Theresa Schopper (Grüne), Kultusministerin von Baden-Württemberg, nimmt an einer Regierungs-Pressekonferenz im Bürger- und Medienzentrum des Landtags von Baden-Württemberg teil. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Marijan Murat)

Chancengerechtigkeit durch Sozialindex

BW-Kultusministerin Schopper: Mehr Förderung für Schulen in sozialen Brennpunkten

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Das Einkommen der Eltern darf nicht der entscheidende Faktor für den Bildungserfolg sein - sagt BW-Kultusministerin Schopper und will Schulen in sozialen Brennpunkten stärker fördern.

In Baden-Württemberg sollen Schulen vor allem in sozialen Brennpunkten eine bessere Ausstattung bekommen und gefördert werden. Das hat Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) am Freitag in Stuttgart angekündigt. Studien und Trends zeigten, dass ein schlechter ausgestattetes Elternhaus die Leistungen von Schülerinnen und Schülern belaste.

Sozialindex soll mehr Chancengerechtigkeit schaffen

Diesen Zustand will die Grünen-Politikerin nun versuchen, zu ändern. Schopper sagte: "Unser Bildungssystem ist nicht wirklich chancengerecht". Die Einkommenssituation der Eltern dürfe nicht der entscheidende Faktor für den Bildungserfolg sein. Sie will nun ein Modell für bessere Bildungschancen erstellen, das auf einem Sozialindex aufbaut.

Nach Angaben Schoppers wird der Index nach sozialen Aspekten vom Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg entwickelt. Er soll passgenau Einfluss darauf haben, welche Ressourcen eine Schule zum Beispiel für Ausstattung oder Förderung erhält. Laut Koalitionsvertrag soll der Index "möglichst zum Schuljahr 2022/2023 in die Erprobung gehen".

Grundschulen sollen entlastet werden

Die Kultusministerin will auch die Grundschulen entlasten. Diese sollen nun, wie im Koalitionsvertrag zugesagt, "multiprofessionelle Teams" erhalten. Sie sollen Lehrkräfte entlasten und Schülerinnen und Schüler unterstützen. Die genauen Aufgaben dieser "mulitprofessionellen Teams" sind aber unklar. Denn nähere Angaben zu den Arbeitsfeldern der Teams oder dem Zeitrahmen machte Schopper nicht.

Stuttgart

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Baden-Württemberg geht Weg wie NRW und Sachsen

Das Modell mit einem Sozialindex ist keine Erfindung von Baden-Württemberg. Ähnliche Pläne hatten zuletzt bereits andere Bundesländer wie Sachsen und Nordrhein-Westfalen angekündigt. Wie genau dieser "schulscharfe Sozialindex" der neuen schwarz-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel aussehen wird, ist allerdings auch noch unklar. Die grün-schwarze Regierungskoalition in Baden-Württemberg hatte in ihrem Koalitionsvertrag eine "sozialindexbasierte Ressourcenverteilung" versprochen.

Grundschulverband macht gute Erfahrungen mit Sozialindex

Zustimmung für die Pläne kommt vom Grundschulverband Baden-Württemberg. Verbandsvorstand Edgar Bohn sagte, der Sozialindex habe sich in früheren kleineren Modellen bereits bewährt. Als Schulleiter einer Brennpunkt-Schule in Freiburg habe er beste Erfahrungen damit gemacht. Der Freiburger Sozialindex hat sich nach Bohns Angaben unter anderem nach der Gesamtschülerzahl gerichtet, am Migrationsanteil der Mädchen und Jungen sowie an der Zahl der Familien, die Sozialhilfe erhalten. Mit einem Fördergeld von 6.500 Euro wurde zum Beispiel ein Programm zur Konfliktlösung für Kinder aufgebaut und eine Zusammenarbeit mit Studentinnen und Studenten organisiert, die mit den Kindern etwas außerhalb der Schule unternahmen.

GEW warnt vor Kampf um Fördergelder

Sowohl der Grundschulverband als auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warnten davor, Schulen durch den Index gegeneinander auszuspielen. "Das muss oben drauf finanziert und darf nicht irgendwo abgezogen werden", sagte die GEW-Landesvorsitzende, Monika Stein, der Deutschen-Presse-Agentur. Neben dem Sozialindex sei es aber entscheidend, dass auch die Personalausstattung an den Schulen verbessert werde.

Studie bestätigt Abhängigkeit des Lernerfolgs vom Elternhaus

Bei der Kultusministerkonferenz wurde am Freitag eine Studie vorgestellt, die im Abstand von fünf Jahren den Stand bei Viertklässlern repräsentativ untersucht. Darin wurde bestätigt, dass Erfolg in der Schule stark vom Elternhaus abhängt. Der Zusammenhang zwischen Kompetenzen und "sozioökonomischem Status" der Familie hat demnach in allen Bereichen "signifikant" zugenommen. Verwiesen wird auch darauf, dass sich die "zuwanderungsbezogene Heterogenität" der Schülerschaft zwischen 2016 und 2021 weiter erhöht habe. Die stärksten Kompetenzrückgänge seien fast durchgängig für Schüler zu verzeichnen, die im Ausland geboren sind.

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