Ein Pfleger eines Pflegeheims schiebt eine Bewohnerin mit einem Rollstuhl. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Tom Weller)

Erste Corona-Bußgelder verhängt

Hunderte Verfahren wegen Verstoß gegen Teil-Impfpflicht in BW

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Mehr als 450 Bußgeldverfahren laufen in Baden-Württemberg gegen Personen, die gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht verstoßen haben. Das Land rechnet mit weiteren Verfahren.

Mehr als drei Monate nach Inkrafttreten der Corona-Impfpflicht für Beschäftigte in Seniorenheimen und Kliniken sind erste Bußgelder verhängt worden. In Baden-Württemberg laufen derzeit mehr als 450 Bußgeldverfahren gegen Pflegerinnen und Pfleger, die trotz behördlicher Aufforderung noch keinen Immunitätsnachweis vorgelegt haben. Dies ergab sich aus einer Umfrage des Sozialministeriums bei den baden-württembergischen Gesundheitsämtern. Erste Bußgelder wurden bereits in einer Größenordnung von 250 bis 300 Euro verhängt.

Mehr als 37.000 Personen in Baden-Württemberg hatten es versäumt, ihrer Einrichtungsleitung einen entsprechenden Nachweis vorzulegen und wurden von den Gesundheitsämtern aufgefordert, diesen nachzureichen. Mittlerweile sind mehr als 13.000 Personen dieser Aufforderung nachgekommen. Etwa 1.481 Betroffene gaben an, dass sie aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.

Sozialministerium hakt nach Wie steht es um die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Baden-Württemberg?

Zwar ist die allgemeine Corona-Impfpflicht gescheitert, aber seit Mitte März brauchen Beschäftigte in der Pflege einen Impfnachweis. Vielerorts wird jedoch eher auf Zeit gespielt.

Teil-Impfpflicht könnte Pflegenotstand verschärfen

Kliniken befürchten wegen der Teil-Impfpflicht einen Personalmangel und eine nicht ausreichende Versorgung von Patientinnen und Patienten. Joachim Walter, Präsident des Landkreistags, warnt, die Impfpflicht könne den Pflegenotstand im Land verschärfen. Er dringt darauf, die Regel auszusetzen, die seit Mitte März gilt. Kliniken, Heime und Einrichtungen, Praxen und ambulante Dienste müssen seither Mitarbeitende beim Gesundheitsamt melden, die nicht geimpft oder genesen sind oder bei denen es Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Nachweise gibt.

BW-Gesundheitsminister: Schutz von Pflegebedürftigen hat höchste Priorität

Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) sagte am Freitag in Stuttgart, die gute Nachricht sei, dass ein Drittel der von den Einrichtungen gemeldeten Personen zwischenzeitlich einen Impf- oder Genesenennachweis vorgelegt habe. "Der Anteil an Personen ohne Immunitätsnachweis ist also doch deutlich niedriger als bislang angenommen", so Lucha. Der Schutz von Patientinnen und Patienten und Pflegebedürftigen vor einer Covid-19-Infektion habe weiterhin höchste Priorität.

Lucha bekräftigte gegenüber dem SWR, das Land werde die einrichtungsbezogene Impfpflicht durchsetzen. "Ich habe kein Verständnis dafür, dass Beschäftigte in Gesundheits- und Pflegeberufen mit vulnerablen Gruppen selber nicht geimpft sind", sagte der Gesundheitsminister.

Beschäftigte in Einrichtungen des Gesundheits- und Pflegebereichs müssen laut Bundesgesetz seit dem 16. März 2022 nachweisen, dass sie geimpft oder genesen sind oder aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.

Bußgeldhöhe hängt vom Einzelfall ab

Wer dieser Aufforderung nicht nachkommt, muss mit einem Bußgeld rechnen. Die Bußgeldhöhe hängt vom jeweiligen Einzelfall ab, beispielsweise, ob es sich um einen erstmaligen Verstoß oder um einen wiederholten Verstoß handelt. Wenn sich Betroffene weiterhin uneinsichtig zeigen, können auch deutlich höhere Bußgelder verhängt werden. Das Infektionsschutzgesetz gibt einen Bußgeldrahmen von bis zu 2.500 Euro vor.

Die Gesundheitsämter betrachten bei der Kontrolle der Impfpflicht jeden Fall einzeln. Reicht ein Bußgeld nicht aus, um den Betroffenen zum Umdenken zu bewegen, kann das Amt nach Anhörung der betroffenen Person und der Einrichtung das Betreten der Einrichtung und die dort ausgeübte Tätigkeit untersagen. Die Betreiberinnen und Betreiber können aber auch versuchen, individuelle Lösungen zu finden, um Betretungsverbote zu vermeiden. Zum Beispiel Pflegebeschäftige in anderen Bereichen einsetzen, wo sie keinen Kontakt zu Patientinnen und Patienten haben. Eine andere Möglichkeit sind besondere Hygienemaßnahmen für Beschäftigte.

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SWR