Die vorgezogene Bundestagswahl macht Tausenden Jugendlichen einen Strich durch die Rechnung. Rund 320.000 junge Menschen in Baden-Württemberg dürfen in diesem Jahr erstmals ihre Stimme abgeben. Das sind 55.000 Erstwählerinnen und Erstwähler weniger als beim ursprünglich geplanten Wahltermin im Herbst, schätzt das statistische Landesamt.
17-Jährige: Vorgezogene Neuwahl "Entzug meines Wahlrechts"
"Im ersten Moment war ich einfach frustriert" - so beschreibt Malike Ipek aus Stuttgart ihr Gefühl, als klar wurde, die Bundestagswahl wird vorverlegt. Im Sommer wird sie 18 Jahre alt. Im Herbst wählen zu können, darauf hatte sie sich gefreut: "Das wäre meine Chance gewesen, meinen Beitrag zu leisten und meine Stimme abgeben zu können und die wurde mir jetzt genommen."
Der Bruch der Ampel-Koalition und damit die Neuwahlen zum Jahresanfang statt im Herbst seien zwar bei der politischen Lage unvermeidbar gewesen, aber dennoch: "Für mich ist das ein Entzug meines eigentlichen Wahlrechts."

Wie ernst nimmt die Politik Interessen Jugendlicher?
Ob Schulsprecherin oder Jugendleitung im Ruderverein: Gesellschaftliches Engagement und eigene Ideen einzubringen ist Malike Ipek wichtig. Aktuell kandidiert die 17-Jährige für den Stuttgarter Jugendrat. Das überparteiliche Gremium bietet Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren die Möglichkeit, ihre Interessen kommunalpolitisch zu vertreten.
Genau diese Interessen blende die Politik zu oft aus, meint Ipek. "Man fühlt sich gerade in einer jüngeren Altersgruppe oft vergessen, weil viele Themen nicht direkt mit einem zu tun haben" - wenn etwa über Rente und Steuern diskutiert werde und Themen wie Schule und Bildung vernachlässigt würden.
Die Politik müsse sich stärker auf die jüngere Generationen fokussieren, findet Ipek - denn die seien schließlich die Wähler von morgen. "Ich glaube, dass man da ganz viel machen kann", ist sie überzeugt. Dialog sei wichtig, auch über Social Media. "Wenn man mit denen redet und fragt: Hey, was betrifft euch denn? Ich glaube, da geht viel verloren. Und das ist schade, weil man so die Begeisterung und das Interesse viel mehr wecken könnte."
Demos machen ihnen Mut "Ich nutze die Gelegenheit, was zu ändern": Warum junge Menschen in BW Politik machen
Hunderttausende gingen zuletzt gegen Rechtsextremismus auf die Straße. Nur ein Bruchteil hat ein politisches Amt. Hier erzählen junge Menschen, warum sie einen Großteil ihrer Freizeit mit Politik verbringen.
Bundesweit rund 400.000 junge Menschen betroffen
Bundesweit können durch den vorgezogene Termin laut Statistischem Bundesamt rund 400.000 Jugendliche weniger an der Wahl teilnehmen. Der Anteil der potenziellen Erstwählerinnen und Erstwähler in Baden-Württemberg liegt bei dieser Bundestagswahl bei 4,2 Prozent, so das Statistische Landesamt. Dazu zählen alle Bürgerinnen und Bürger, die seit der letzten Bundestagswahl volljährig geworden sind. Bei der vergangenen Wahl 2021 waren es gut 5 Prozent.