Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Marijan Murat)

"Diktatoren nicht unser Leben diktieren lassen"

Kretschmann zu Fastnacht und Ukraine-Krieg: Jeder entscheidet selbst

STAND

Kann man Fastnacht feiern, wenn in Europa Krieg herrscht? Ministerpräsident Kretschmann will Diktatoren nicht über das Leben der Menschen bestimmen lassen - entscheiden könne jeder selbst.

Wie kann man feiern, wenn mitten in Europa Krieg herrscht? Seit Russland die Ukraine angegriffen hat, müssen sich Närrinnen und Narren in Baden-Württemberg mit dieser Frage auseinandersetzen. Denn am Donnerstag (24. Februar) marschierten russische Truppen in die Ukraine ein, wurden Raketen abgefeuert, sind Menschen gestorben - just an dem Tag, der eigentlich eine Zeit der Fröhlichkeit und expliziter Nicht-Ernsthaftigkeit in den vielen Fastnachts-Hochburgen im Land einläutet. Muss man die Fastnacht in diesem Jahr also absagen?

Kretschmann: Diktatoren nicht über unser Leben bestimmen lassen

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat zu dieser Frage am Freitag (25. Februar) in Freiburg Stellung bezogen:

"Das muss man nicht. Es kommt immer darauf an, wie man sie gestaltet. Wir müssen uns jetzt nicht von solchen Diktatoren unser Leben diktieren lassen."

Jeder und jede Einzelne - auch die Narrenzünfte im Land - könnten selbst darüber entscheiden, wie sie mit den närrischen Tagen angesichts des Kriegs in der Ukraine umgehen wollen, sagte Kretschmann weiter.

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Helfen könne man den Menschen in der Ukraine aktuell durch "Zeichen des Zusammenhalts und der Solidarität", wie es sie gestern in ganz Baden-Württemberg gegeben hatte, so Kretschmann.

Über dem Neuen Schloss in Stuttgart wehte am Freitag (25. Februar) die ukrainische Flagge, am Donnerstag (24. Februar) wurde die Fassade in den Landesfarben Blau und Gelb angestrahlt. Für Kretschmann ein Symbol dafür, dass "wir fest an der Seite des ukrainischen Volkes stehen".

Narrenpräsident Wehrle: Bescheidene Fastnacht, die Menschen zusammenführt

Roland Wehrle, Präsident der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) ist angesichts des Kriegs in der Ukraine dafür, eine bescheidene Fastnacht zu feiern, aber nicht auf Bräuche und Traditionen zu verzichten.

"Wir sollten uns daran erinnern, dass die Fastnacht ein großes Miteinander ist, das Menschen zusammenführt."

Die Fastnacht sei das älteste und größte generationenübergreifende Fest, und man sollte alles dafür tun, es zu erhalten und zu pflegen, so Wehrle gegenüber der "Schwäbischen Zeitung". Das schließe nicht aus, in Gedanken bei denen zu sein, denen es aktuell nicht gut geht. Wenn diese Freude und Fröhlichkeit mithelfe, den Frieden in der Welt zu bewahren, "dann haben wir unglaublich viel erreicht", sagte Wehrle.

Roland Wehrle - Präsident der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte VSAN (Foto: Pressestelle, Roland Wehrle)
Roland Wehrle, Präsident der Schwäbisch-Alemannischen Narrenzünfte, plädiert für eine bescheidene Fastnacht, die die Menschen zusammenführe. Pressestelle Roland Wehrle

Nach schwieriger Corona-Zeit trotzdem machen was möglich ist?

Aber kann eine Fastnacht unter diesen Umständen gelingen? "Es ist sehr betrüblich, die letzte Fröhlichkeit ist weg. Denn wir alle empfinden für die Menschen, die von diesem Konflikt betroffen sind", sagte Wehrle. Deshalb respektiere er die Entscheidung jedes Einzelnen und jeder Zunft - auch wenn sie lautet, die Fastnacht nicht zu feiern. Wehrle selbst ist aber der Meinung, für Kinder und alte Menschen solle man nach der überstandenen schwierigen Corona-Phase versuchen, "das zu machen, was noch möglich ist".

Es sind komplizierte Zeiten für Närrinnen und Narren in Baden-Württemberg. Zuerst hatte die Corona-Pandemie jegliche Planungen für aufwendige Umzüge und andere Brauchtumsveranstaltungen unmöglich gemacht, dann wurden die Corona-Maßnahmen schneller gelockert als gedacht und Veranstaltungen waren mit 3G-Regel und mit begrenzten Besucherzahlen möglich.

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Jetzt stellt der Krieg in der Ukraine Zünfte und jeden Einzelnen vor die Frage, ob man sich explizite Nicht-Ernsthaftigkeit in diesen Zeiten leisten kann - und will. Oder, ob sie vielleicht gerade das ist, was viele Menschen gerade brauchen.

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SWR