Eine Prostituierte wartet auf ihrem Zimmer in einem Bordell auf Kundschaft. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/dpa | Andreas Arnold)

Pandemiebedingte Schließung von Bordellen

Jobwechsel von Prostituierten: Projektleiter bislang zufrieden

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Das Projekt "Works" begleitet Prostituierte beim Jobwechsel und zieht eine erste positive Bilanz. Die coronabedingte Schließung von Bordellen hatte viele in Geldnot gebracht.

Rund ein Jahr nach dem Start des landesweiten Projekts "Works" zur beruflichen Neuorientierung von Prostituierten haben die Leiterinnen und Leiter eine erste positive Zwischenbilanz gezogen. Bislang habe man mit den Angeboten 163 Menschen erreicht, teilte der Paritätische Wohlfahrtsverband am Freitag mit. Ein Teil von ihnen ist laut der Mitteilung inzwischen in andere Arbeitsverhältnisse vermittelt worden, etwa in der Gastronomie oder in der Reinigungsbranche. 

Wunsch nach Berufswechsel gestiegen

Auch wenn die Prostitution oft nur als Übergangslösung gedacht sei, falle es den Menschen mit der Zeit meist immer schwerer, neue berufliche Perspektiven zu entwickeln und sich aus dem Milieu zu lösen. Seit Beginn der Pandemie habe sich außerdem die ohnehin oft schwierige finanzielle Situation von Prostituierten noch stark verschlechtert, hieß es. Das Interesse an einem Berufswechsel sei daher merklich gestiegen. Um den Weg freizumachen und die Menschen zu unterstützen, wolle man Hindernisse abbauen. Zum Beispiel werde bei der Wohnungssuche geholfen, und auch individuelle Beratungen, Bewerbungstrainings und berufliche Weiterbildungen würden organisiert. Die Pandemie habe die Zusammenarbeit mit den Prostituierten allerdings zusätzlich erschwert.

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Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter hätten sich unter anderem mit kleinen Geschenktüten vor Bordelle gestellt oder Prostituierte zur Corona-Impfung begleitet, um den Kontakt mit Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern aufzubauen. Irgendwann sei das Eis dann gebrochen, sagte Riccarda Freitag von der Beratungsstelle PROUT der Aidshilfe Tübingen-Reutlingen. Diese war im Zuge des Projekts neu gegründet worden.

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Angst vor Obdach- und Arbeitslosigkeit

Drohende Obdachlosigkeit, fehlende Kinderbetreuung und eine unzureichende Berufsausbildung führten dazu, dass eine berufliche Neuorientierung extrem beratungs- und zeitintensiv sei, sagte Projektleiterin Lydia Kissel von der "Werkstatt Parität", einer Tochtergesellschaft des Wohlfahrtsverbands. Deshalb wünsche man sich eine Verlängerung des Angebots. "Jetzt geht es darum, mehr Zeit für unsere Arbeit zu gewinnen", sagte Kissel.

Das Projekt läuft in Stuttgart und Pforzheim sowie in den Landkreisen Reutlingen, Tübingen, Ravensburg, dem Enzkreis und dem Bodenseekreis. Es wird von der "Werkstatt Parität" koordiniert und vom baden-württembergischen Sozialministerium noch bis zum Jahresende mit EU-Mitteln als Reaktion auf die Corona-Pandemie gefördert.

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SWR