Ein Fahnder des Landeskriminalamtes hält eine CD mit kinderpornografischem Material in der Hand. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / dpa | Peter Förster)

Justiz massiv gefordert

Verurteilungen wegen Kinderpornografie steigen in BW um 40 Prozent

Stand

Eigentlich geht die Zahl der Straftaten in Baden-Württemberg zurück. Doch die Zahl der Verbrechen rund um Kinderpornografie ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen.

Immer mehr Menschen in Baden-Württemberg sind zuletzt wegen des Besitzes, der Verbreitung oder des Erwerbs von Kinderpornografie verurteilt worden. Die Zahl der rechtskräftigen Verurteilungen stieg im vergangenen Jahr um 40 Prozent. Waren es im Jahr 2020 noch 382 Verurteilungen im Zusammenhang mit kinderpornographischen Delikten, stieg diese Zahl laut Justizministerium auf 535 Verurteilungen im Jahr 2021. Bereits 2020 war die Zahl im Vergleich zu 2019 um 15 Prozent gestiegen.

Viele Verdachtsmeldungen aus den USA

Bei Kinderpornografie handelt es sich etwa um Abbildungen oder Videomaterial schweren sexuellen Kindesmissbrauchs. Der Anstieg ist laut Justizministerium insbesondere auf die stetig zunehmende Zahl von Verdachtsmeldungen der US-Nichtregierungsorganisation "National Center for Missing and Exploited Children" (deutsch: Nationales Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder) zurückzuführen.

Diese leitet tausendfach Hinweise zu Kinder- und Jugendpornografie mit Bezug nach Deutschland an die hiesigen Strafverfolgungsbehörden weiter. Baden-Württemberg betreffend gingen im Jahr 2019 insgesamt 804 Hinweise ein, im Jahr 2020 waren es bereits 1.660, 2021 waren es 2.825 Hinweise.

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Justiz in Zukunft stärker gefordert

"Der Deliktsbereich der Kinderpornografie wird die Justiz leider auch in Zukunft massiv fordern", sagte Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges (CDU). Ein Grund sind auch Gesetzesverschärfungen. Seit Juli 2021 etwa ist der Besitz, die Verbreitung und der Erwerb von Kinderpornografie gesetzlich ein Verbrechen. Einstellungen von Gerichtsverfahren wegen Geringfügigkeit oder unter Auflagen und Weisungen sind damit nicht mehr möglich.

Gentges spricht sich darüber hinaus für längere Speicherfristen von Internet-Verbindungsdaten aus. "Wenn Ermittler im Internet auf den Austausch kinderpornografischen Materials stoßen, müssen sie herausfinden können, von welcher IP-Adresse das kam, und sie müssen den Inhaber dieser IP-Adresse ermitteln können", sagte Gentges. Das laufe aber ins Leere, weil die Daten nach einer Woche nicht mehr nachzuverfolgen seien.

Zahl der Gesamtstraftaten in BW nimmt ab

Laut der polizeilichen Kriminalitätsstatistik für Baden-Württemberg für das vergangene Jahr ist die Zahl der Gesamtstraftaten rückläufig. Sie liegt mit 486.331 auf dem niedrigsten Stand seit 36 Jahren. Auch die Zahl der rechtskräftigen Verurteilungen in fast allen Deliktsbereichen ist auf 96.000 und damit auf ein Zehn-Jahres-Tief zurückgegangen.

Das fünfte Jahr in Folge gestiegen sind dagegen die Verurteilungen wegen Sexualstraftaten - im vergangenen Jahr um fünf Prozent auf mehr als 1.500. Einen Anstieg gab es gegen den allgemeinen Trend auch bei Beleidigungs-Delikten. 5.000 Personen wurden deshalb in Baden-Württemberg verurteilt, 7 Prozent mehr als im Vorjahr.

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