Seit Freitag ist es in Baden-Württemberg wieder möglich, Termine für Corona-Impfungen zu buchen. Doch nur eine Stunde nachdem die Terminvergabe freigeschaltet wurde, kam es zu einer Überlastung der Anmeldesysteme. Die zentrale Impfterminvergabe unter der Telefonnummer 116117 und online war nach Angaben des Gesundheitsministeriums seit 8 Uhr wieder in Betrieb.
Auf der Seite des Impfterminservices in Baden-Württemberg landen die Nutzer häufig im "virtuellen Warteraum". Auf der Seite ist der Hinweis eingeblendet: "Aufgrund der hohen Nachfrage kommt es bei der Vergabe von Impfterminen [...] im Moment zu Wartezeiten."

Ministerium spricht von einem gewaltigen Ansturm
Der Ansturm ist gewaltig, so ein Sprecher des Ministeriums. Rund 40.000 Termine wurden bereits in der ersten Stunde, von acht bis neun Uhr vergeben. Seither sei kaum noch ein Durchkommen. Auf der Homepage sei ein virtueller Warteraum geschaltet, wo Impfberechtigte weitergeleitet werden, sobald es freie Termine gibt.
Allerdings wurden am Freitag nach Auskunft des Ministeriums nur noch vereinzelt Termine freigeschaltet. Daher empfahl der Sprecher, es am Wochenende oder nächste Woche erneut zu probieren. Grund für die langen Wartezeiten sei nach wie vor der Mangel an Impfstoff.
Terminvergabe für Impfungen: Ministerium bittet um Geduld
Das baden-württembergische Sozialministerium hatte schon im Vorfeld darauf hingewiesen, dass wegen des Impfstoffmangels nur sehr begrenzt Termine zu vergeben sind: "Angesichts der knappen und noch unsicheren Impfstoffmengen kann derzeit nur ein Bruchteil der Berechtigten einen Termin erhalten", hatte Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) am Donnerstag gesagt.
Mit den derzeitigen Liefermengen könnten täglich rund 35.000 Menschen geimpft werden, teilte das Ministerium mit. Am Donnerstag waren es laut Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) fast 36.000. Weil auch für die nächsten Wochen die Impftermine größtenteils schon vergeben seien, bat das Ministerium um Geduld. Das betrifft auch Menschen über 80 Jahre, die sich derzeit bereits auf Wartelisten befinden.
In Baden-Württemberg befanden sich rund 120.000 über 80-jährige Menschen mit höchster Impf-Priorität auf Wartelisten. Mehr als 100.000 von ihnen sei schon ein Impfangebot gemacht worden, so das Gesundheitsministerium. Die anderen würden bis Ende März mit einem Terminangebot kontaktiert, hieß es.
Kritik an Impfung für Senioren
Der Landesseniorenrat hat die aus seiner Sicht viel zu langsame Impfung der über 80-Jährigen gerügt. "Das ist ein Skandal", sagte der neue Chef des Verbandes, Eckart Hammer, mit Blick auf eine Impfquote für diese Altersgruppe von 59,1 Prozent. In anderen Bundesländern gehe dies schneller, so etwa im Saarland mit einem Anteil von 73,3 Prozent. Nach den Worten von Seniorenvertreter Hammer verzweifelten vor allem allein lebende ältere Menschen an der Terminvergabe - sowohl online als auch über die Hotline. Auch lange Wege zu den Impfzentren seien problematisch. An das Gesundheitsministerium appellierte der 67-Jährige, herauszufinden, was andere Länder besser machten.
Laut Verbands-Chef Hammer macht den betroffenen älteren Leuten die Situation schwer zu schaffen. Es breiteten sich Angst und Empörung gepaart mit Resignation aus. Der Landesseniorenrat werde sich um einen raschen Termin bei Gesundheitsminister Lucha bemühen.
Über 500.000 Dosen nicht verabreicht - "Die liegen nicht nur so rum"
Die Anmeldesysteme für Corona-Impfungen waren vom Gesundheitsministerium Baden-Württemberg geschlossen worden, nachdem der Bund die Impfung mit dem Präparat des Herstellers Astrazeneca in der vergangenen Woche für einige Tage ausgesetzt hatte. Das Tempo der Impfkampagne stagniert derzeit weiter. Laut aktuellen Zahlen des RKI (Stand 26.03., 9:35 Uhr) hat Baden-Württemberg fast 2,1 Millionen Impfdosen geliefert bekommen, bislang aber nur etwas mehr als 1,5 Millionen tatsächlich verabreicht. "Die liegen aber nicht nur so rum, sondern sind verplant und mit Terminen verknüpft", erläuterte ein Sprecher des Sozialministeriums am Freitag. Zudem gingen die Zahlen der Geimpften in den Kliniken häufig mit Verzögerung in die Statistik ein. Es gelte noch immer: "Die Nachfrage ist höher als das Angebot." Deshalb werde jeglicher Impfstoff, den das Land bekommt, unverzüglich eingesetzt, so der Sprecher weiter.
Die Impfquote für Baden-Württemberg bei der Erstimpfung wird derzeit mit 9,9 Prozent angegeben, bei der Zweitimpfung mit 4,3 Prozent. Damit liegt Baden-Württemberg im Bundesländervergleich jeweils im unteren Mittelfeld.
43,8 Prozent der bislang geimpften Baden-Württemberger verfügen über den vollen Impfschutz - in anderen Bundesländern wie Thüringen (46,2 Prozent) Bayern (46,9 Prozent) oder Sachsen (59,8 Prozent) liegt der Wert höher, in Bundesländern wie Rheinland-Pfalz (38.9 Prozent), Brandenburg (34,9 Prozent) oder das Saarland (33,8 Prozent) niedriger.
Impfstoff-Mengen gegen das Coronavirus bleiben weiter knapp
Der Landessozialminister hatte bereits im Vorfeld eingeräumt, dass die Lieferzahlen für April nur ein überschaubares Angebot zulassen würden. Schließlich wolle man "nur Termine vergeben, die sicher stattfinden können, wenn dann auch der Impfstoff da ist", so Lucha. Angesichts der täglich rund 35.000 Menschen, die in Baden-Württemberg derzeit geimpft werden, ergänzte ein Sprecher des Ministeriums, 80.000 Impfungen pro Tag durchführen zu können, "wenn wir genügend Impfstoff hätten".
Minister Lucha: Mehrfach anrufen bringt nichts
"Ich freue mich, dass so viele Menschen bereit sind, sich impfen zu lassen", hieß es von Lucha laut einer Mitteilung. Aktuell seien rund zwei Millionen Menschen im Land impfberechtigt. Es sei verständlich, dass jede und jeder Impfberechtigte möglichst schnell einen Impftermin möchte.
Dennoch bat Lucha: "Mehrfaches Anrufen oder Aufrufen der Onlineplattform am gleichen Tag ist nicht notwendig und bringt nicht schneller einen Termin. Wenn Sie telefonisch und auch online nicht durchkommen, probieren Sie es ein paar Tage später noch einmal."
Unterdessen machte das Tübinger Unternehmen Curevac weitere Fortschritte in der Erforschung eines Impfstoffs. So soll dieser auch bei Mutationen wirken.
Auch an Ostern soll in Baden-Württemberg weiter geimpft werden. Je nach verfügbarem Impfstoff werde über die Feiertage grundsätzlich weitergeimpft, so eine Sprecherin des Sozialministeriums. Dass einzelne Zentren Termine auf die anderen Wochentage verteilen und etwa an Ostern schließen, sei zwar möglich, in dem Fall dann aber auf zu wenig Impfstoff zurückzuführen.
Knapp zwei Millionen Impfdosen für Baden-Württemberg erwartet
In der Woche nach Ostern sollen nach einem Bund-Länder-Beschluss von vergangener Woche dann auch die Hausärzte flächendeckend in die Corona-Impfkampagne einsteigen, allerdings zunächst nur mit knapp einer Million Dosen in der Woche, rund 20 Dosen für jede Praxis. Die Lieferungen sollen nach Ostern aber Schritt für Schritt deutlich ansteigen.
Baden-Württemberg soll laut Sozialministerium unter Berufung auf vorläufige Lieferzahlen des Bundesgesundheitsministeriums bis Ende April knapp zwei Millionen Dosen Impfstoff erhalten. Demnach sollen mehr als 1,2 Millionen Dosen des Herstellers Biontech/Pfizer, rund 303.000 Dosen des Herstellers Moderna und mehr als 390.000 Dosen von Astrazeneca geliefert werden. Es könne aber jederzeit zu kurzfristigen Änderungen der prognostizierten Liefermengen kommen, teilte das Ministerium mit.