Kunden stehen in einer Schlange unter einem Hinweißschild für das 9-Euro-Ticket im Reisezentrum der Deutschen Bahn im Berliner Hauptbahnhof. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Carsten Koall)

Tickets mit Tücken

9-Euro-Ticket: Fahrgäste aus BW berichten von Problemen mit Abokarten

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Berkan Cakir

Viele Monats- und Firmentickets gelten als 9-Euro-Ticket. Fahrgäste aus BW berichten allerdings: In anderen Bundesländern akzeptiert mancher Kontrolleur die Fahrkarte nicht.

Mit dem Monats- oder Firmenticket aus Baden-Württemberg durch ganz Deutschland reisen? Seit dem 1. Juni ist das bis Ende August möglich. Denn in dieser Zeit gelten viele Abo-Fahrkarten als 9-Euro-Ticket, womit auch Abokunden für neun Euro monatlich bundesweit den ÖPNV nutzen können. In der Praxis stoßen vereinzelt Fahrgäste bisher allerdings auf Hürden, insbesondere bei Kontrollen in anderen Bundesländern.

Baden-Württemberg

Gültig von Juni bis Ende August Das Wichtigste zum 9-Euro-Ticket in Baden-Württemberg: Fragen und Antworten

Viele haben das 9-Euro-Ticket schon gekauft - ab Mittwoch können sie es auch nutzen. Ein Überblick, was Verbraucherinnen und Verbraucher erwartet.

Das Problem: "Man sieht manchen Karten nicht an, ob sie als 9-Euro-Ticket gültig sind", erklärt Stefan Buhl vom Fahrgastverband Pro Bahn in Baden-Württemberg dem SWR. Bundesweit gebe es einen "bunten Strauß an hundert verschiedenen Formaten", die von gewöhnlichen Fahrscheinen über Chipkarten bis hin zu Online-Tickets reichten. "Es ist völlig unmöglich, das alles zu kontrollieren", sagt Buhl.

Busfahrer aus Bayern lehnt Abokarte aus BW ab

Wie das in einem ungünstigen Fall laufen kann, erlebte ein Fahrgast aus Baden-Württemberg im Nachbarland Bayern. Am 1. Juni habe er dort in ländlicher Region mit seiner Polygo-Karte in einen Bus steigen wollen, erzählt er. Die Polygo-Karte, die in der Region Stuttgart genutzt wird, gilt laut Angaben des Verkehrsverbunds VVS als 9-Euro-Ticket. Der Busfahrer in Bayern habe allerdings mit der Karte nichts anfangen können, als sie ihm vorgezeigt wurde - er habe sie nicht gekannt.

Der Rat des Busfahrers: Der Fahrgast solle eine Stunde auf den nächsten Bus warten und im Büro des zuständigen Verkehrsverbunds klären, ob die Polygo-Karte gültig sei. Der Mann aus Baden-Württemberg kaufte stattdessen das 9-Euro-Ticket, und durfte mitfahren.

Fahrgastverband: 9-Euro-Ticket ist nicht durchdacht

Fälle wie dieser würden sicher nicht massenhaft vorkommen, betont Stefan Buhl. Er spricht von "Einzelfällen". Allerdings demonstriere das Beispiel, dass im Vorfeld wenig über die praktische Umsetzung des 9-Euro-Tickets nachgedacht worden sei.

Alle Informationen zum günstigen 9-Euro-Ticket finden Sie auch in diesem Film von SWR Aktuell:

Bürokratische Hürden für Studierende

Das zeigt sich auch bei Studentinnen und Studenten in Baden-Württemberg. Viele nutzen während des Semesters ein Fahrticket für Studierende. Mittlerweile ist zwar klar, dass beispielsweise das Studi-Ticket des VVS als 9-Euro-Ticket gilt. Die Studierenden aus dem Stuttgarter Raum erhielten die Bestätigung aber erst Ende Mai - manche hatten sich da bereits das 9-Euro-Ticket gekauft. Zudem gibt es eine bürokratische Hürde: Das bereits gezahlte Geld für das Studi-Ticket wird nur erstattet, wenn die Studierenden einen Antrag dafür stellen.

Und auch im studentischen Umfeld äußern viele in den sozialen Netzwerken die Sorge, was passiert, wenn das Studierenden-Ticket bei der Reise nicht anerkannt wird. Denn selbst da gibt es verschiedene Varianten - beispielsweise für Münchner Studierende gilt der herkömmliche Studentenausweis als 9-Euro-Ticket. Sind die Kontrolleure in Baden-Württemberg auf die Vielzahl an Fahrscheinen vorbereitet?

Ja, sagt Ulrich Weber, Landeschef des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) in Baden-Württemberg. Alle Abos im Bundesgebiet könnten einem Fahrkartenkontrolleur zwar nicht bekannt sein. Zwischen Bund, Ländern und dem VDV sei aber vereinbart worden, "dass Fahrkartenkontrollen kundenfreundlich vorzunehmen sind." Viele Unternehmen hätten ihr Kontrollpersonal entsprechend angewiesen.

Ein Mitarbeiter der DB Deutschen Bahn kontrolliert in einem RE Regionalexpress die Fahrscheine von Reisenden. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Philipp von Ditfurth)
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen in Baden-Württemberg hält die Fahrkartenkontrolleure an, Abokarten "kundenfreundlich" zu kontrollieren.

Verkehrsverband: Kontrollen kundenfreundlich vornehmen

Weber räumt ein, dass vereinzelt Situationen auftreten könnten, in denen Kontrolleure ihnen bislang nicht bekannte Abokarten aus anderen Landesteilen hinterfragen.

"Wir gehen davon aus, dass sich das aber einspielen wird."

Grundsätzlich sollte zumindest der auf Chipkarten gespeicherte Code auch für andere Verkehrsunternehmen die nötigen Ticket-Informationen enthalten. Zahlreiche Unternehmen hätten zudem ihren Abokunden separate Schreiben ausgestellt, die die Gültigkeit als 9-Euro-Ticket bestätigten. Diese könnten bei Kontrollen vorgezeigt werden.

SSB will im Zweifel zugunsten der Fahrgäste entscheiden

Die Verkehrsverbunde in Baden-Württemberg wollen sich bei Kontrollen zunächst tolerant zeigen. Von Seiten der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) heißt es gegenüber dem SWR: "Sollten im Einzelfall Zweifel an der Gültigkeit eines Produktes als 9-Euro-Ticket bestehen, wird die SSB vor allem in der Anfangsphase zugunsten der Fahrgäste entscheiden und sich um Klärung, also Wissensaufbau, bemühen."

VAG in Freiburg: Zur Not greifen Kontrolleure zum Smartphone

Ähnlich will das Freiburger Verkehrsunternehmen (VAG) vorgehen. "In Freiburg muss sich niemand, der ein gültiges Ticket dabei hat, Sorgen machen. Unser Prüfpersonal wurde auf die Situation eingestellt und entsprechend geschult", heißt es. Im Zweifelsfall würde ein Kontrolleur zum Smartphone greifen - und die Informationen zum fraglichen Ticket online einholen.

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