Der Innenexperte und baden-württembergische Landtagsabgeordnete Sascha Binder von der SPD (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow (Montage: swr))

Strobls Verstrickungen in Affäre um sexuelle Belästigung

Binder (SPD) kritisiert Kretschmann: "Er stellt Freundschaft zu Strobl über Rechtsstaatlichkeit"

Stand

Trotz Vorwürfen gegenüber Baden-Württembergs Innenminister Strobl steht Ministerpräsident Kretschmann hinter ihm. Das kritisiert Sascha Binder (SPD).

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl (CDU) - es geht um die Anstiftung zur Weitergabe von amtlichen Informationen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) steht weiter hinter Strobl. Diesen freundschaftlichen Rückhalt kritisiert der SPD-Innenexperte und Landtagsabgeordnete Sascha Binder.

Baden-Württemberg

SPD fordert Entlassung des Innenministers Vorwurf der Weitergabe von Dienstgeheimnissen: Druck auf Strobl und auch Kretschmann nimmt zu

Die SPD fordert Ministerpräsident Kretschmann auf, Strobl zu entlassen. Außerdem will die FDP eine aktuelle Debatte im Landtag, die Polizeigewerkschaft fordert Erklärungen.

SWR Aktuell: Ihre Fraktion hatte die Sondersitzung des Innenausschusses gefordert und gestern auch bekommen. Das war ein turbulenter Tag. Jetzt haben sie eine Nacht drüber geschlafen. Wie sehr bewegt sie heute das, was sie gestern in der Sondersitzung gehört haben?

Sascha Binder: Es bewegt mich nach wie vor, dass der Innenminister, der gleichzeitig auch noch Verfassungsminister ist, rechtsstaatliche Grundsätze nicht befolgt. Wir dürfen nicht vergessen, um was es in der ganzen Angelegenheit geht. Es geht um den Vorwurf der sexuellen Nötigung gegen den höchsten Polizeibeamten des Landes. Dazu führt das Innenministerium ein Disziplinarverfahren. Der Innenminister muss dafür sorgen, dass dieses Verfahren rechtsstaatlich abläuft, um diesem Unrecht auf den Grund zu gehen. Wenn er dabei Fehler begeht - ein großer Fehler ist, wenn vertrauliche Dinge nach außen gehen - dann bringt er dieses Verfahren in größte Nöte. Das darf nicht sein, vor allem nicht im Interesse der betroffenen Person.

Nun laufen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Auf welches Ergebnis hoffen Sie?

Es geht im Rechtsstaat nicht um hoffen. Es zeigt, dass der Rechtsstaat in Baden-Württemberg funktioniert, dass die Staatsanwaltschaft es genauso sieht, wie wir, dass das Handeln des Innenministers nicht vereinbar ist. Deshalb wird jetzt zurecht ermittelt. Was ich mich nur frage ist, warum der Ministerpräsident dem Innenminister immer noch sein Vertrauen ausspricht, denn der Innenminister hat hier klar gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstoßen.

Kretschmann glaubt Strobl ja, dass es eben um die Transparenz ginge. Wie stehen Sie zu der Aussage des Ministerpräsidenten? Ist das ein großes Problem für die gesamte Landesregierung?

Ja, es wird zunehmend ein Problem für den Ministerpräsidenten, denn er stellt die Aussagen seines Innenministers über das, was im Gesetz steht. Er glaubt, dass der Innenminister sich über rechtsstaatliche Vorschriften hinwegsetzen darf.

"Das ist schon überraschend, dass Ministerpräsident Kretschmann die persönliche Freundschaft zu Strobl über die Rechtsstaatlichkeit in unserem Bundesland stellt."

Könnte der Vorgang denn am Ende nicht auch dazu führen, dass nicht nur der Innenminister zurücktreten muss, sondern dass noch weitere Schritte folgen müssen?

Zunächst einmal muss der Ministerpräsident - wenn der Innenminister selbst die Einsicht nicht hat - den Innenminister entlassen. Zum Schutz der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, zum Schutz eigentlich aller Landesbeamtinnen und Landesbeamten, die Vertrauen haben müssen, dass wenn Disziplinarverfahren geführt werden, diese, wie es im Gesetz steht, vertraulich geführt werden. Das Vertrauen ist stark erschüttert. Der Ministerpräsident muss dieses umgehend herstellen. Man bekommt den Eindruck, dass für die Grünen und den Ministerpräsidenten, die ansonsten sich zurecht für Persönlichkeitsrechte und für den Rechtsstaat einsetzen, nun die Stabilität der grün-schwarzen Landesregierung stärker wiegt als die Wiederherstellung von rechtsstaatlichen Grundsätzen im Innenministerium.

Wie sehr schadet denn der aktuelle Vorgang dem Ansehen der baden-württembergischen Landespolitik insgesamt in der Öffentlichkeit?

Sehr, denn es ist so, dass wir seit Monaten diesen Fall des Inspekteurs der Polizei nicht nur parlamentarisch, sondern auch durch die Staatsanwaltschaft ermitteln. Wir sehen jetzt, dass der Innenminister diese Ermittlungen auch in Gefahr bringt. Das schadet dem Ansehen des gesamten Landes. Die Staatsanwaltschaft und die Justiz hält jetzt zurecht die Fahne hoch und wird jetzt weiter ermitteln. Wenn der Ministerpräsident nicht schnell handelt und die Grünen weiterhin dieses Gebaren zulassen, dann frag ich mich tatsächlich, auf welcher Grundlage eigentlich diese Landesregierung ihre Amtsgeschäfte führt.

Mehr zu diesem Thema

Baden-Württemberg

Wegen Weitergabe von Dienstgeheimnissen Staatsanwaltschaft ermittelt gegen BW-Innenminister Strobl - SPD und FDP fordern Rücktritt

In der Affäre um die Weitergabe von Dienstgeheimnissen an die Presse wird nun auch gegen Innenminister Strobl ermittelt. Der räumt Fehler ein, will aber im Amt bleiben.

Stand
AUTOR/IN
SWR