Mit dramatischen Worten dringt der Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung in Stuttgart, Bernhard Schneider, auf ein Corona-Konzept. Es gebe nach wie vor kein Konzept zum Schutz der Pflegeeinrichtungen. "Wir fühlen uns schutzlos dem kommenden Corona-Herbst ausgesetzt", sagte er der "Badischen Zeitung". "Uns würden alle Maßnahmen helfen, die dazu führen, dass die Inzidenzen in der Gesamtbevölkerung nicht steigen."
Schneider, dessen Stiftung einer der größten Pflegeheimbetreiber in Baden-Württemberg ist, bedauert bis heute, dass die allgemeine Impfpflicht nicht gekommen ist. Diese sei von Bundeskanzler Olaf Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (beide SPD) versprochen worden. Doch nur weil die FDP einen Kompromiss verhindert habe, gäbe es sie nun nicht. "Wenn es schon keine allgemeine Impfpflicht gibt, müsste eine massive Impfkampagne her", fordert Schneider. "Davon sehe und höre ich nichts."
Im April dieses Jahres wurde die allgemeine Impfpflicht im Bundestag abgelehnt. Wie es dazu kam, zeigt dieser SWR-Beitrag:
Schneider: Viele Pflegekräfte wollen sich kein drittes Mal impfen lassen
Weil die allgemeine Impfpflicht fallengelassen wurde, wollten sich viele Pflegekräfte trotz einrichtungsbezogener Impfpflicht nun kein drittes Mal impfen lassen, sagte er. Über das Infektionsschutzgesetz hinaus bräuchte es aus Schneiders Sicht "einen Instrumentenkasten an Maßnahmen, auf die wir jederzeit zurückgreifen können, dazu gehören das Maskentragen, Kontaktbeschränkungen und ein schlüssiges Testkonzept". Die Koalition streite aber darüber, welche Maßnahmen die richtigen sind: "Wenn es wieder Entscheidungen gibt, werden sie zu spät kommen."
Impfdurchbruch in einem Tübinger Altenheim Heimstiftung fordert Impfpflicht für Pflegekräfte
In einem Tübinger Pflegeheim sind 15 Bewohner mit Corona infiziert, weil offenbar nicht geimpfte Mitarbeiterinnen das Virus eingeschleppt haben. Die Heimstiftung reagiert. mehr...
Lauterbach warnt vor Corona-Herbst
Bundesgesundheitsminister Lauterbach ruft derweil angesichts wieder höherer Corona-Infektionszahlen zu Vorsicht auf und bereitet ein Schutzkonzept für den Herbst vor. Es sei jetzt "kein Alarm notwendig", sagte der SPD-Politiker. Es sei aber nicht so, "dass wir sorglos und ohne Gegenmaßnahmen dieser Sommerwelle begegnen können". Wer sich und andere schützen will, solle freiwillig Masken in Innenräumen tragen.
Zudem sollten vierte Impfungen "großzügiger" gehandhabt werden. Die Ständige Impfkommission empfiehlt dies generell erst ab 70 Jahren. Lauterbach kündigte an, dass er mit Justizminister Marco Buschmann (FDP) noch vor der Sommerpause Eckpunkte für künftige Regelungen im Infektionsschutzgesetz anstrebt. Sie könnten dann nach dem Sommer beschlossen werden. Die jetzigen Vorgaben laufen zum 23. September aus.
Lauterbach zur Corona-Lage Wachsam im Sommer - neue Maßnahmen im Herbst
Minister Lauterbach sieht trotz der "Sommerwelle" keinen Grund, in Panik zu geraten. Er riet aber zum Maskentragen in Innenräumen. Zugleich kündigte er mehrere neue Maßnahmen an -… mehr...
Lauterbach bedient sich mit Blick auf das Konzept für den Herbst einer Metapher. Es sollten "Winterreifen" vorbereitet werden. Und es sei klar, dass mehr gebraucht werde, als jetzt an "Sommerreifen" aufgezogen sei. Zu einem Sieben-Punkte-Plan für den Herbst soll demnach auch eine Impfkampagne mit verschiedenen Impfstoffen gehören. Ziel sei, gezielt Impflücken zu schließen, sagte Lauterbach. Einem neuen Anlauf für eine allgemeine Impfpflicht erteilte er eine Absage.
Rückkehr der Maskenpflicht ab Oktober?
Zudem werde eine Verschärfung der Maskenpflicht vorbereitet. Der Gesundheitsminister bestätigte aber noch nicht eine generelle Maskenpflicht von Oktober bis Ostern. Nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" wird diese "O-bis-O-Regelung" gegenwärtig in der Bundesregierung diskutiert. Zugleich bat Lauterbach die Bevölkerung, angesichts der aktuell steigenden Infektionszahlen, in Innenräumen schon heute Masken zu tragen.
Der SPD-Politiker sagte, er gehe zudem davon aus, dass Bürgertests auch im Sommer weiter genutzt werden könnten. Bisher ist das Angebot für alle kostenlosen Schnelltests bis Ende Juni geregelt. Kommen soll daneben ein Konzept, um den Einsatz von Medikamenten bei Erkrankten zu verbessern.
Strengere Vorschriften für Pflegeheime
Zu den Maßnahmen für Herbst und Winter zählen auch strengere Vorschriften für Pflegeheime. Lauterbach sagte, in jeder Einrichtung werde es künftig eine verantwortliche Fachkraft geben müssen, die zuständig für die Umsetzung des Hygienekonzepts und die Schließung der Impflücken sei - auch in Bezug auf die zweite Auffrischungsimpfung. Dazu werde es in Kürze einen Gesetzentwurf geben, sagte Lauterbach.
Ab September sollen zudem Daten zu freien Betten in Krankenhäusern tagesaktuell elektronisch an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt werden können. Das RKI soll die Länder zudem mit Konzepten für Tests und Maßnahmen wie Maskentragen für Schulen und Kitas unterstützen. Dabei gelte es, Schließungen mit allen Mitteln zu vermeiden, sagte Lauterbach.