"95 Prozent sind 95 Prozent," sagt SWR-Wissenschaftsredakteur David Beck und verweist auf den Pharmakonzern Biontech und die in ersten Studien nachgewiesene Wirksamkeit des Corona-Impfstoffs von Biontech. Beck versteht es nicht, dass immer noch Menschen überrascht sind, wenn sie von Impfdurchbrüchen hören. "Dass niemand mehr krank wird, hat keiner versprochen. Und je mehr Leute geimpft sind, desto mehr Impfdurchbrüche gibt es. Das ist die logische Konsequenz."
Was ist ein Impfdurchbruch eigentlich?
Berichte über Impfdurchbrüche können verunsichern, müssen aber richtig eingeordnet werden. Entscheidend ist auch eine einheitliche Definition des Begriffs "Impfdurchbruch".
Impfdurchbrüche bei Klinikbeschäftigten in BW
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Krankenhäusern in Baden-Württemberg haben die höchste Impfquote im Land. Im Klinikum Karlsruhe sind zum Beispiel über 91 Prozent der 4.500 Beschäftigten vollgeimpft, im Ulmer Universitätsklinikum haben von den rund 6.000 Beschäftigten 86 Prozent (Stand Juli 2021) den vollen Schutz und im Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus sind es 95 Prozent der 3.000 Beschäftigten. Hier wurden in den vergangenen Wochen vermehrt Impfdurchbrüche beobachtet. Der Medizinische Geschäftsführer des Robert-Bosch-Krankenhauses, Mark Dominik Alscher, spricht von zwei bis drei Erkrankten pro Woche unter dem Klinikpersonal. Im SWR-Interview betonte Alscher, wie wichtig deshalb eine Diskussion über die dritte Impfung sei.
"Meine Empfehlung wäre, wie schon vom Land vorgesehen, bei älteren Menschen und bei Mitarbeitern im Gesundheitswesen tatsächlich die dritte Impfung anzubieten."
Alscher sagte weiter, er könne sich vorstellen, dass die dritte Impfung zunehmend breiter angeboten werde. Da müsse man noch die nächsten Wochen abwarten.
Corona-Pandemie Region Stuttgart: Mehr Impfdurchbrüche, aber wenig Intensivpatienten
Die Zahl der Impfdurchbrüche steigt. Auch auf den Intensivstationen in der Region Stuttgart liegen teilweise geimpfte Corona-Patienten, allerdings sind es nur sehr wenige.
Wie wirksam ist die Drittimpfung?
Eine Studie aus Israel - das Land, das am schnellsten weltweit die Bevölkerung ausschließlich mit Biontech durchgeimpft hat - zeigt, dass die sogenannte Boosterimpfung den Impfschutz noch einmal deutlich erhöht. Den Ergebnissen der Untersuchung zufolge gab es bei Menschen über 60 Jahren, die bislang nur zweimal gegen das Coronavirus geimpft wurden, zehnmal mehr Infektionen als bei denjenigen in dieser Altersklasse, die die sogenannte Boosterimpfung erhalten hatten. Außerdem traten bei Doppelt-Geimpften zwanzigmal häufiger schwere Krankheitsverläufe auf als bei den Probanden mit dreifachem Impfschutz. Das Risiko schwer zu erkranken ist demnach nach der Boosterimpfung zwanzigmal geringer.
Fast 200.000 Menschen in BW drittgeimpft
In Baden-Württemberg haben nach Angaben des Impfquotenmonitorings des Robert-Koch-Instituts (RKI) bislang 198.720 Menschen eine dritte Impfung gegen das Coronavirus erhalten. Bundesweit sind es über 1,3 Millionen. Berechtigt zur Drittimpfung sind seit Anfang Oktober vor allem Menschen, die älter als 70 Jahre sind, Personal im Gesundheitswesen sowie Menschen mit einer Immunschwäche. Seit wenigen Tagen gibt es auch eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission für Personen, die den Impfstoff von Johnson & Johnson erhalten haben. Sie können sich nach vier Wochen mit einem mRNA-Impfstoff impfen lassen. Laut Sozialministerium in Stuttgart sind in Baden-Württemberg 400.000 Menschen davon betroffen.
Weiter vor allem ungeimpfte Covid-Patienten auf den Intensivstationen
Auf den Intensivstationen in Baden-Württemberg liegen weiterhin zum Großteil ungeimpfte Covid-Patientinnen und -Patienten. Nach Angaben des Städtischen Klinikums in Karlsruhe werden dort derzeit zehn Menschen wegen einer Covid-19-Erkrankung stationär behandelt, fünf davon auf der Intensivstation. Alle zehn Patienten seien ungeimpft. Das Klinikum Karlsruhe verwies vergangenen Donnerstag darauf, dass bei vollgeimpften Covid-Patientinnen und -Patienten, die eingeliefert würden, in der Regel ungünstige genetische Voraussetzungen, Vorerkrankungen oder eine geschwächte Immunabwehr eine Rolle spielten.
Insgesamt wurden laut Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg von Mitte September bis Mitte Oktober in Baden-Württemberg 1.444 Menschen wegen einer Corona-Erkrankung im Krankenhaus behandelt - davon hatten 281 Menschen einen Impfdurchbruch. Die 28-Tage-Hospitalisierungsinzidenz lag am Dienstag bei Menschen ohne vollen Impfschutz bei 28,6, bei Menschen mit vollem Impfschutz bei 4,8.