Der Verteidiger des Angeklagten, Steffen Lindberg, bestätigte auf SWR-Anfrage, dass sein Mandant bereits wieder auf freiem Fuß ist. Das zuständige Landgericht Heidelberg sagte, dass nach derzeitigem Stand kein dringender Tatverdacht gegen den Mann mehr vorliege. Daher sei die Freilassung angeordnet worden, so eine Gerichtssprecherin.
Daraus resultiert noch kein Freispruch
Nach Einschätzung des SWR-Rechtsexperten Christoph Kehlbach ist die Entlassung aus der Untersuchungshaft ein Punktsieg für den Angeklagten. Daraus resultiere aber nicht, dass am Ende des Verfahrens ein Freispruch steht. Es komme immer mal wieder vor, sagte Kehlbach, dass nach Prozessbeginn die Untersuchungshaft wieder aufgehoben wird. Denn die Erlassung zu einer U-Haft muss meist relativ schnell vom Gericht entschieden werden. Es könne da schon vorkommen, dass während der weiteren Ermittlungen diese wieder aufgehoben wird. Denn schließlich dient sie nur dazu, das Hauptverfahren zu sichern, damit der Angeklagte also beispielsweise nicht flüchten kann.
So berichtete das SWR-Fernsehen am 5.10.2021 über die Freilassung des Angeklagten:
Staatsanwaltschaft Heidelberg über die Freilassung
Die Staatsanwaltschaft Heidelberg will auf SWR-Anfrage die Entscheidung des Landgerichts nicht kommentieren - aus Respekt vor dem Gericht und weil es sich weiterhin um ein laufendes Verfahren handelt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Prozess ganz normal zu Ende gehen wird. Zudem befinde man sich noch in der Beweisaufnahme, so die Staatsanwaltschaft. Für den Angeklagten sei dies natürlich ein großer und wichtiger Schritt, aus juristischer Sicht sei aber noch überhaupt nichts entschieden.
Neues Gutachten gibt Grund zur Freilassung
Mit ausschlaggebend für die Aufhebung des Haftbefehls sei ein neues Gutachten gewesen, so Verteidiger Steffen Lindberg. Zu den Details machte er aber keine Angaben. Da der Haftbefehl gegen den Angeklagten aufgehoben ist, sei er zudem nicht dazu verpflichtet, sich regelmäßig bei der Polizei zu melden, so Lindberg.
Verteidiger fordern Freispruch
Der Prozess geht nach Angaben des Landgerichts an diesem Freitag (8.10.) weiter. Das müsse auch so sein, sagte Verteidiger Steffen Lindberg. Denn das Verfahren wurde bereits eröffnet und muss nun auch beendet werden.
"Die Zielsetzung der Verteidigung ist ein Freispruch."
Beim Prozessauftakt am 8. September hatte der gelernte Elektriker aus Ulm jeden Zusammenhang mit den explosiven Paketen bestritten.
Staatsanwaltschaft warf Angeklagtem vor, Geld erpressen zu wollen
Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten beim Prozessauftakt das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, gefährliche Körperverletzung und versuchte schwere Körperverletzung vor. Sie ging bislang davon aus, dass er die Sprengvorrichtungen selbst gebaut hat. Er habe Geld von den Firmen erzwingen wollen.
Erste Paketbombe kam in Eppelheim an
Die Serie der explosiven Postsendungen hatte am 16. Februar in Eppelheim (Rhein-Neckar-Kreis) begonnen. Dort war in der Warenannahme des Aromaherstellers ADM Wild ein Mann durch eine Verpuffung verletzt worden, als er ein Paket annahm. Am Folgetag kam es beim Öffnen eines Briefes in der Lidl-Zentrale in Neckarsulm (Kreis Heilbronn) zu einer Explosion mit drei Verletzten. Ein drittes Paket, das an den Babynahrungshersteller Hipp im oberbayerischen Pfaffenhofen an der Ilm adressiert war, wurde in einem Paketverteilzentrum am Flughafen München abgefangen.