Wartezimmer einer Arztpraxis, Sprechstundenhilfe und Patienten. Geschäftsmodell Gesundheit: Warum Investoren Arztpraxen kaufen und zu MVZ umwandeln (Foto: IMAGO, IMAGO / Jochen Tack)

Rund 100 Praxen beteiligt

Ärzte in BW protestieren gegen Abschaffung der "Neupatientenregelung"

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Der Ärzteverband MEDI hatte zum Protest gegen die Abschaffung der sogenannten Neupatientenregelung aufgerufen. Mehr als 100 Praxen in Baden-Württemberg blieben daher am Mittwoch geschlossen.

Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Baden-Württemberg haben am Mittwoch gegen die Abschaffung der "Neupatientenregelung" protestiert. Diese gilt erst seit drei Jahren und besagt, dass Ärztinnen und Ärzte einen finanziellen Anreiz für die Aufnahme neuer Patienten und Patientinnen in ihre Praxis bekommen.

Lauterbach will Neupatientenregelung abschaffen

Doch dieser Anreiz soll jetzt wieder wegfallen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die "Neupatientenregelung" abschaffen, um die Krankenkassen finanziell zu entlasten. Wenn das passiere, warnen Ärztinnen und Ärzte, sei die ambulante Versorgung in Gefahr. Patientinnen und Patienten müssten sich dann auf noch längere Wartezeiten und Aufnahmestopps einstellen.

Ärzte sehen ambulante Versorgung in Gefahr

Für den Ärzteverband MEDI Baden-Württemberg sind die Pläne des Gesundheitsministers unverständlich. Die Praxen hätten mit den neu aufgenommenen Patientinnen und Patienten Arbeit, die auch bezahlt werden müsse, sagte MEDI-Vorstandsmitglied Michael Eckstein dem SWR. Er befürchtet, dass Kranke wieder länger auf Termine warten müssen, wenn die Gesetzesänderung kommt.

Verband ruft zu Protest auf

Der Verband hatte daher Ärztinnen und Ärzte im Land zum Protest aufgerufen. Sie sollten ihre Praxen am Mittwoch ganz schließen oder nur einen Notbetrieb aufrechterhalten. Stattdessen bot der Verband eine ganztägige Online-Fortbildung an, an der sich laut einer MEDI-Sprecherin rund 100 Praxen beteiligen wollten.

Hausarzt in Königheim: Leistung wird nicht mehr vergütet

Auch die Praxis von Hausarzt Sebastian Gerstenkorn in Königheim (Main-Tauber-Kreis) blieb den ganzen Tag geschlossen. Er ist der Sprecher der Kreisärzteschaft Tauberbischofsheim. Für ihn ist der Protest wichtig. Denn obwohl seine Praxis regelmäßig voll ist, werde nicht nach Leistung vergütet, so der Mediziner. Wie seine Kollegenschaft auch, muss er mit einem bestimmten Budget auskommen. Bei neuen Patientinnen und Patienten sei der Aufwand höher, weil man erst die Patientenakten anlegen und extra Untersuchungen machen müsse. Wenn die "Neupatientenvergütung" wegfällt, wird dieser Mehraufwand nicht mehr bezahlt.

HNO-Praxen im Bodenseekreis beteiligten sich

Im Bodenseekreis beteiligten sich die meisten Praxen der Hals-Nasen-Ohrenärzte an dem Protest und blieben zu. Die geplante Streichung der "Neupatientenregelung" betreffe alle Fachrichtungen, die HNO-Ärzte aber besonders, sagte Hermann Zwisler, der Landesvorsitzende der HNO-Ärzte Württemberg, dem SWR. Sie haben laut Zwisler durch Corona besonders viele und eben auch neue Patientinnen und Patienten zu versorgen.

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