Seit der Corona-Pandemie leiden in Deutschland viele Menschen unter chronischer Einsamkeit. Gründe dafür gibt es laut Expertinnen und Experten viele: anonyme Städte, viel Zeit im Homeoffice oder der Umzug in eine neue Stadt. Vor allem ältere Menschen fühlen sich oft einsam - viele haben keine Angehörigen mehr oder bekommen immer seltener Besuch, wie Anja Seemann, Leiterin der Tagespflege Prevorster Straße des Wohlfahrtswerks in Stuttgart, sagt: Im Vergleich zu früher sei die Gesellschaft schnelllebiger geworden. "Angehörige haben meist keine Zeit mehr, sich zu Oma oder Opa zu setzen und Gesellschaft zu leisten. Somit ist die Vereinsamung grade bei den älteren Menschen deutlich vorangeschritten", so Seemann.
So fühlt sich beispielsweise die 83-jährige Theresia Imhof nach dem Tod ihres Mannes oft einsam. Sie ist in Ungarn geboren, wo noch zwei ihrer Cousins leben - ihr einzig verbliebenen Verwandten. Von Montag bis Freitag kommt die 83-Jährige in die Stuttgarter Tagespflege: "Da bin ich froh, dass ich bei den anderen bin. Dass ich nicht so allein zu Hause sitze. Das ist nicht schön." An den Wochenenden hingegen muss sie sich allein beschäftigen - dann hat die Tagespflege geschlossen.
So hat "Zur Sache Baden-Württemberg!" im September 2022 über das Thema Einsamkeit berichtet:
Aber auch jüngere Menschen können einsam sein. Die Corona-Pandemie habe das Problem noch verschärft, sagen Expertinnen und Experten. Für die Stiftung Patientenschutz ist Einsamkeit momentan die größte Volkskrankheit. Sie kann auch zu Herzerkrankungen, Schlaganfällen oder Diabetes führen.
Einsamkeit: Lucha hält wenig von "Einsamkeitsbeauftragten"
Klaus Käpplinger, Vorstand der Liga der Wohlfahrtspflege Stuttgart, sieht beim Thema Einsamkeit auch die Politik gefordert. "So wie wir für andere Themen Beauftragte haben, sollte es auch für das Thema Einsamkeit Beauftragte geben, die das lebendig halten als ein gesamt-gesellschaftliches Thema, das wir nicht aus dem Blick verlieren dürfen."
Baden-Württembergs Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) hält von diesem Vorschlag nicht viel: "Wir haben schon zigtausende Einsamkeitsbeauftragte, nämlich wir alle selbst." Gleichzeitig gebe es viele Institutionen und Einrichtungen, die auch auf die Menschen aufmerksam werden können, so Lucha. "Allen voran in unseren Projekten um die Quartiere." Durch diese entstünden Orte mit Nachbarschaftshilfen, Senioren-Cafés oder auch Dorftreffs.