SWR Aktuell: Zwischen dem badischen und dem württembergischen Landesteil spürt man eine Rivalität bis heute. Symbolisch wirkt eine Veranstaltung zum Landesjubiläum, bei der sich badische Vertreter unterrepräsentiert fühlten. Wir wollen jetzt nicht ins Detail gehen, vor allem weil schon an einer gemeinsamen Lösung gearbeitet wird. Zeigt das trotzdem, dass die Landesteile immer noch nicht zusammengewachsen sind?
Muhterem Aras: Ich würde sagen, die Landesteile sind sehr wohl sehr gut zusammengewachsen. Das zeigt auch die Stärke des Landes Baden-Württemberg. Viele andere im Bundesgebiet und auch in Europa schauen neidisch auf uns, was wir in den letzten 70 Jahren geschaffen haben. Die Geburtsstunde dieses Landes war nicht einfach. Wir standen vor großen Herausforderungen. Es gab auch heftige Debatten. Aber letztendlich zeigt dieses 70-Jahres-Jubiläum, dass es eine Erfolgsgeschichte war. Wir können sehr stolz auf unser Bundesland Baden-Württemberg sein - und zwar auf alle Teile des Landes.
Inzwischen wohne ich in Rheinland-Pfalz, habe aber früher in Karlsruhe gewohnt. Da haben die Badener doch schon sehr über die Schwaben gelästert. Ist das wie in anderen Bundesländern eine spielerische Rivalität oder gibt es immer noch einen ernsten Kern?
Ich glaube, da ist viel spielerischer Humor dabei. Nicht jeder Streit ist negativ - Streit kann ja auch etwas Positives - neue Energie - hervorrufen. Wenn also der Streit dazu führt, dass jeder Landesteil mit den anderen konkurriert, beispielsweise die Stuttgarter wollen Spitzenreiter sein, die Karlsruher wollen aber noch besser sein, dann profitieren wir doch insgesamt als Land. Damit kommt Baden-Württemberg insgesamt nach vorn. Daher finde ich: Solange man zivilisiert streitet und auch ein bisschen Augenzwinkern dabei ist, ist alles in Ordnung.
Diese anfeuernde Konkurrenz, die Sie gerade beschrieben haben, das ist das eine. Aber so etwas kann ja auch irgendwann ins Negative umschlagen, zum Beispiel wenn es um Fördergeld geht. Wie verhindert man das?
Ich glaube, bei den Fördergeldern gibt es ganz klare Kriterien. Da gibt es Regelungen, die eingehalten werden. Es ist wichtig, dass alle Landesteile die gleichen Lebensbedingungen haben - das ist uns wichtig. Deshalb ist Baden-Württemberg so stark, weil wir in allen Regionen auch Infrastruktur haben. In manchen gibt es noch Nachholbedarf - das ist gar keine Frage. Aber nicht umsonst haben wir in allen Landesteilen Weltmarktführer. Das spricht doch für dieses Land. Im Übrigen ist Baden-Württembergs Stärke ja auch die regionale Vielfalt, die kulturelle Vielfalt. Das ist wirklich der rote Faden der Geschichte unseres Landes. Daher sehe ich da kein Problem.
Im Übrigen: Auch wenn wir zwischendurch mal positiv streiten - wenn es um die großen Themen geht, um Herausforderungen wie zum Beispiel den Klimawandel, Fragen zu Frieden und Krieg oder zu Europa, da ziehen die Baden-Württemberger an einem Strang, und zwar alle Landesteile. Darauf können wir wirklich stolz sein.
Zum Schluss, wenn Sie es in einem Satz zusammenfassen müssten, was ist die baden-württembergische Identität?
Das ist der Liberalismus, Vielfalt, Weltoffenheit, Innovation und wirtschaftliche Stärke. Die Baden-Württemberger packen es an, sie ziehen an einem Strang und sind deshalb ein unglaublich starkes Land, auf das wir alle stolz sein können.