Pressekonferenz Polizei Heilbronn (Foto: SWR, Simon Bendel)

Rund 200 Erlaubnisse zurückgenommen

Behörden in Baden-Württemberg arbeiten an "Entwaffnung" der sogenannten Reichsbürger

Stand

Der Landesverfassungsschutz sieht bei den "Reichsbürgern" in BW eine hohe Gewaltbereitschaft. Daher sollen sie "entwaffnet" werden. Doch nicht alle geben die Waffen freiwillig ab.

In Baden-Württemberg laufen aktuell zahlreiche Verfahren gegen Personen, die der Reichsbürger-Szene angehören. Sie sollen entwaffnet werden. Möglich macht das ein Erlass aus dem Jahr 2017. Doch nicht alle sogenannten Reichsbürgerinnen und Reichsbürger wollen ihre Waffen abgeben.

Insgesamt haben die Landesbehörden seit dem Erlass 148 "Reichsbürgerinnen und Reichsbürger" wie auch Extremistinnen und Extremisten 211 waffenrechtliche Erlaubnisse zurückgenommen. Damit einher ging die Abnahme von 444 erlaubnispflichtigen Waffen. Außerdem laufen derzeit Verfahren gegen 14 Personen aus der Reichsbürger-Szene, die ihre registrierten Waffen nicht abgeben wollen.

"Bei der Entwaffnung von Reichsbürgern und Extremisten handelt es sich um eine Daueraufgabe, da der Verfassungsschutz die Szene ständig weiter aufhellt und für das vergangene Jahr einen deutlichen Zulauf zur Szene festgestellt hat."

Dass die Reichsbürger-Szene in manchen Orten in Baden-Württemberg fest verankert ist, zeigt das jüngste Beispiel in Boxberg (Main-Tauber-Kreis). Hier fanden in der Vergangenheit immer wieder Rechtsrock-Konzerte statt.

Zahl der Reichsbürger nimmt während der Pandemie zu

In Baden-Württemberg gehören laut Innenministerium etwa 3.300 Personen der Reichsbürgerszene an - Tendenz steigend. "Grund dafür dürften nach Einschätzung des Verfassungsschutzes die Proteste gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sowie die in diesem Zusammenhang verbreiteten Verschwörungstheorien sein", teilt ein Sprecher des Innenministeriums auf SWR-Anfrage mit.

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Zehn Prozent von den 3.300 sogenannten Reichsbürgerinnen und Reichsbürgern im Land gelten als gewaltbereit. Die Dunkelziffer, also die Zahl der nicht identifizierten Reichsbürger und damit auch nicht registrierten Waffen, dürfte aber höher liegen.

Verfassungsschutz sieht eine hohe Bedrohungslage

Das Landesamt für Verfassungsschutz schätzt die Bedrohungslage durch "Reichsbürgerinnen und Reichbürger" sowie Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter als hoch ein. Insbesondere wegen ihrer Affinität zu Waffen und ihrer Gewaltbereitschaft. Sie zeigten sich unbeeindruckt von staatlichen Maßnahmen, da sie die Legitimation des Staates nicht anerkennen, so das Innenministerium.

Das zeigte sich jüngst auch in Efringen-Kirchen (Landkreis Lörrach). Dort überfuhr ein Mann einen Polizisten und verletzte ihn dabei schwer. Wie sich in der Folge herausstellte, gehört er der Reichsbürger-Szene an.

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SWR