Danyal Bayaz (Grüne), Finanzminister von Baden-Württemberg, spricht bei einer Regierungs-Pressekonferenz zum Thema Staatshaushaltsplan 2022. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod)

BW darf mit zusätzlichen sieben Milliarden Euro rechnen

Trotz positiver Steuerschätzung: BW-Finanzminister Bayaz tritt auf Ausgabenbremse

Stand

Die Zahl klingt verlockend: Sieben Milliarden Euro mehr für den Landeshaushalt bis 2026. Doch Finanzminister Bayaz will sich nicht davon verführen lassen und mahnt zur Ausgabendisziplin.

Die baden-württembergische Landesregierung kann bis zum Jahr 2026 mit über 7,4 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen rechnen kann als noch im November erwartet. Das ist das Ergebnis der aktuellen Mai-Steuerschätzung. Doch Landesfinanzminister Danyal Bayaz (Grüne) verfällt deswegen nicht in Euphorie. Er will trotz der positiven Steuerschätzung auf die Ausgabenbremse treten.

"Der finanzielle Spielraum ist trotz der guten und zugleich unsicheren Prognosen erkennbar gering. Wir sollten deshalb einen fokussierten Doppelhaushalt mit klaren Prioritäten aufstellen. Ausgabendisziplin ist dafür wichtig", erklärte der Grünen-Politiker am Montag.

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Bayaz: Steuerschätzung mit hoher Unsicherheit verbunden

Die stabilen Steuereinnahmen sind erfreulich, allerdings ist die Steuerschätzung diesmal mit hoher Unsicherheit verbunden. Wer denkt, im Doppelhaushalt 2023/24 könne das Geld mit vollen Händen ausgegeben werden, der irrt sich laut Bayaz. "Angesichts des Angriffskriegs in der Ukraine, angesichts gestörter Lieferketten, die gerade unsere Exportwirtschaft treffen, und angesichts von steigenden Rohstoff- und Energiepreisen haben wir es mit einer schwierigen konjunkturellen Situation zu tun", so Bayaz im SWR. Es sei nicht erstrebenswert, dass es bei der nächsten Steuerschätzung im Herbst schlechte Nachrichten und dahingehend eine Überraschung gebe, dass sich die Steuereinnahmen doch nicht so gut entwickeln. Deswegen rate er zu äußerster Zurückhaltung, betonte Bayaz gegenüber dem SWR.

Entlastungspakete der Bundesregierung kosten Land hunderte Millionen Euro

Erstmals bezifferte der Minister auch, wie hoch die Mindereinnahmen für das Land durch die Entlastungspakete der Bundesregierung sein werden. "Sie sind bereits in den Landesergebnissen der Steuerschätzung enthalten und belaufen sich in diesem Jahr auf 593 Millionen Euro. Und für die kommenden beiden Jahre betragen die Mindereinnahmen 675 Millionen", erklärte Bayaz.

Grünen-Fraktionschef Schwarz: "Will im Team Vorsicht bleiben"

Auch Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz drückte auf die Euphoriebremse. "Die Steuer-Überraschung ist ein Beleg dafür, dass Baden-Württemberg aus dem dunkelsten Tal der Pandemie herausgefunden hat." Er verweist darauf, dass die vermeintlich gute Ausgangslage aber nicht darüber hinwegtäuschen dürfe, dass die Schätzung mit Risiken verbunden sei.

"Gute Zahlen sind im Moment eine gefährliche Versuchung - gerade da die Auswirkungen des Ukraine-Krieges wenig planmäßig sind."

Schwarz ist deshalb sehr zurückhaltend. Er wolle im "Team Vorsicht und Verantwortung" bleiben. Der Grünen-Fraktionschef plädierte erneut dafür, sich mit einem Puffer auf die Krisen vorzubereiten. "Sonst müssen wir im Herbst teuer dafür bezahlen."

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Auch CDU-Fraktionschef Hagel bleibt vorsichtig

"Wir dürfen uns von den aktuell guten Zahlen nicht blenden lassen. Corona ist noch nicht ausgestanden und wie lange der Ukraine-Krieg dauern wird, ist unklar," erklärte Manuel Hagel mit Blick auf die vorhergesagten zusätzlichen Einnahmen. Auch die gestiegene Inflation mache ihm Sorgen.

Unsere Devise bleibt deshalb: Wir müssen die Zahlen der Steuerschätzung in Ruhe analysieren und den kommenden Haushalt verantwortungsvoll und vorsichtig planen.

Die Menschen könnten sich darauf verlassen, dass mit dem Geld, das der Staat einnimmt, klug und umsichtig umgegangen werde, so Hagel weiter. Dabei würden Investitionen, die für die Sicherheit und den Wohlstand in Baden-Württemberg wichtig seien, nicht aus den Augen verloren.

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Bund der Steuerzahler: Ausgabestopp wäre gute Maßnahme

Ganz auf Linie mit Finanzminister Bayaz sieht sich der Bund der Steuerzahler in Baden-Württemberg. Der Verband empfahl eine strenge Haushaltsdisziplin. Von den hohen prognostizierten Steuermehreinnahmen dürfe man sich nicht blenden lassen, so Landeschef Eike Möller. Gegenüber dem SWR erklärte Möller, es werde eine "Scheinsicherheit" suggeriert, weil gleichzeitig auch die Haushaltsrisiken für das Land Baden-Württemberg erheblich anstiegen. Nicht alles, was wünschenswert sei, sei auch finanzierbar, so Möller im SWR. Zuvor hatte er bereits einen Ausgabestopp und eine Senkung der Personalkosten in der Landesverwaltung gefordert. "Das bedeutet, dass keine zusätzlichen Stellen geschaffen werden sollten, wenn woanders keine gestrichen werden. Primär in der Ministerialverwaltung gehören hier bestehende Stellen auf den Prüfstand."

Auch in anderen Bereichen sollte aus Sicht des Bundes der Steuerzahler nur das finanziert werden, was unbedingt notwendig ist. Als Beispiele für mögliche Einsparungen nannte Möller Projekte wie die Sanierung der Oper in Stuttgart oder des Staatstheaters in Karlsruhe. Er forderte, diese Projekte finanziell abzuspecken.

Opposition ebenfalls mit Forderungen an Landesregierung

Die Opposition hatte sich bereits am Sonntag nach dem Bekanntwerden der Steuerschätzung gemeldet. Die SPD forderte unter anderem mehr bezahlbaren Wohnraum und viel mehr Schwung bei der Energiewende. Ihr Finanzexperte Nicolas Fink bekräftigte die Forderung im SWR und appellierte an die Landesregierung, bei wichtigen Ausgaben nicht zu zögern. In Krisenzeiten wie diesen müsse eine Landesregierung die Menschen im Land mit aller Kraft unterstützen, so Fink im SWR.

FDP fordert Bezahlung von Schulden

Nach Vorstellung der FDP soll das Geld für die Schuldentilgung des Landes verwendet werden. Der finanzpolitische Sprecher der FDP, Stephen Brauer, ergänzte am Montag: "Die Steuerschätzung versetzt die Regierung in die mit Abstand komfortabelste Finanzlage seit langem." Außerdem seien für weitere Kosten der Pandemiebekämpfung immer noch Mittel vorhanden. "Kein Wunder, dass Minister Bayaz hier Warnungen an die Ministerien richtet, bei den Forderungen nicht zu überziehen," so Brauer. Sein Vorwurf: Sparen sei für Grüne und CDU ein Fremdwort.

Haushaltsberatungen der Landesregierung nächste Woche

Der Landeshaushalt für 2023/24 wird ein zentraler Baustein für die Vorhaben der grün-schwarzen Landesregierung. Dann wird klar, welche geplanten Projekte sich auch wirklich umsetzen lassen. Denn der Koalitionsvertrag von Grünen und CDU steht seit Beginn unter Finanzierungsvorbehalt. In einer Woche kommt die Haushaltskommission der Koalition zusammen, um sich mit den Eckpunkten für den Doppeletat zu befassen.

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SWR