Die baden-württembergische SPD hat Altkanzler Gerhard Schröder zum freiwilligen Rückzug aus der Partei aufgefordert. Zuvor hatte eine SPD-Schiedskommission in Hannover entschieden, dass Schröder bei den Sozialdemokraten bleiben darf.
SPD-Landeschef: "Rückzug Schröders wäre angemessen"
SPD-Landeschef Andreas Stoch sagte am Donnerstag in Stuttgart, eine Parteistrafe zu verhängen habe zu Recht hohe rechtliche Hürden, denn man sei eine diskussionsfreudige Partei. In dieser Partei sollten auch künftig andere Meinungen gehört werden, ohne dass dies bestraft werde. "Ich halte es jedoch nach wie vor für angemessen, die Partei zu verlassen, wenn sich Handeln und Meinung in keiner Weise mehr mit den sozialdemokratischen Werten decken. Das gilt auch für Gerhard Schröder," sagte Stoch.
SPD-Leutenbach: Ausschluss war eher unwahrscheinlich
Der Chef des SPD-Ortsvereins Leutenbach (Rems-Murr-Kreis), Pierre Orthen, sagte, er habe sich einen anderen Ausgang des Verfahrens gewünscht. Dennoch sei man sich von vornherein im Klaren gewesen, dass eine Rüge oder gar ein Ausschluss aus rechtlichen Gründen eher unwahrscheinlich gewesen wäre.
SPD-Funktionär Lennart Knab, für den SPD-Ortsverein laut Mitteilung ebenfalls am Verfahren beteiligt, empfahl Schröder dennoch, freiwillig die Partei zu verlassen. Es sei schwer vorstellbar, dass Schröder nach diesem Urteil weiterhin Mitglied bleibe, als sei nichts geschehen.
Schiedskommission weist Ausschlussanträge zurück
Zuvor war bekannt geworden, dass die Russland-Nähe von Schröder weiter keine Parteistrafe der SPD zur Folge habe. Die Schiedskommission des SPD-Bezirks Hannover wies Anträge mehrerer SPD-Gliederungen in zweiter Instanz in einem Beschluss zurück, der der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag vorlag. Es sei nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, ob Schröder gegen Statuten, Grundsätze oder die Ordnung der SPD verstoßen habe. Zuvor hatten mehrere Medien darüber berichtet.
SPD-Ortsverein aus BW will Berufung einlegen
Der SPD-Ortsverein aus Leutenbach (Rems-Murr-Kreis) will den Beschluss der Partei-Schiedskommission nicht akzeptieren. Wie der Ortsverein am Donnerstagabend mitteilte, beschloss dessen Vorstand mit großer Mehrheit, erneut Berufung gegen die Entscheidung einzulegen und letztinstanzlich vor die Bundesschiedskommission zu ziehen.
"Wir sehen zentrale Punkte in der Begründung der Schiedskommission für Schröders Freispruch anders und haben uns daher zu diesem Schritt entschieden", sagte der Leutenbacher SPD-Vorsitzende Pierre Orthen laut Mitteilung. Sein Vize Lennart Knab sagte demnach, man sei weiterhin der Meinung, Schröder habe der Partei schweren Schaden zugefügt. Sein Verbleib in der SPD sei daher unmöglich. Ob die Berufung zugelassen wird, ist noch unklar, gilt aber als unwahrscheinlich.
Schröder für weiteren Dialog mit Russland
Schröder gilt als enger Freund von Russlands Präsident Wladimir Putin und war über Jahre für russische Energiekonzerne aktiv. Mit Blick auf Russlands Angriff auf die Ukraine erklärte Schröder zwar, es liege in der Verantwortung Russlands, den Krieg zu beenden. Allerdings dürften die Verbindungen zu Russland nicht komplett gekappt werden.