Vom Börsen-Hype zum Aktiencrash (Foto: dpa Bildfunk, dpa Bildfunk -)

Reform an der Börse

Dax-XL: Darum wächst das Börsenbarometer

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Katharina Fortenbacher-Jahn
Katharina Fortenbacher-Jahn, SWR Aktuelle Wirtschaft (Foto: SWR, SWR)
Michael Herr

Jünger, weniger industrielastig und vertrauenswürdiger soll er werden: Der Dax wächst auf 40 Unternehmen an. Ein Neuling kommt aus Baden-Württemberg.

Baden-Württemberg hat einen neuen Dax-Konzern: Die Porsche Automobil Holding SE spielt in Zukunft in der ersten deutschen Börsenliga mit. Damit erhöht sich die Zahl der Dax-Konzerne aus Baden-Württemberg auf vier: Neben dem Neuling sind Daimler, HeidelbergCement und SAP im deutschen Leitindex gelistet.

Der Aufsteiger Porsche SE mit Sitz in Stuttgart ist nicht zu verwechseln mit dem Autobauer Porsche. Die SE ist eine Beteiligungsgesellschaft, das heißt, ihr Geschäftsmodell besteht darin, Aktien und Anleihen anderer Unternehmen zu kaufen und damit Rendite zu erwirtschaften. Die Porsche SE ist Hauptaktionär des Volkswagenkonzerns und verdient damit Milliarden, zum Beispiel an Dividenden.

Logo und Schriftzug der Porsche SE bei einer Bilanzpressekonferenz. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Marijan Murat)
Neuer Player im Dax 40: Die Porsche SE.

Ein Geschäft, das nicht sonderlich viel Personal benötigt: An seinem Firmensitz in Stuttgart Zuffenhausen beschäftigt das Unternehmen nicht einmal 50 Mitarbeitende. Umsatz wird dort keiner generiert, das geschieht bei einer Tochterfirma in Karlsruhe. Neben Volkswagen ist die Porsche SE an Technologieunternehmen in den USA und Israel beteiligt.

Dax-Reform in Kraft getreten

Der Aufstieg der Porsche SE in den Dax ist Teil einer historischen Reform des Börsenbarometers: Vom 20. September 2021 an wird der Dax von 30 auf 40 Werte aufgestockt. In diesem Zuge sind zehn neue Unternehmen in das Barometer aufgenommen worden, darunter die Porsche SE. Die zweite Börsenliga, der MDax, ist im Umkehrschluss um zehn Titel verkleinert worden, er hat in Zukunft nur noch 50 statt 60 Mitglieder. Die Idee hinter dieser Reform ist gar nicht so neu. Der Dax ist immer schon ziemlich klein daher gekommen im Vergleich mit anderen europäischen und internationalen Börsenindizes.

Der Leitgedanke der Reform ist, die deutsche Wirtschaft im Dax besser abzubilden, etwas weniger Gewicht auf traditionelle Industriebranchen wie Auto oder Chemie zu legen – und Internetfirmen, aber auch Betriebe aus dem Bereich Gesundheits- und Medizintechnik aufzunehmen. Spätestens seit dem Wirecard-Skandal war klar, dass es so wie früher nicht weitergehen konnte. Der insolvente Zahlungsdienstleister konnte über Monate nicht aus dem Dax entfernt werden – eine große Blamage für die deutsche Börse.

SWR2 Geld, Markt, Meinung Börsenboom – Spielwiese für Zocker?

Die Suche nach Geldanlagen in Zeiten niedriger Zinsen, aber auch günstige Online-Aktienbroker und die Langeweile im Lockdown locken immer mehr Menschen an die Börse. Auch jüngere Leute investieren mittlerweile häufiger in Aktien. Welche Folgen hat die neue Aktieneuphorie? Und wie solide sind die Aktienmärkte in Coronakrisenzeiten?

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Jetzt holt man bei der deutschen Börse also zum großen Schlag aus: Für die Unternehmen gelten in Zukunft neue, strengere Regeln: Als allein gültiges Zulassungskriterium für den Dax gilt in Zukunft die Marktkapitalisierung, also grob gesprochen, was ein Unternehmen an der Börse wert ist. Das Handelsvolumen, also wie oft die Aktien den Besitzer wechseln, soll bei der Bewertung keine Rolle mehr spielen. Stattdessen müssen Mitglieder in Zukunft eine Mindestliquidität aufweisen. Weitere verschärfte Regeln sind bereits in den vergangenen Monaten schrittweise in Kraft getreten.

Junge Hüpfer, alte Tanker

Der Dax bekommt schärfere Regeln – und wächst: Neben der Porsche SE rutscht ein weiteres Unternehmen in den Dax nach, das einen starken Bezug zu Baden-Württemberg hat: Der deutsch-französische Flugzeughersteller Airbus betreibt im Südwesten mehrere Niederlassungen, darunter der Standort von Airbus Defence and Space in Immenstaad am Bodensee und die Airbus-Tochter Tesat in Backnang. Hier werden Systeme für die Kommunikation via Satellit entwickelt.

Das neue Entwicklungszentrum bei Airbus in Immenstaad für Satelliten. (Foto: Pressestelle, Airbus Defence and Space)
Das neue Entwicklungszentrum bei Airbus in Immenstaad für Satelliten.

Und auch weniger altgediente Unternehmen rücken in die erste Börsenliga auf. Zum Beispiel der Internetpionier und Kochboxenhersteller Hellofresh mit Sitz in Berlin. Vor allem während der Hoch-Zeit der Corona-Pandemie scheint das Unternehmen einen Nerv getroffen zu haben. Als Restaurants während des Lockdowns geschlossen waren, gingen die Kochboxen mit Rezept und Zutaten weg wie warme Semmeln. 2020 konnte Hellofresh seinen Umsatz mehr als verdoppeln, über 350 Millionen Euro Gewinn wurden erzielt.

Verhaltener Start

Den Start ins neue Börsenzeitalter hat der Dax allerdings eher verpatzt. Der Index notiert am ersten Tag nach der Reform fast drei Prozent minus. Die negativen Vorzeichen aus Asien mit den Problemen des Immobilienriesen Evergrande aus China wogen wohl zu schwer. Allerdings sind die Tage nach Anpassung eines Börsenindex ohnehin selten gewinnträchtig.

Dass allein die Reform große Sprünge auslöst, war also ohnehin nicht zu erwarten. Die zehn Aufsteiger standen schon länger fest und sollten den Punktestand an sich nicht verändern, da hier nur neu gewichtet wird. Indexfonds, die den Dax abbilden, werden sich anpassen.

Unterm Strich finden Befürworterinnen und Befürworter der Reform: Der Dax wird attraktiver und – dank der strengeren Regeln, die ein ganz wesentlicher Teil der Reform sind – stabiler und vertrauenswürdiger. Pleitekandidaten und alle, die nicht ordnungsgemäß über die Geschäfte berichten, sollen zügig eliminiert werden. Ob die Neueinsteiger frisches Wachstum in den Dax bringen oder ob Unruhe und Kursschwankungen überwiegen, bleibt abzuwarten. Fest steht: Der Dax startet in eine spannende neue Ära.

 

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Katharina Fortenbacher-Jahn, SWR Aktuelle Wirtschaft (Foto: SWR, SWR)
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