Ein Mercedes-Stern ist auf dem Heck eines Autos zu sehen (Foto: dpa Bildfunk, https://www.picture-alliance.com/search/images(popup:image/134378191)?searchTerm=Daimler&searchStamp=1639389520&page=1&isFilterOpen=true)

Chinesischer Staatskonzern BAIC größter Aktionär

Daimler zu fast 20 Prozent in chinesischer Hand - was das für den Konzern bedeutet

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Uwe Bettendorf
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Michael Herr

Einer der engsten Geschäftspartner wird zum größten Einzelaktionär: Bald 20 Jahre hält die Partnerschaft zwischen dem chinesischen Konzern BAIC und dem Stuttgarter Autobauer Daimler - bislang zum beiderseitigen Vorteil.

Aus fünf Prozent werden fast zehn: Geräuschlos hat der staatliche Autokonzern Beijing Automotive (BAIC) aus China seine Teilhabe am größten Autohersteller in Baden-Württemberg annähernd verdoppelt. Vollzogen wurde die Aufstockung schon 2019, dazu bekannt hat sich BAIC erst jetzt. Mittlerweile liegt damit etwa ein Fünftel der Daimler-Papiere in der Hand chinesischer Großkonzerne.

Bei Daimler gab es am Montag nur Lob über den Partner zu hören. "Die Beteiligung von BAIC spiegelt das Bekenntnis zu unserer gemeinsamen erfolgreichen Allianz bei Produktion und Entwicklung im weltweit größten Pkw-Markt wider", kommentierte Daimler-Chef Ola Källenius den Schritt. Gute Miene zum bösen Spiel - oder profitiert Daimler tatsächlich von der Achse Stuttgart-Shanghai?

Warum wird die Anteilserhöhung von BAIC gerade jetzt öffentlich?

Hauptgrund für die jetzige Bekanntmachung dürfte die gerade erfolgte Abspaltung mit anschließendem Börsengang von Daimler Truck sein. Dabei haben alle Aktionärinnen und Aktionäre für zwei Daimler-Papiere einen Anteilsschein von Daimler Truck bekommen. Dadurch wären die Besitzverhältnisse bei Daimler und der konkrete Anteil von BAIC ohnehin auf den Tisch gekommen. Jetzt ist klar, BAIC hält auch 6,5 Prozent am Börsenneuling Daimler Truck. Die Spaltung ist offenbar ein willkommener Anlass für beide Seiten, ein klares Bekenntnis zu dieser sino-schwäbischen Partnerschaft abzugeben.

Bei BAIC könnte daneben noch ein strategisches Ziel hinter der Offenlegung stecken. Als größer Einzelaktionär hat der Staatskonzern ein berechtigtes Interesse an einem Sitz im Daimler-Aufsichtsrat, der einen besseren Zugang zu Insider-Informationen garantiert. Damit aus einem solchen Anspruch Wirklichkeit werden kann, müssen die Karten irgendwann auf den Tisch. Das ist am Montag passiert.

Wie groß und wie gefährlich ist der Einfluss der Chinesen bei Daimler?

Kurz gesagt: Der chinesische Einfluss ist größer, aber kaum gefährlicher als bislang bekannt. Zwar befindet sich mittlerweile ein Fünftel der Daimler-Papiere in der Hand chinesischer Großkonzerne. Zu den exakt 9,98 Prozent des staatlichen Autobauers BAIC kommen weitere 9,69 Prozent von Li Shufu, dem Eigner des konkurrierenden privatwirtschaftlichen Autoherstellers Geely.

Politisch mag dieses Szenario "zwei Großaktionäre aus China" sensibel sein. Dass daraus konkretes Handeln erwächst, Daimler zum Werkzeug fremder Interessen wird, ist Stand jetzt aber wenig wahrscheinlich. Allein deshalb, weil die beiden chinesischen Akteure selbst nicht wirklich grün miteinander sind und in der Vergangenheit selten am selben Strang gezogen haben. Die enge Zusammenarbeit zwischen Daimler und BAIC ist auch ein Stück weit als Zusammenrücken zu verstehen - gegen den gemeinsamen Gegenspieler Li Shufu. Anders als BAIC hatte sich die Geely-Mutter ihre Anteile an Daimler übrigens klammheimlich gesichert, was in Stuttgart nicht unbedingt Freudensprünge hervorgerufen haben dürfte.

Hinzu kommen zwei weitere Aspekte, die die Gefahr des chinesischen Investments bei Daimler zumindest im Fall von BAIC relativieren: Dessen Management hat sich öffentlich zu einer Vereinbarung bekannt, die Anteile an Daimler nicht weiter aufzustocken. Außerdem hat auch Daimler Möglichkeiten, auf BAIC einzuwirken. Die Zusammenarbeit ist nämlich als Kreuzbeteiligung angelegt. Daimler ist mit 9,5 Prozent an der BAIC-Tochter "BAIC-Motors" beteiligt und kann dort seinen Einfluss geltend machen.

Inwiefern profitiert Daimler von der Kooperation mit BAIC?

Daimler arbeitet schon seit vielen Jahren mit BAIC zusammen - und hat ein großes strategisches Interesse an dieser Partnerschaft. Über das Gemeinschaftsunternehmen Beijing Benz Automotiv Company, an dem Daimler 49 Prozent hält, produzieren die Konzerne gemeinsam Autos - in China für China.

Und das mit Erfolg: Allein in den ersten neun Monaten des Jahres 2021 hat das Gemeinschaftsunternehmen dort fast 600.000 Pkw abgesetzt. Viele dieser Autos kommen aus der Daimler-Oberklasse, die in China traditionell besonders gefragt ist. Die Folge sind hohe Margen und hohe Gewinne, die auf die Gesamtbilanz von Daimler einzahlen. Zunehmend wird vor Ort aber auch Kompetenz aufgebaut und BAIC ist mit seinem Know-how gerade beim Thema Elektromobilität auch technologisch ein Kooperationspartner auf Augenhöhe.

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