Auf weitreichende Reformen im deutschen Steuerrecht dringt der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne). So fordert er unter anderem eine Anhebung des sogenannten Arbeitnehmer-Pauschbetrags auf 1.500 Euro.
Finanzminister: Vielen Menschen die Steuererklärung ersparen
Die Änderungen im Steuergesetz würden dazu führen, dass viele Angestellte, die heute nur deswegen eine Einkommensteuererklärung abgeben, um Kosten über dem Pauschbetrag geltend zu machen, keinen Anlass mehr dazu hätten, sagte der Grünen-Politiker im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Eine Vielzahl von kleinen Rechnungen oder auch die Pendler- oder Homeoffice-Pauschale seien mit dem Betrag bereits abgedeckt. "Wir würden die Finanzämter entlasten, vielen Menschen die Steuererklärung ersparen und es wäre auch eine bezahlbare Maßnahme", sagte Bayaz.
Pauschbetrag bei Werbungskosten erhöhen
Im Allgemeinen gilt bei der Steuererklärung, dass Beschäftigte Ausgaben, die mit dem Beruf zusammenhängen, als Werbungskosten absetzen können. Ein Pauschbetrag ist eine Mindestsumme, die angerechnet wird, ohne Belege einreichen zu müssen. In diesem Jahr lag der Arbeitnehmer-Pauschbetrag bei 1.230 Euro, im vergangenen Jahr bei 1.200.
Perspektivisch müsse man auch stärker mit der Quellenbesteuerung arbeiten, etwa im Bereich der Rente, forderte Bayaz. Auch hier könne ein großzügiger Arbeitnehmer-Pauschbetrag, der ja letztlich auch eine Art Quellensteuer sei, helfen.
"Quellensteuer heißt, die Steuern werden einfach direkt beim Auszahlen abgezogen und sind dann aber auch abgegolten an der Quelle. Und wir brauchen keine komplizierte Bearbeitung mehr im Nachgang." Auch bei der Besteuerung der Renten wäre dies ein Weg, so Bayaz weiter. Damit brauche mancher Rentner keine Einkommensteuererklärung mehr abzugeben. Das wäre ganz konkreter Bürokratieabbau, erklärte der Finanzminister.
Schuldenabbau: Solidaritätszuschlag in Einkommenssteuer integrieren
Wegen der wirtschaftlichen Lage passten Steuererhöhungen nicht in die Zeit, sagte Bayaz. Es stelle sich aber schon die Frage, wer die Kosten für die exorbitanten Schulden aus der Zeit der Pandemie, aber auch aus dem letzten Jahr für das Sondervermögen der Bundeswehr oder zur Abmilderung der Energiekrise trage.
"Ich halte es daher für zumutbar - gerade auch unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten - den verbliebenen Rest-Soli der Top-Verdiener in die Einkommensteuer zu integrieren." So würde sich der Staat eine wichtige Einnahme sichern, sagte Bayaz. "Das wäre eine ehrliche finanzpolitische Antwort auf die Zeitenwende, die die gemachten Schulden nicht einfach nur in die Zukunft verschiebt."
Keine Ende für Soli in Sicht
Fast dreißig Jahre nach der Einführung des Solidaritätszuschlags ist kein Ende der Abgabe in Sicht. Die Bundesregierung kann nach einer gescheiterten Klage weiter jährliche Einnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe aus der Abgabe einplanen.
Die Einnahmen werden dabei ganz überwiegend von Unternehmen und Besserverdienern bezahlt: Die frühere Große Koalition hatte 2019 im "Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995" beschlossen, dass neunzig Prozent der Einkommensteuerzahlerinnen und -zahler ausgenommen bleiben sollen, den Zuschlag müssen die oberen zehn Prozent zahlen.
Kritik an Bundesfinanzminister Lindner (FDP)
Von vielen Maßnahmen wie dem Tankrabatt, Energiepreispauschalen und Strompreisbremsen hätten auch Gutverdiener profitiert, vielleicht sogar überproportional, argumentierte Bayaz. So langsam sei man zudem aus der Krise raus.
Bayaz kritisierte, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) immer nur kategorisch Steuererhöhungen ablehne. Wenn das der kleinste gemeinsame Nenner sei, dann hieße das Stillstand in der Steuerpolitik, sagte Bayaz - und das wäre fatal. Zeitenwende müsse auch eine finanzpolitische Zeitenwende bedeuten. Er glaube, dass man Menschen auch mehr zumuten könne.
Steuerzahlerbund: "Vorschläge sind Schritt in richtige Richtung"
Der baden-württembergische Steuerzahlerbund begrüßt die Vorschläge, das Steuerrecht zu vereinfachen. Alle Vorschläge, die die Steuererklärung erleichtern und die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr belasten, seien gut - so die Reaktion des Landesvorsitzenden des Steuerzahlerbundes Eike Möller.
Den Arbeitnehmerpauschbetrag auf 1.500 Euro anzuheben, wie von Bayaz vorgeschlagen, hält er für einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Gleichzeitig fordert er weitere Vereinfachungen. Auch Pendler- oder Dienstreisepauschalen müssten an die Inflation angepasst werden.
Nullwachstum und steigende Preise Inflation: Schokolade wird um ein Drittel teurer - Butter etwas billiger
Bundesweit sind die Preise im Juli weiter gestiegen - besonders bei Lebensmitteln. Die Inflation lag in Baden-Württemberg bei 6,8 Prozent, in Rheinland-Pfalz bei 6,1 Prozent.
FDP und SPD fordern Bayaz zum Handeln auf
Auch die Oppositionsfraktionen SPD und FDP stimmen mehr Erleichterungen bei der Steuererklärung zu. Beide kritisieren den Minister aber dafür, dass er nicht selbst im Land tätig wird. Steuerrecht sei Bundesrecht, so der FDP-Finanzexperte Stephen Brauer. Auf Landesebene könne Bayaz die Menschen aber bei der Grundsteuer oder der Grunderwerbssteuer entlasten.
Der SPD-Finanzexperte Nicolas Fink fordert, die Finanzverwaltung im Land personell zu stärken. Nur so könnten Steuererklärungen korrekt bearbeitet und Steuern korrekt abgeführt werden.