Ein Neubau entsteht (Foto: SWR)

Baden-Württemberg sucht neue Wege beim Bauen

Kretschmann fordert Recycling von Material und Aufstockung bestehender Gebäude

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Keine Wohnungen auf dem Markt - oder sie sind zu teuer. Die Landesregierung sucht Wege für bezahlbares Wohnen und innovatives Bauen. Ein Strategiedialog soll die Themen angehen.

Wie kann bezahlbares, innovatives und ökologisches Bauen funktionieren? Das ist die Fragestellung, um die es bei der Auftaktveranstaltung zum Strategiedialog "Bezahlbares Wohnen und innovatives Bauen" am Mittwoch in Fellbach (Rems-Murr-Kreis) geht. Dort kommt die Landesregierung mit Vertreterinnen und Vertretern aus dem Bereich Wohnungs- und Bauwirtschaft zusammen.

Kretschmann: Strategiedialog muss "richtig ranklotzen"

Bezahlbares Wohnen ist das wichtigste soziale Thema unserer Zeit, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zum Auftakt des Strategiedialogs. Und Wohnungsbauministerin Nicole Razavi (CDU) betonte, die Wohnungsnot habe sich mit dem Ukraine-Krieg noch verschärft. Man müsse mit Hochdruck arbeiten, dieses Problem zu lösen.

Nach Kretschmanns Auffassung wird zudem noch zu wenig für den Klimaschutz unternommen. Man müsse sich bewusst machen, dass Bauen und Wohnen in Deutschland weit mehr als ein Drittel aller Treibhausgasemissionen ausmachten. Die Tendenz steige, es müsse also auch ökologisch gebaut werden. Auch bei Herstellung, Transport, Einbau und Entsorgung der Baustoffe entstehe eine Belastung. "Bei einem Neubau macht graue Energie bis zu 50 Prozent des Energieverbrauchs aus."

Das Arbeitsformat müsse "richtig ranklotzen", so der Ministerpräsident. Man beginne aber nicht bei Null, so Kretschmann, der auf die Photovoltaik-Pflicht auf Neubauten verwies. Die ersten Arbeitsgruppen haben am Mittwochmorgen die wichtigsten Themen eingekreist. Allerdings soll die Arbeit erst im Herbst richtig losgehen, wenn alle beteiligten Gruppen zusammenkommen - darunter Architekten, Wissenschaftler, kommunale Verwaltungen, Mieter und Eigentümer.

Kretschmann für mehr Aufstockungen bei Gebäuden

Außerdem forderte Kretschmann, für die Schaffung von Wohnraum mehr Gebäude aufzustocken. "Bestehende Bauten in unserem Land sind ein Geschenk", sagte der Grünen-Politiker. Sie seien Infrastruktur, die man nicht erst teuer und langwierig errichten müsse, sondern auf die man einfach aufsetzen könne. Der Regierungschef kritisierte aber, dass Anträge für großzügige Aufstockungen in der Verwaltung "wie eine heiße Kartoffel hin- und hergeschoben" würden.

Kretschmann machte sich zudem für den Einsatz von wiederverwerteten Materialien bei neuen Bauvorhaben stark. "Wir wollen, dass in Baden-Württemberg mehr Bauten aus bereits Verbautem entstehen." Außerdem müsse der Klima- und Ressourcenschutz in der Aus- und Weiterbildung aller am Bauen und Planen Beteiligter verankert werden.

NABU verlangt ausreichenden Flächenschutz im Land

Mit dem Start des Strategiedialogs wird ein Punkt des grün-schwarzen Koalitionsvertrags umgesetzt. Der Dialog ist auf insgesamt sieben Jahre angesetzt. Der Umweltverband BUND forderte eine Baupolitik und -kultur im Einklang mit den Klimaschutzzielen. Landeschefin Sylvia Pilarsky-Grosch sagte: "Es greift zu kurz, den Fokus nur auf das einzelne - möglichst nachhaltige - Bauwerk zu richten." Ein Schwerpunkt müsse sein, den Flächenverbrauch im Land zu verringern. "Anders ist die Einhaltung der Klimaschutzziele nicht zu erreichen."

Die Landesregierung hatte bereits vor einigen Jahren einen Strategiedialog zum Thema Automobilwirtschaft ins Leben gerufen. Er soll nach Regierungsangaben einen engen Austausch von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Arbeitnehmerverbänden, Verbraucherorganisationen, Umweltverbänden und Zivilgesellschaft ermöglichen. Ziel sei es, den Wandel in der Automobilindustrie erfolgreich zu gestalten.

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