstleister sollen Behörden unterstützen
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Manuel Hagel will angesichts der aktuellen Bedrohung durch russische Cyberangriffe noch engagierter vorgehen als bisher. Beispielsweise, indem private Dienstleister Polizei und Justiz bei der Auswertung von Cybercrime-Delikten unterstützen. So könne man es schaffen, große Datenmengen sehr schnell auszuwerten, ohne bei den Sicherheitsbehörden zu viel Personal zu binden, so Hagel gegenüber dem SWR.
Außerdem gibt es beim Landeskriminalamt die Zentrale Ansprechstelle "Cybercrime". Sie gibt regelmäßig Warnmeldungen heraus und kann laut Innenministerium bei einem Angriff schnell eine Task Force einrichten mit Experten aus den Bereichen Cybercrime und Digitale Spuren.
Cyberangriffe sollen Schad- und Spionagesoftware einschleusen
Cyberexperte Matthias Schulze von der Stiftung Wissenschaft und Politik sagt, es gebe unter anderem Hinweise auf eine Schadsoftware, die bereits im letzten Jahr entwickelt wurde und in ukrainische, lettische und litauische Systeme eingebracht wurde. Zusätzlich wurde laut Meldungen von Microsoft eine weitere Schadsoftware gefunden. Sie trägt den Namen Fox Plate und sollte dazu dienen, Zielsysteme zu löschen.
Bei den Cyberattacken handelt es sich nach Einschätzung von Schulze bisher nicht um Attacken, die dem taktischen Gefecht dienen, um die Truppen zu unterstützen, sondern um solche mit psychologischen Folgen oder Attacken, die zur Spionage dienen.