Das Land Baden-Württemberg will ab Anfang April das Impfangebot wegen fehlender Nachfrage zumindest bis Herbst reduzieren. Statt der bisher etwa 350 mobilen Impfteams und 135 Impfstützpunkten soll es jeweils nur noch ein Team und einen Stützpunkt in allen 44 Stadt- und Landkreisen geben. Das geht aus der Kabinettsvorlage des Sozialministeriums hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart vorliegt.
Impfangebot für Geflüchtete aus Ukraine
Mit der verbleibenden Struktur sei es möglich, flexibel zu reagieren, etwa wenn sich die Pandemie wegen einer neuen Virusvariante erneut dramatisch zuspitzen sollte. Baden-Württemberg will sich aber auch darauf einstellen, Geflüchteten aus der Ukraine ein Impfangebot zu machen. Bei Bedarf sollen dafür noch einmal zusätzlich zehn mobile Einheiten eingesetzt werden, die dann an den Landeserstaufnahmestellen impfen sollen.
Neues Konzept soll Kosten einsparen
Mit dem Abbau des Großteils der bisherigen Teams und Stützpunkte will die Regierung aber auch die enormen Kosten drücken. Die im Winter aufgebaute Struktur für die Booster-Impfungen hat das Land dem Vernehmen nach mehr als eine halbe Milliarde Euro gekostet. Durch die Kürzung würden über den Sommer bis Ende September dagegen knapp 55 Millionen Euro anfallen, heißt es in der Kabinettsvorlage. Das Geld komme aus der Rücklage für Haushaltsrisiken.
Land sieht Ärzte ab Herbst verstärkt in der Pflicht
Das Sozialministerium will sich dann nach und nach aus der Organisation der Impfungen zurückziehen. "Es geht derzeit davon aus, dass die Sicherstellung der Impfaufgabe ab dem 1. Oktober 2022 im Rahmen der vertragsärztlichen Regelversorgung über die Krankenkassen oder die Kassenärztliche Vereinigung erfolgen kann", heißt es in der Kabinettsvorlage. Die Strukturen zur Schaffung einer ausreichenden Angebotsgrundlage seien vorhanden, jetzt müsse nur noch der Bund das auch rechtlich umsetzen.
Da das Land aber davon ausgeht, dass dies noch länger dauern könnte, will man übergangsweise weiter Vorkehrungen treffen und bestimmte Strukturen aufrechterhalten. Das Ministerium setzt aber darauf, dass sich der Staat ab dem Frühjahr 2023 aus dem aktiven Impfgeschehen zurückziehen könne. Das Land müsse jedoch weiterhin dafür Sorge tragen, dass eine Impfinfrastruktur vorhanden sei, die eine verlässliche Versorgung der Bevölkerung garantiere.
FDP wirft Landesregierung Orientierungslosigkeit vor
Für die FDP ist das Zurückfahren des Impfangebots einmal mehr ein Beweis für das chaotische Pandemie-Management der Landesregierung. "Einerseits die Impfzentren zu schließen und andererseits von einer allgemeinen Impfpflicht zu fabulieren, zeigt einmal mehr die volle Orientierungslosigkeit der Landesregierung in dieser Pandemie", sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. "Bei Grün-Schwarz geht es zu wie bei Hempels unterm Sofa." Rülke forderte ein tragfähiges Impfkonzept, insbesondere mit ausreichenden freiwilligen Impfangeboten. "Wir müssen bei den steigenden, aber noch nicht bedrohlichen Zahlen die logistischen Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir im Herbst nicht wieder in einen neuen Lockdown kommen", so Rülke.
Das Konzept zur Anpassung der Impfstrategie sei auf Arbeitsebene zwischen Sozial- und Finanzministerium abgestimmt. Nun müssten noch die anderen Ressorts bis Mittwoch zustimmen, dann könne das Konzept im Umlaufverfahren genehmigt werden.