Das vergünstigte Nahverkehrsticket "9 für 90", mit dem die Bundesregierung Pendlerinnen und Pendler angesichts hoher Spritpreise entlasten will, könnte auch im Bahnverkehr in Baden-Württemberg zu Problemen führen. Übervolle Züge drohten vor allem auf bei Touristen beliebten Strecken, auf denen es zudem keine Fernverkehrszüge als Alternative gibt, sagt der Vorsitzende des Landesverbandes Baden-Württemberg von PRO BAHN, Stefan Buhl.
Dazu zählen vor allem die Schwarzwaldbahn zwischen Offenburg (Ortenaukreis) und Singen (Kreis Konstanz), die Gäubahn zwischen Stuttgart und Singen sowie die Bodenseebahn. Die Strecken seien auch deshalb anfällig für eine Überlastung, weil viele Fahrgäste in den Zügen Fahrräder mitführten. So bleibe wenig Platz für zusätzliche Passagiere, die wegen des vergünstigten Tickets zu erwarten sind.
PRO BAHN BW: Keine kurzfristige Lösung in Sicht
Dem Fahrgastverband zufolge gebe es keine realistischen Maßnahmen, um die übervollen Züge zu vermeiden. Dazu bräuchte es mehr Personal und mehr Züge, beides sei in der Kürze der Zeit nicht auf die Beine zu stellen, meint der Landesvorsitzende Stefan Buhl. Das 9-Euro-Ticket soll vom 1. Juni an für drei Monate gelten.
Eine Aufstockung der auf touristischen Strecken eingesetzten Regionalzüge hatte zuvor der Ehrenvorsitzende von PRO BAHN, Karl-Peter Naumann, in einem Pressestatement gefordert. In einem Interview mit der "Rheinischen Post" begrüßte er grundsätzlich die Einführung des vergünstigten Tickets - forderte aber eine Ausweitung auf den Fernverkehr. Auch Fernpendlerinnen und -pendler seien von den gestiegenen Treibstoffpreisen betroffen, profitierten aber nicht vom 9-Euro-Ticket.
Hermann fordert zusätzlich Stärkung des Nahverkehrs
Bereits am Dienstag hatten Bund und Länder über die Finanzierung des Pakets verhandelt. Der Bund will die Kosten für das Ticket zwar übernehmen - Schätzungen des Bundesverkehrsministeriums gehen von 2,5 Milliarden Euro aus. Die Länder fordern darüber hinaus aber weitere finanzielle Mittel für den Nahverkehr. Der Deutschen Presse-Agentur zufolge geht es um einen Betrag von insgesamt 5,6 Milliarden Euro. Darin enthalten sollen, neben den Kosten für das 9-Euro-Ticket, auch Unterstützungsleistungen für die Verkehrsunternehmen sein, die unter den gestiegenen Energiepreisen leiden.
Kritik an Ampel-Plänen BW-Verkehrsminister fordert kostenlosen ÖPNV für drei Monate
Die Bundesregierung will die Bürger mit einem ÖPNV-Monatsticket für neun Euro entlasten. Minister Hermann (Grüne) hält das für wenig praktikabel und sieht BW benachteiligt.
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sprach von einem "Stärkungspaket für den Nahverkehr". Mit dem Geld solle vermieden werden, dass die Preise für den Nahverkehr im Herbst nach Auslaufen des 9-Euro-Tickets nach oben schießen. Auch um Marktaustritte von Verkehrsunternehmen und damit eine dauerhafte Schwächung des Öffentlichen Personennahverkehrs zu vermeiden, brauche es jetzt zusätzliche Bundesmittel.
Mitte Mai sollen sich Bundesrat und Bundestag mit den gesetzlichen Änderungen befassen, die nötig sind, damit das 9-Euro-Ticket am 1. Juni starten kann.