Die AfD-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg muss wegen einer umstrittenen Werbekampagne vor der Bundestagswahl 2017 vorerst keine Fraktionsgelder zurückzahlen. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat einer Klage der Partei gegen eine Rückforderung der Landtagsverwaltung von mehr als 11.000 Euro stattgegeben. Konkret geht es um eine Kampagne, die auf dem Stuttgarter Pragsattel auf einer Videoleinwand gezeigt wurde. Dabei wurde etwa der damalige Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) als Gollum aus dem Fantasy-Klassiker "Herr der Ringe" verballhornt.
Steuergelder als Wahlkampfhilfe? Landtag will Geld zurück: Gericht verhandelt über Klage der AfD
Ein Gericht verhandelt über eine Klage der AfD-Fraktion gegen die Landtagsverwaltung BW. Der Landtag fordert über 11.000 Euro wegen unzulässiger Wahlwerbung zurück. mehr...
Keine rechtliche Grundlage für Rückforderung per Bescheid
Zur Begründung nannte das Gericht eine Gesetzeslücke. Es fehle an der Kompetenz, den Anspruch durch einen Verwaltungsakt geltend zu machen. So eine Vorschrift lasse sich im Land weder im Fraktionsgesetz noch in einer anderen Regelung erkennen.
Der Landtag hatte die Rückzahlungsforderung damit begründet, dass die AfD Fraktionsgelder unzulässigerweise für Wahlwerbung eingesetzt habe. Denn grundsätzlich dürfen die Mittel der Landtagsfraktionen, die aus Steuergeldern stammen, nicht für Parteizwecke eingesetzt werden, also auch nicht für Wahlwerbung. Statt der Forderung per Bescheid hätte die Landtagsverwaltung die Rückzahlung eher einklagen müssen, sagte ein Sprecher gegenüber dem SWR.
Klage könnte noch Thema beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim werden

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim zugelassen.
Ein Sprecher des Landtags sagte, die Entscheidung des Gerichts werde bedauert. Der Landtag werde nach Bekanntgabe der genauen Urteilsgründe prüfen, ob er in Berufung gehe oder wie zu verfahren sei.
"Ausweislich der heute veröffentlichten Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts scheint es für alle Beteiligte überraschende rein formale Gründe gegeben zu haben."
AfD-Reaktion: Kampagne sollte Bürgerinnen und Bürger informieren
In ihrem Rückforderungsbescheid hatte die Landtagsverwaltung unter anderem moniert, dass in der damaligen Aktion keine Botschaft zur Landespolitik zu erkennen sei. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hatte die Kampagne als Verstoß gegen das Fraktionsgesetz gewertet und den Rechnungshof um eine Sonderprüfung gebeten.
Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch ebenfalls ein Urteil rund um die AfD gefällt:
Bundesverfassungsgericht Merkel-Äußerung hat Rechte der AfD verletzt
In ihrer Rolle als Bundeskanzlerin hätte Merkel sich 2020 nicht negativ über die Wahl des thüringischen Ministerpräsidenten äußern dürfen, urteilt das Bundesverfassungsgericht und… mehr...
Die AfD hatte den Vorwurf der unzulässigen Wahlwerbung zurückgewiesen. Zur Entscheidung hieß es jetzt:
"Die beanstandete Kampagne vermittelte unsere politischen Standpunkte und diente damit der Information der Bürger."
Mit den Inhalten der Werbekampagne und ihrer Zulässigkeit setzte sich das Verwaltungsgericht allerdings gar nicht auseinander.
SPD will Wiederholung in Zukunft verhindern
SPD-Fraktionschef Andreas Stoch sagte, die AfD habe keinen Grund zum Jubeln. Nun müsse man die schriftliche Urteilsbegründung abwarten. "Dann müssen gegebenenfalls die demokratischen Fraktionen im Landtag dafür sorgen, dass die vom Verwaltungsgericht Stuttgart bemängelte Gesetzeslücke geschlossen wird und es sich nicht wiederholt, dass die AfD unzulässige Wahlwerbung auf Kosten des Steuerzahlers produziert."
Die Grünen wollen auch beim aktuellen Urteil nicht locker lassen: "Nach unserer Einschätzung hat das Gericht lediglich entschieden, dass der beschrittene juristische Weg nicht der Richtige ist", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Daniel Lede Abal. Für den Landtag bestehe weiterhin die Möglichkeit, die Mittel von der AfD auf andere Weise einzutreiben. "Ich gehe jedoch davon aus, dass der Landtag, nachdem er die Entscheidung geprüft hat, einen neuen Anlauf nimmt. Denn die Verwaltung hat das gute Recht, alle Mittel auszuschöpfen und die verwendeten Gelder zurückzufordern."