Gegen Schäden, die durch extreme Naturereignisse verursacht werden, etwa von einem Sturm, Hagel oder einer Überschwemmung, kann man sich versichern als Gebäudebesitzer, man muss es aber nicht. Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen wollen das jetzt mit einer gemeinsamen Initiative im Bundesrat ändern.
Zahlreiche Studien gehen davon aus, dass die extremen Wetterphänomene in den nächsten Jahren zunehmen werden. Damit steigt auch die Gefahr, dass Gebäude Schaden nehmen. Deshalb nehmen die beiden Bundesländer einen neuen Anlauf, um die Elementarschaden-Versicherung zur Pflicht zu machen. Wie die baden-württembergische Landesregierung am Donnerstag mitteilte, solle die Bundesregierung mit einem Entschließungsantrag aufgefordert werden, einen Vorschlag zu erarbeiten, wie eine bundeseinheitliche Versicherungspflicht aussehen könne.
Eigentümerinnen und Eigentümer sollen so besser vor finanziellen Schäden geschützt werden, die nach einem Sturm oder Hochwasser auf sie zukommen können. Solche Versicherungen gibt es bereits, allerdings sei bundesweit nur etwa jede zweite private Immobilie gegen Elementarschäden versichert, so die Landesregierung. In Baden-Württemberg selbst liegt der Anteil der Versicherten allerdings wesentlich höher - bei über 90 Prozent. Grund ist, dass es hier bis in die 1990er Jahre schon einmal eine solche Pflichtversicherung gab.
Kretschmann: "Unwetter warten nicht auf die Politik."
Trotz der hohen Zahl an entsprechend Versicherten in Baden-Württemberg drängt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) darauf, dass endlich etwas passiert. Er hatte sich bereits nach der Flutkatastrophe im Ahrtal für die Pflichtversicherung stark gemacht. Jetzt sagte er den Stuttgarter Zeitungen, man müsse bei diesem wichtigen Thema endlich vorankommen. Es sei schon zu viel Zeit verloren gegangen. Unwetter warteten nicht auf die Politik und sie machten auch nicht vor Ländergrenzen halt. Baden-Württemberg hat sich an den Hilfen für das rheinland-pfälzische Ahrtal mit einer MIlliarde Euro beteiligt.
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Trotz Personalmangel, unzähligen Baustellen und Fragen beim Hochwasserschutz blicken die Kommunen an der Ahr bei vielen Wiederaufbauprojekten zuversichtlich auf 2023.
Von der Flutkatastrophe 2021 waren in erster Linie Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen betroffen. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sieht dringenden Handlungsbedarf. Im "Handelsblatt" stellte er klar, es dürfe nicht sein, dass ein solches Thema nur unmittelbar nach einer Katastrophe auf der Agenda stehe und dann wieder vergessen werde. Wüst zufolge hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bereits im Juni 2022 versprochen, das Thema anzugehen. Aber bis jetzt gebe es keine brauchbaren Vorschläge, kritisierte Wüst.
Eine Pflichtversicherung würde auch die öffentlichen Kassen entlasten
Wenn alle privaten Immobilien gegen Elementarschäden versichert wären, würde das auch die Kassen von Bund und Ländern entlasten. Denn die öffentlichen Hilfen, beispielsweise für die Flutopfer, werden bislang von der Allgemeinheit getragen. Das könne der Staat ohne bundesweite solidarische Pflichtversicherung auf Dauer nicht stemmen, rechnete Kretschmann vor.
Der niedersächsiche Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der derzeit der Ministerpräsidentenkonferenz vorsitzt, kündigte an, dass das Thema am 16. März auf der Tagesordnung stehen werde. Dann treffen sich die Länderchefinnen und -chefs in Berlin und wollen dort unter anderem beraten, wie sie gemeinsam weiter vorgehen wollen.
Versicherungswirtschaft plädiert für ein Gesamtkonzept
Der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, Jörg Asmussen, plädiert für ein Gesamtkonzept, damit Schäden durch Naturkatastrophen und damit Versicherungsprämien nicht finanziell aus dem Ruder laufen. Das Konzept muss seiner Ansicht nach Prävention, Klimafolgenanpassung und Versicherung umfassen. Sein Vorschlag: Alle Wohngebäude werden umfassend gegen Naturgefahren versichert. Bereits bestehende Gebäudeversicherungen werden zu einem Stichtag automatisch auf Elementarschutz umgestellt, wenn die Kundinnen und Kunden nicht widersprechen. Dafür brauche es allerdings eine gesetzliche Grundlage, so Asmussen. Die müsse jetzt geschaffen werden.