Nach sechseinhalb Jahren an der AfD-Spitze ist nun Schluss: Jörg Meuthen hat sich entschieden, nicht noch einmal für den Parteivorstand zu kandidieren. Das interne Rundschreiben an die Parteimitglieder liegt dem ARD-Hauptstadtstudio vor.
Meuthen will "Stimme weiter hörbar einsetzen"
Er habe sich nach intensiven Überlegungen und Gesprächen mit seiner Familie entschlossen, bei der Neuwahl des Parteivorstandes im Dezember nicht mehr für den Spitzenposten zu kandidieren, so Meuthen. Der 60-Jährige teilt sich den Vorsitz aktuell mit Tino Chrupalla, der gemeinsam mit Alice Weidel die Bundestagsfraktion führt. Er werde seine politische Arbeit aber fortsetzen und seine "Stimme hörbar einsetzen", fügte Meuthen in seinem Brief hinzu.
Viele Spannungen innerhalb der AfD
In den vergangenen zwei Jahren hatte sich Meuthen für einen gemäßigteren Kurs der AfD eingesetzt und sich damit Feinde in der Rechtsaußen-Strömung der Partei gemacht. Der Co-Parteivorsitzende Tino Chrupalla kommentierte Meuthens Rückzug dementsprechend knapp: Das sei eine persönliche Entscheidung, sagte Chrupalla der Deutschen Presse-Agentur. Das Verhältnis zwischen den beiden war zuletzt sehr angespannt.
Weidel nimmt Ankündigung Meuthens "mit Respekt zur Kenntnis"
Politikerinnen und Politiker aus Baden-Württemberg reagierten bereits auf Meuthens Ankündigungen, nicht mehr für den AfD-Parteivorsitz kandidieren zu wollen. Linken-Chef Bernd Riexinger aus dem Wahlkreis Stuttgart schreibt auf Twitter, er wolle, "dass die rassistische #AfD insgesamt nicht mehr in Parlamenten sitzt":
"Jörg Meuthens Entscheidung nehme ich mit Respekt zur Kenntnis", so Weidel. "Viele Jahre hat er die AfD als Bundesvorsitzender mitgeprägt und diverse Stürme überstanden." Dass Meuthen nun mehr Zeit der Familie widmen wolle, könne sie verstehen.
Abgeordneter im EU-Parlament
Jörg Meuthen sitzt aktuell als zuständiger Abgeordneter für Baden-Württemberg im Europaparlament. Dort ist er stellvertretender Vorsitzender der Fraktion für Identität und Demokratie, Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung sowie Teil der Delegation für die Beziehungen zu Südafrika.
Meuthen ist eines der prägenden Gesichter der AfD, auch im Land. Er war unter anderem Landessprecher und saß als Abgeordneter im baden-württembergischen Landtag.
Ab 1997 war Meuthen Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl und als Dozent auch an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Baden tätig. Seit seiner Wahl in den baden-württembergischen Landtag 2016 war er dort jedoch beurlaubt.
Neuer AfD-Vorstand wird Mitte Dezember gewählt
Die AfD will ihren neuen Parteivorstand auf einem zweitägigen Bundesparteitag in Wiesbaden wählen, der für den 11. Dezember geplant ist. Meuthen schreibt dazu: Er wünsche den Delegierten auf dem Bundesparteitag eine glückliche Hand bei der Wahl der neuen Parteispitze.