Der Lehrerverband VBE (Verband Bildung und Erziehung) hat vor zu hohen Erwartungen an die geplante vollständige Öffnung der Grundschulen in Baden-Württemberg bis Ende Juni gewarnt. Es habe schon vor Corona einen Lehrermangel gegeben, sagte der Landeschef des Verbandes Bildung und Erziehung, Gerhard Brand, in Stuttgart. Wenn man jetzt die Risikogruppen im Blick behalten wolle, fehle ein weiterer Anteil von Lehrern.
VBE-Landeschef: "Können nicht den kompletten Unterricht abdecken"
"Wenn wir also von einer kompletten Öffnung sprechen, dann gehört auch zur Wahrheit, dass wir nicht komplett den Unterricht abdecken können", so Brand. Der Landeschef forderte das Land auf, es jeder Schule zu überlassen, den regulären Unterricht einschränken zu können.
Kultusministerin im Landtag: Abstandsgebote sollen wegfallen
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hatten zuletzt eine vollständige Öffnung der Kitas und Grundschulen bis Ende Juni angekündigt. Ein Regelbetrieb könne dann dort nur ohne Abstandsgebote wegen des Coronavirus stattfinden. Das hat Eisenmann am Donnerstag im Bildungsausschuss des Landtags angekündigt.
Auch ohne Abstandsregeln sei aber einiges zu beachten: Klassen und Kitakinder sollen dann dauerhaft in ihren Gruppen bleiben. Es solle keine Durchmischung geben, so die Kultusministerin. Pausen müssten dann aufeinander abgestimmt werden. An weiterführenden Schulen bleibe es bis zu den Sommerferien bei einer Mischung aus Präsenz- und Fernunterricht.
Studie: Kinder spielen als Virus-Überträger "untergeordnete Rolle"
Gestützt werden diese Lockerungen von Zwischenergebnissen einer Studie von Unikliniken zu Kindern und dem Coronavirus. Demnach spielten Kinder bis zehn Jahren als Überträger des Virus nur eine untergeordnete Rolle. "Entscheidend wird jedoch sein, dass die jeweiligen Gruppen oder Klassen untereinander bleiben und sich nicht vermischen, auch nicht in den Pausen", heißt es auf der Homepage des Kultusministeriums.
Rund 20 Prozent der Lehrer gehören laut Eisenmann zu Risikogruppen. Sie seien schwanger, über 60 Jahre alt, hätten relevante Vorerkrankungen oder lebten mit Menschen aus einer dieser Risikogruppen zusammen. Diese Lehrer könnten den Schulbetrieb aber von zu Hause aus unterstützen, etwa im Fernunterricht, so die Kultusministerin.
Nach den Sommerferien wird ein Attest benötigt
Spätestens nach den Sommerferien müssen diese Lehrer ein ärztliches Attest vorlegen, das bestätigt, dass sie etwa Vorerkrankungen haben, so Eisenmann. Das schütze die Lehrer auch vor böswilligen Unterstellungen und versachliche die Diskussion. Bei den Kitas müssten die Kita-Träger entscheiden, ob sie von ihren Erziehern, die zur Risikogruppe gehörten, Atteste verlangen wollten. Dort soll sich der Anteil der betroffenen Erzieher auf etwa 40 Prozent belaufen.