Fakencheck ein Jahr Grün-Schwarz (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance: Montage SWR)

Kritik von Opposition und Verbänden

Corona, Klima, Mobilität: Ein Jahr grün-schwarze BW-Landesregierung im Faktencheck

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Marc-Julien Heinsch
SWR-Redakteur Marc-Julien Heinsch Autor Bild (Foto: David-Pierce Brill)

"Jetzt für Morgen" - die dritte Regierung Kretschmann trat 2021 mit einem Koalitionsvertrag an, der Baden-Württemberg einiges versprach. Was umgesetzt wurde - und wo es Probleme gibt.

162 Seiten hat der Koalitionsvertrag: "Jetzt für Morgen. Der Erneuerungsvertrag für Baden-Württemberg". Am Donnerstag (12.5.) wird dieses Versprechen ein Jahr alt. Dann ist Grün-Schwarz seit 365 Tagen an der Regierung. Unter anderem den Klimawandel wollte die Landesregierung laut Koalitionsvertrag stoppen - beispielgebend für die ganze Welt. Doch trotz aller Euphorie stand jedes Vorhaben von Grünen und CDU, dem dritten Regierungsbündnis von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), unter strengem Finanzierungsvorbehalt. Schließlich hatte die Corona-Pandemie tiefe Löcher in den Haushalt gerissen.

Trotz Corona und Krieg: Was hat Grün-Schwarz umgesetzt?

Und heute? Baden-Württemberg kämpft immer noch mit den Folgen der Corona-Pandemie, nun kommen die Folgen des Kriegs in der Ukraine noch oben drauf. Steigende Energie- und Verbraucherpreise belasten die Bevölkerung, mehr als 84.000 Geflüchtete aus der Ukraine wollen aufgenommen, zahlreiche Kinder in Kitas und Schulen integriert werden.

Hat der Koalitionsvertrag angesichts dieser Weltlage gehalten, was er versprach?

Wo steht Grün-Schwarz bei der Klimapolitik?

Zwei Monate nach ihrem Start legte die grün-schwarze Koalition ein neues Gesetz in Sachen Klimapolitik vor - das erste große Projekt der Regierung in der neuen Wahlperiode. Wer ein neues Haus in Baden-Württemberg bauen will, muss seit Anfang Mai eine Solaranlage auf seinem Dach installieren lassen. Dem Gesetz zufolge soll das Land bis 2040 klimaneutral werden - bisher waren 90 Prozent bis 2050 das Ziel. Zudem müssen Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer ab 2023 bei einer grundlegenden Dachsanierung ebenfalls eine Photovoltaikanlage einbauen lassen.

Wo es hakt Ein Jahr Grün-Schwarz: Ist Baden-Württemberg schon Klimamusterland?

Ein Jahr nach dem Neustart der grün-schwarzen Landesregierung mit der Ankündigung einer "Klimaoffensive" zeigt sich, dass manche Vorhaben schwerer umzusetzen sind als erwartet. 

Wo es bei der BW-Klimapolitik nicht recht vorangeht, ist beim Ausbau der Windkraft. Um die hoch gesteckten Klimaziele zu erreichen, warb Grün-Schwarz immer wieder mit dem Bau von bis zu 1.000 neuen Windkraftanlagen. Dafür sollten Flächen ausgewiesen und Vergabeverfahren beschleunigt werden. Am Dienstag (4.5.) räumte Kretschmann ein, dass das ein illusorisches Ziel sei - sieht die Schuldigen aber vor allem in Berlin.

Nur noch 100 Windräder pro Jahr hält Kretschmann für realistisch. Aber selbst dieses Ziel scheint zu hoch gesteckt: Lediglich drei Windkraftanlagen sind im ersten Quartal 2022 laut Umweltministerium in Betrieb genommen worden. Bundesweit bildet Baden-Württemberg bei der für Windkraftanlagen ausgewiesenen Fläche das Schlusslicht. Sieben Jahre dauert es von der Planung bis zum Bau eines Windparks. Kretschmann wollte diese Zeit ursprünglich halbieren, jetzt will er sie sogar auf zwei Jahre verkürzen. Und CDU-Fraktionschef Manuel Hagel gab im Januar nur ein Jahr als Limit vor. Anfang April brachte Grün-Schwarz Anfang einen Gesetzentwurf in den Landtag ein, um das Recht auf Widerspruch bei der Genehmigung von Windrädern größtenteils abzuschaffen.

Was steckt hinter der Wahlrechtsreform?

Künftig darf der Landtag in Baden-Württemberg bereits ab einem Alter von 16 Jahren gewählt werden. Nach jahrelangem Ringen beschloss das Parlament im April mit Zweidrittelmehrheit eine Reform des Wahlrechts. Damit hat Grün-Schwarz ein wichtiges Vorhaben bereits umgesetzt.

So wurde nicht nur das Mindestalter für das aktive Wahlrecht für Landtagswahlen, Volksabstimmungen, Volksanträgen und Volksbegehren um zwei Jahre gesenkt, sondern auch ein Zwei-Stimmen-Wahlrecht eingeführt. Wie bei der Bundestagswahl können künftig also mit der Erststimme Direktkandidatinnen und -kandidaten und mit der Zweitstimme die Parteien gewählt werden. Grün-Schwarz will mit der Reform mehr Frauen ins Parlament bringen. In der vorangegangenen Legislatur hatte sich die CDU noch gegen die Reform gesperrt, nun gingen die Konservativen mit.

Wo bleibt die "Mobilitätsgarantie" im Nahverkehr?

Die "Mobilitätsgarantie" im Nahverkehr ist das Mammutprojekt in der Verkehrspolitik von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Bis 2030 sollen nach den Plänen des Ministers alle Orte von fünf Uhr früh bis Mitternacht mit Bus und Bahn erreichbar sein - auf dem Land eine große Herausforderung. Grün-Schwarz hatte extra darauf verzichtet, die Garantie gesetzlich zu verankern, um am Ende nicht selbst zahlen zu müssen. Sie steht deshalb nur als Leitbild im Koalitionsvertrag.

Bisher sieht man von der "Mobilitätsgarantie" nur ein Pilotprojekt: 15 Regionen haben sich als Modellkommunen beworben, um mithilfe einer Nahverkehrsabgabe den Takt von Bussen und Bahnen massiv auszuweiten. Gleichzeitig steigt die Zahl der Neuzulassungen für Autos in Baden-Württemberg drastisch an, was Hermann öffentlich kritisiert hat. Gleichzeitig kommt der Minister, der seit 2011 für diese Themen zuständig ist, mit seiner Verkehrspolitik hin zu mehr Fahrradfreundlichkeit nicht recht in die Gänge.

Interessenverbände kritisieren grün-schwarze Verkehrspolitik

Beim Interessenverband Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Baden-Württemberg (ADFC) begrüßt man, dass grundsätzlich der Bau von Radwegen gefördert werde. Dem Land gelinge es jedoch nicht, neue und umgebaute Straßen und Kreuzungen sicher für den Radverkehr zu machen.

"Viel zu oft werden mutlose Lösungen realisiert, die sich an Mindeststandards - oder nicht einmal das - orientieren."

Den im Koalitionsvertrag versprochene Verkehrssicherheitspakt müsse das Land "endlich liefern" und etwa niedrigere Geschwindigkeiten für den motorisierten Verkehr auf Straßen durchsetzen, wo auch Fahrräder unterwegs sind.

Bernd Lieb ist Vorsitzender des Verkehrsclub Deutschland in Baden-Württemberg und Mitglied des Fahrgastbeirats im Land. In beiden Funktionen setzt er sich für ein gleichberechtigtes Miteinander verschiedener Verehrsteilnehmerinnen und - teilnehmer ein. Für Lieb fehlen bei der bisherigen grün-schwarzen Verkehrspolitik die "greifbaren Ergebnisse". Von der landesweiten Mobilitätsgarantie sei "noch nichts zu sehen" und auch beim Ausbau der Radschnellwege im Land gehe es "nur langsam voran".

BW-Sozialverbände: BW-Regierung behandelt Geflüchtete ungleich

Mehrere Verbände haben die grün-schwarze Landesregierung für ihre Migrationspolitik scharf kritisiert. Nicht aus der Ukraine kommende Flüchtlinge würden in Baden-Württemberg benachteiligt, sagte Feray Sahin, Leiterin des Sozialverbands Der PARITÄTische Baden-Württemberg.

"Wenn die Ungleichbehandlung der Flüchtlinge weiter andauert in unserem Land, droht der soziale Frieden zu brechen. Und das muss unbedingt verhindert werden."

Die Verbände seien enttäuscht von der Landesregierung, die seit einem Jahr im Amt ist. Dabei sei man vom Koalitionsvertrag positiv überrascht gewesen, sagte Seán McGinley vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg. "Ein Jahr später müssen wir feststellen, dass bei wesentlichen Punkten ein 'Weiter so' herrscht." Das Land trete beispielsweise beim Thema Bleiberecht auf der Stelle. Es wirke so, als würden die Behörden alle gesetzlichen Spielräume konsequent nutzen, um Abschiebungen zu ermöglichen.

Ulrich Bamann von der Seebrücke Baden-Württemberg forderte von der Landesregierung, ein Landesaufnahmeprogramm für Geflüchtete an den europäischen Außengrenzen umzusetzen. Dass weitaus mehr Tempo, unbürokratische Hilfe sowie Aufnahme- und Bleibeperspektiven möglich seien, hätten die vergangenen Wochen - also der Umgang mit Geflüchteten aus Ukraine - gezeigt.

Helene Khuen-Belasi vom Landesverband der Kommunalen Migrantenvertretungen pochte auf ein Sondervermögen für die Bildungspolitik, weil mehr als ein Drittel aller Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg einen Migrationshintergrund hätten. Die Sprachförderung müsse verbessert werden. Außerdem sollten die Herkunftssprachen als reguläres Fach mit versetzungsrelevanten Noten und Abschlussprüfungen eingeführt werden, um diesen Schülerinnen und Schülern bessere Bildungsabschlüsse zu ermöglichen, so Khuen Belasi.

BW-Migrationsministerium wehrt sich gegen Kritik

Das baden-württembergische Migrationsministerium wehrte sich am Donnerstag (5.5.) gegen die Kritik:

"Unabhängig von den Zugängen aus der Ukraine verzeichnen wir täglich hohe Zugänge aus Drittländern. Auch um diese Menschen wollen und müssen wir uns kümmern."

Man habe sich im Koalitionsvertrag dazu bekannt, Menschen in Baden-Württemberg mit einer bezahlten Arbeit eine Bleibeperspektive zu bieten, teilte ein Sprecher des Migrationsministeriums zudem mit. Im vergangenen Jahr habe das Ministerium mehr als 10.000 Menschen mit einer Beschäftigungserlaubnis angeschrieben und über bestehende Bleibemöglichkeiten informiert. "Damit wollen wir auch dem Interesse unserer Wirtschaft Rechnung tragen, die auf verlässliche Bleiberechte ihrer bislang geduldeten Mitarbeiter setzt."

Kritik erntete die Landesregierung auch beim Thema Gesundheitsversorgung. Die müsse für alle Menschen in Baden-Württemberg unabhängig vom Aufenthaltsstatus gewährleistet sein, sagte Feray Sahin vom Sozialverband der PARITÄTische. Der Koalitionsvertrag sehe vor, Menschen ohne Krankenversicherung unbürokratisch und schnellstmöglich zu versorgen. "Passiert ist in dieser Hinsicht bisher nichts." Auch ein Antidiskriminierungsgesetz für Baden-Württemberg ist im Koalitionsvertrag angekündigt. Sahin kritisiert: "Bis zum heutigen Zeitpunkt liegt kein Entwurf des Gesetzes vor und der Öffentlichkeit sind auch keine Maßnahmen zur Umsetzung bekannt." Solch ein Gesetz sei umso wichtiger, weil die Flüchtlinge nach Ansicht Sahins aktuell ungleich behandelt werden.

BW-Wirtschaftsvertreter: Weniger reden, mehr machen

Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold sieht bei der grün-schwarzen Landesregierung "zumal mit mehr Personal denn je" fehlenden Nachdruck bei der Umsetzung zahlreicher Themen aus dem Koalitionsvertrag. Der Vorsitzende des baden-württembergischen Handwerkstags, in dem die verschiedenen Handwerkskammern des Landes sich zusammengeschlossen haben, weist zudem darauf hin, dass die Landesregierung etwa bei der Umsetzung der Photovoltaik-Pflicht "Stellungnahmen aus dem Handwerk weitgehend ignoriert" habe. Man habe nicht den Eindruck, dass Rat und Expertise aus der Praxis "immer gewünscht ist und gehört wird", so Reichhold.

Gerade beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Beschleunigung von Plan- und Genehmigungsverfahren dürfe es nicht bei plakativen Ankündigungen bleiben, teilte der Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages, Wolfgang Grenke, mit.

"Wir brauchen dringend mehr Tempo und Ergebnisse bei der realen Umsetzung."

Eine größere Mahnung als den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine könne es nicht geben, um bei der Diversifizierung und Unabhängigkeit von Energie den Turbo einzulegen. Auch Kai Burmeister, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes Baden-Württemberg, sagt, für eine erfolgreiche Energiewende brauche es schnell mehr Flächen für Windräder und Solaranlagen.

Der Dachverband Unternehmer Baden-Württemberg sieht die Koalition laut einer Mitteilung bei Digitalisierung und dem Ausstieg aus fossiler Energie sowie bei der Demografie vor "gewaltigen Herausforderungen". Planungs- und Genehmigungsverfahren müssten deutlich beschleunigt werden, wie auch die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Zudem müsse der zunehmende Fachkräftemangel im Land beherzter angegangen werden.

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BW-Umweltverbände: Ambitionierte Ziele aber schleppende Umsetzung

Die grün-schwarze Landesregierung will Baden-Württemberg bis spätestens 2040 klimaneutral machen. Die Umweltverbände Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Naturschutzbund (NABU) Baden-Württemberg stellen die Frage, ob die Regierungskoalition wirklich einen Plan habe, wie das gelingen kann.

"Sowohl die Verschärfung ihrer Klimaschutzziele als auch die konkreten Regelungen zum Ausbau der Photovoltaik hat die Koalition schnell umgesetzt. Es fehlt allerdings weiterhin ein übergeordnetes Konzept"

Die Landesregierung sei zwar mit ambitionierten klima- und umweltpolitischen Zielen gestartet, bei der Umsetzung müsse sie aber "schleunigst wirksame Maßnahmen" beschließen, "um die eigenen Ziele noch zu erreichen".

So fehle es etwa an der Bereitschaft weniger in den Straßenbau zu investieren und den Autoverkehr einzuschränken. Beim Flächenschutz fehle "ein grundlegendes Konzept", der Naturschutzhaushalt verfüge zwar über viel Geld, für eine Erfolgsbilanz sei es aber zu früh. NABU und BUND kritisieren, dass die Landesregierung für Ende 2021 ein Plan angekündigt hatte, wie der Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide in der Landwirtschaft bis 2030 um bis zu 50 Prozent verringert werden könne, dieser Plan aber weiterhin nicht vorliege. Die Politik in Sachen Wald- und Forstwirtschaft bewerten NABU und BUND dagegen weitestgehend positiv.

Das kritisiert die Opposition

Die Opposition im Stuttgarter Landtag stellte der Landesregierung bei einer Debatte am Mittwoch (4.5.) ein schlechtes Zeugnis aus. Grün-Schwarz trete auf der Stelle, kritisierte Oppositionsführer Andreas Stoch (SPD) die Arbeit der Regierungskoalition. Der Ausbau der erneuerbaren Energien komme nicht voran, im Bereich der Bildung herrsche Stillstand. Stoch forderte die Einstellung von eintausend neuen Lehrkräften.

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FDP-Chef Hans-Ulrich Rülke kritisierte, dass Baden-Württemberg in Bildungsrankings weiter nach hinten abrutsche. Die Gesundheitspolitik von Sozialminister Manfred Lucha (Grüne), so Rülke weiter, grenze an Realsatire und die Zahl der zusätzliche eingestellten Staatssekretäre durch die Regierung sei rekordverdächtig. Während die Grünen die Wahlrechtsreform, das landesweite Jugendticket oder die Einrichtung der Forschungsstelle Rechtsextremismus als Erfolge hervorhoben, kritisierte CDU-Landesschef und BW-Innenminister Thomas Strobl die Ampel-Koalition in Berlin. Im Umgang mit den Flüchtlingen aus der Ukraine mache sich die Bundesregierung einen "schlanken Fuß". Die Länder und Kommunen würden Bundesaufgaben übernehmen. Baden-Württemberg, so Strobl, sei "resilient und krisensicher".

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Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) selbst könnte derweil Ärger drohen: Er musste am Mittwoch in einer nicht-öffentlichen Sondersitzung des Innenausschusses Rede und Antwort stehen. Es ging um den Vorwurf der Weitergabe von Dienstgeheimnissen - und zwar im Zusammenhang mit den Vorwürfen der sexuellen Belästigung gegen den ranghöchsten Polizeibeamten des Landes. Nach der Sitzung forderten SPD und FDP Strobls Rücktritt vom Ministeramt. Der Druck auf Strobl und auch auf Ministerpräsident Kretschmann nimmt weiter zu.

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Anfang April: Sozialminister Lucha übersteht Entlassungsantrag

Auch ein anderer Minister in Kretschmanns Kabinett musste sich im ersten Regierungsjahr teils harsche Kritik gefallen lassen. Landesgesundheits- und -sozialminister Manfred Lucha (Grüne) wohnte erst Anfang April einer Abstimmung über seine Entlassung im Landtag bei - auf Antrag der Oppositionsparteien SPD und FDP. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit wurde allerdings nicht erreicht, Lucha blieb im Amt.

Neben der schleppenden Impfkampagne und juristischen Schlappen durch den Verwaltungsgerichtshof hatte vor allem ein Brief Luchas an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für Kritik gesorgt. Darin hatte Lucha das baldige Ende der pandemischen Lage gefordert. Ministerpräsident Kretschmann hatte sich in der Folge von der Forderung seines Ministers distanziert und verlauten lassen, Luchas Brief sei nicht mit ihm abgestimmt gewesen. Nach dem gescheiterten Entlassungantrag gegen ihn sagte Lucha gegenüber dem SWR:

"Natürlich habe ich eingestanden, dass nicht alles rund gelaufen ist."

Ein Entlassungsantrag im Landtag sei natürlich keine Situation, die man sich wünsche, so Lucha weiter. Der Opposition warf er vor, bei ihrem Antrag keine "substanziell neuen" Vorwürfe vorgebracht zu haben.

Koalitionsvertag: Viele Vorhaben offen

Offen sind noch viele Vorhaben, etwa eine Karenzzeit für Ex-Minister, ein Antidiskriminierungsgesetz oder eine anonymisierte Kennzeichnungspflicht für Polizeieinheiten in Großlagen wie zum Beispiel bei Fußballspielen. Die Einführung des geplanten 365-Euro-Nahverkehrsticket für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Studierende verzögert sich wohl noch bis März 2023. Und auch andere Themen bleiben Aufgaben der Zukunft: "Wir wollen bundesweit Vorreiter einer digital-unterstützten Bildung sein", hieß es zum Beispiel zu den Schulen im Koalitionsvertrag. Und auch bei der Frage, wie mehr bezahlbarer Wohnraum in Baden-Württemberg geschaffen werden kann, sind die bisherige Leistungen des neuen Bauministeriums umstritten.

Wie viel Grün-Schwarz von seinem Koalitionsvertrag in Zukunft noch umsetzt, wird ohnehin vom Verlauf des Krieges in der Ukraine, der Entwicklung der weltweiten Wirtschaft und der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie abhängen. Ministerpräsident Kretschmann versuchte bereits, die Bürgerinnen und Bürger von Baden-Württemberg auf Einschnitte und schwere Zeiten einzustimmen. Auch die Fraktionschefs von Grünen und CDU, Andreas Schwarz und Manuel Hagel, mahnten am Donnerstag (5.5.) deutliche Zurückhaltung bei der Finanzplanung der Koalition an. Es sei absehbar, dass die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs stark auf Konjunktur und Steuereinnahmen durchschlagen würden. Klar ist schon jetzt: Die nächsten Haushaltsverhandlungen dürften äußerst schwierig werden.

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