Omikron treibt die Corona-Zahlen derzeit drastisch in die Höhe. Auch in Rheinland-Pfalz ist die Virus-Variante mittlerweile vorherrschend. Einige Experten sprechen schon vom Beginn der Endemie - doch ist das richtig? (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte)

Omikron-Welle im Sommer?

Corona-Pandemie: Omikron-Untervarianten breiten sich auch in BW aus

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Susanne Veil

Die Corona-Infektionszahlen schnellen auch in Baden-Württemberg wieder in die Höhe. Es zeichnet sich bereits vor dem Herbst die nächste Welle ab.

Die Corona-Infektionszahlen steigen auch in Baden-Württemberg wieder sprunghaft an. Die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz ist im Vergleich zum Vortag um 2,3 auf 332,8 am Mittwoch (15. Juni) gestiegen. Im Vergleich zur Vorwoche fiel der Anstieg allerdings deutlich aus.

Am Mittwoch (8. Juni) meldete das Landesgesundheitsamt noch eine Inzidenz von 211,4 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Eine Woche davor, am Mittwoch (1. Juni) lag die Inzidenz bei 178,5.

Auch der R-Wert liegt in Baden-Württemberg wieder über der Schwelle von eins. Der Wert der Reproduktionszahl R gibt an, wie viele Menschen eine infizierte Person im Mittel ansteckt. Liegt der R-Wert über eins, steigen die Infektionszahlen. Liegt er unter eins, sinken sie. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz machte am Dienstag (14. Juni) einen Sprung auf 447,3 im Vergleich zu 331,8 am Vortag.

Die Belastung der Krankenhäuser bleibt in Baden-Württemberg allerdings noch konstant: Während vor zwei Wochen, am 1. Juni, 87 Covid-19-Patientinnen und -Patienten auf den Intensivstationen im Land lagen, waren es vor einer Woche 82 Menschen und am Dienstag 84 Intensivfälle.

Späte Meldungen verzerren teilweise das Bild

Die Sieben-Tage-Inzidenz unterliegt starken Schwankungen, denn gerade in Wochen mit Feiertagen verzerren Meldeverzögerungen an die Gesundheitsämter das Bild. Außerdem werden asymptomatische und nicht durch einen PCR-Test bestätigte Fälle nicht erfasst. Dennoch ergibt sich anhand der Sieben-Tage-Inzidenz seit Ende Mai eine erneut steigende Tendenz.

Dritte Omikron-Welle beginnt

Damit zeichnet sich bereits zu Beginn des Sommers die nächste Omikron-Welle ab. "Das aktuell stärkste Wachstum zeigt der Anteil der Sublinien BA.4 und BA.5", heißt es im aktuellen Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI) vom vergangenen Donnerstag. Laut RKI betrug der Anteil der Omikron-Variante BA.2 in der vergangenen Kalenderwoche noch 87 Prozent. Es sei aber davon auszugehen, dass die beiden wachsenden Omikron-Sublinien in wenigen Wochen die Mehrzahl der Nachweise ausmachen dürften.

"Aller Voraussicht nach werden sich diese beiden Sublinien stärker verbreiten, so dass es auch insgesamt zu einem Anstieg der Infektionszahlen und einem erneut verstärkten Infektionsdruck auf vulnerable Personengruppen schon im Sommer kommen kann."

Das RKI rechnet also bereits im Sommer und nicht erst im Herbst mit einer Verbreitung der noch stärker infektiösen Varianten BA.4 und BA.5.

Omikron-Untervarianten breitet sich in BW aus

Auch in Baden-Württemberg breiten sich die Omikron-Varianten BA.5 und BA.4 aus. Das Gesundheitsministerium von Baden-Württemberg hat 3.500 Corona-Abstriche auswerten in der Woche bis zum 12. Juni auswerten lassen. Zu diesem Zeitpunkt lag der Anteil der Omikron-Untervarianten bei 21,2 Prozent. Der größte Teil entfiel mit 18,9 Prozent auf den Subtyp BA.5.

Expertinnen und Experten des Landesgesundheitsamts sehen aber keinen Hinweis darauf, dass eine Infektion mit den beiden Omikron-Subtypen schwerer verläuft. Auch geben die Daten kein vollständiges Bild, da nur ein Teil der Infektionsfälle jede Woche auf die Virus-Variante untersucht wird.

Der Zuwachs bei den beiden Omikron-Varianten geht laut Expertinnen und Experten darauf zurück, dass sie den Immunschutz durch eine vorige Infektion oder Impfung besser umgehen können als andere Untervarianten. Auch der erneute Anstieg der Fallzahlen liegt den Angaben zufolge zumindest teilweise an der Ausbreitung der neuen Omikron-Varianten.

Virologe: Mehr Corona-Infektionen aber keine Herdenimmunität

Auch der Virologe Hans-Georg Kräusslich vom Heidelberger Uniklinikum erwartet weiter steigende Fallzahlen. Das bedeute aber nicht, dass auch die Krankenhausaufenthalte und Intensivbelegungen notwendigerweise deutlich nach oben gingen.

Die Immunität der Bevölkerung sei wesentlich höher als bei den Wellen der vergangenen zwei Jahre. Somit sei die Wahrscheinlichkeit, dass es erneut zu einer massiven Belastung der Krankenhäuser komme, gering - sofern nicht weitere Varianten mit völlig anderen Eigenschaften auftauchten.

Auch das baden-württembergische Gesundheitsministerium erwartet derzeit keine stärkere Belastung des Gesundheitssystems. Derzeit gebe es keinen Hinweis auf eine Änderung des Schweregrades für BA.4/BA.5-Infektionen. Ob eine höhere Ansteckungsrate überhaupt zu einer merklichen Belastung des Gesundheitssystems führe, sei nicht klar.

Dafür rechnet der Virologe Kräusslich aufgrund der weggefallenen Infektionsschutzmaßnahmen im Herbst mit einer stärkeren Grippewelle. Solange der Schutz vulnerabler Gruppen gewährleistet sei, werden sich die anderen Bevölkerungsteile immer wieder infizieren - ähnlich wie mit Erkältungsviren, prognostiziert Kräusslich im SWR-Gespräch.

"Es ist völlig klar, dass wir keine Herdenimmunität erreichen werden. Was wir erreichen werden, ist eine gute Immunitätslage, dadurch, dass sich Risikopersonen immer wieder impfen lassen."

Impfen gegen Omikron?

Die Immunisierung der Bevölkerung durch einen Impfschutz lässt mit der Zeit aber nach. Am Dienstag wurden in Baden-Württemberg im laufenden Sieben-Tage-Durchschnitt noch 173 Erstimpfungen und 441 Booster-Impfungen durchgeführt. Auch das könnte einen Anstieg der Infektionszahlen begünstigen. Virologe Kräusslich rät vor allem Risikogruppen dazu, sich vor der Herbst-Winter-Saison mit einem an neue Omikron-Varianten angepassten Wirkstoff impfen zu lassen.

Welche Maßnahmen plant die BW-Politik?

Die Politik in Baden-Württemberg ringt währenddessen um das weitere Vorgehen. Während Landesgesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) mit Hilfe von Expertinnen und Experten die Planungen für das Corona-Management im Herbst starten will, drängen Apotheken und Teststellenbeteiber auf eine Teststrategie für den Herbst, denn ab Ende Juni soll es keine kostenlosen Bürgertests mehr geben. Doch die könnten bereits vor dem Herbst wieder wichtig werden.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat dazu aufgerufen, in Innenräumen freiwillig Maske zu tragen. Das Landesgesundheitsministerium verweist auf die gültige Corona-Verordnung. Demnach wird in öffentlich zugänglichen Innenräumen generell empfohlen, eine Maske zu tragen.

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