Ein Kugelschreiber liegt auf der ersten Seite der Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) der Postbank.  (Foto: dpa Bildfunk, Uli Deck)

Tausende Kunden betroffen

Neue AGB-Regelung: Was tun, wenn die Bank einfach kündigt?

Stand
AUTOR/IN
Christoph Mautes

Einige Banken kündigen aktuell tausenden Kunden, weil sie den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht aktiv zustimmen. Auch ein Fall in Baden-Württemberg sorgt für Diskussionsstoff.

Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von 2021 müssen Kunden von Banken explizit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zustimmen - auch jeder relevanten Änderung der AGB oder der Preise. Viele Banken versuchen seitdem vergeblich, die Zustimmung aller Kunden zu bekommen. Einige Institute greifen deshalb inzwischen zu drastischen oder zumindest fragwürdigen Mitteln. Auch im Südwesten.

Was kann ich tun, wenn meine Bank mit Kündigung droht?
Ist die Nutzung meines Kontos schon eine Zustimmung?
Können Banken Teile des Vertrags kündigen?

Banken drohen mit Kündigung

So hatte bereits im vergangenen Oktober die Sparkasse Nürnberg laut "Handelsblatt" 10.000 Kunden die Kündigung angedroht. Ähnlich verfuhren kürzlich demnach die Sparkassen in Hannover und Köln.

Auch Commerzbank und ING DiBa schließen auf SWR-Anfrage zukünftige Kündigungen nicht aus, sollten Kunden ihre Zustimmung zu den AGB nicht erteilen.

Die meisten Banken, auch in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, setzen aber vorerst weiter auf erneute Ansprache der Kunden und bitten sie weiter um Zustimmung. Die Rheinhessen-Sparkasse etwa betont, man wolle Kündigungen aufgrund fehlender Rechtsgrundlagen vermeiden. Kunden könnten jederzeit den AGB noch zustimmen.

Was kann ich tun, wenn meine Bank mit Kündigung droht?

Wenn man den neuen Geschäftsbedingungen doch noch zustimmt, zeigen sich viele Banken nach eigenen Angaben kulant und nehmen die Kündigung zurück. Beharrt man als Kunde aber auf der Ablehnung, wird es schwierig.

"Ich kann immer prüfen, ob eine Kündigung überhaupt wirksam ist", sagt David Bode vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Dafür müsse der Vertrag eine wirksame Kündigungsklausel enthalten. Außerdem dürfe die Bank eine Kündigungsfrist von zwei Monaten nicht unterschreiten. Ist beides gegeben, hätten die Kunden aber schlechte Karten gegen eine Kündigung vorzugehen, so Bode.

Etwas anders sei die Lage bei Sparkassen. "Die haben einen öffentlichen Versorgungsauftrag", so Bode. Deshalb müsse bei einer Kündigung ein sachgerechter Grund vorliegen: "Ob der bei nicht-Zustimmung zu den AGB gegeben ist, darüber lässt sich natürlich trefflich streiten und es hängt auch vom Inhalt der Änderungen sowie der Art und Weise der Zustimmungsbitte ab."

Banken holen sich die Zustimmung zu AGB auf anderen Wegen

Die meisten Banken hätten kein Interesse daran, viele Kunden zu verlieren.

"Einige Geldhäuser werden deshalb richtig kreativ, um sich die Zustimmung der Kunden zu holen."

Wie das aussieht, sagt Bode auch: "Wir hatten zum Beispiel den Fall von Überweisungsträgern einer Sparkasse, wo im Kleingedruckten steht, dass man mit Unterschrift den AGB und Preisen zustimmt. Bei anderen Banken öffnet sich beim Login im Online-Banking ein Popup, das nur verschwindet, wenn man den neuen Geschäftsbedingungen zustimmt oder diese ablehnt."

Banken durch BGH-Urteil im Zugzwang

Die Banken sind auf die Zustimmung der Kunden angewiesen. Durch das BGH-Urteil sind sie gezwungen, diese einzuholen, betont der zuständige Verband: "Die Kreditinstitute bitten ihre Kunden […] um Bestätigung der AGB, um eine rechtssichere Vertragsgrundlage wiederherzustellen. Ferner führt die BGH-Rechtsprechung dazu, dass laufend und auch zukünftig eine aktive Mitwirkung des Kunden (Zustimmung) erforderlich ist, wenn es um eine wesentliche Vertragsanpassung geht. Kunden müssen das Vertragsverhältnis also immer wieder ausdrücklich bestätigen." Das Problem wird die Kundinnen und Kunden also wohl dauerhaft begleiten.

Ist die Nutzung meines Kontos schon eine Zustimmung?

Verbraucherschützer beobachten inzwischen vermehrt ein anderes Vorgehen: Banken warnen noch einmal schriftlich. Wenn der Kunde dann das Konto weiter nutzt, geht die Bank einfach von dessen Zustimmung aus.

Ein derartiges Vorgehen planen wohl auch viele Sparkassen in Baden-Württemberg. Gut 95 Prozent der Kunden hätten ihre Zustimmung bereits erteilt, so ein Sprecher des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg gegenüber dem SWR. Der Großteil der Sparkassen im Verband werde die restlichen Kunden noch einmal anschreiben oder habe das bereits getan. Darin werde mitgeteilt, dass eine weitere Nutzung des Kontos als "implizite Zustimmung" gewertet werde.

Verbraucherzentralen kündigen rechtliche Schritte an

Die Verbraucherzentralen sehen darin ein rechtswidriges Vorgehen. In Baden-Württemberg habe es ähnliche Fälle bereits gegeben, heißt es aus der hiesigen Verbraucherzentrale. Weitere Schritte behalte man sich vor:

"Wenn von den Banken weiterhin eine reine Nutzung als Zustimmung zu AGB-Änderungen gewertet wird, werden wir das prüfen und gegebenenfalls dagegen vorgehen müssen."

Auch in anderen Bundesländern gab es solche Fälle bereits. Gegen die Sparda Bank Hannover hat das dortige Oberlandesgericht erst kürzlich einer einstweiligen Verfügung wegen eines solchen Vorgehens stattgegeben.

Können Banken Teile des Vertrags kündigen?

Einige große Bankhäuser, etwa die DKB, Commerzbank oder die ING DiBa kündigten auf SWR-Anfrage an, dass sie nicht das gesamte Vertragsverhältnis, sondern nur Teile davon kündigen würden. Denkbar wäre beispielsweise, dass Kreditkarten oder der Dispo-Rahmen auf dem Konto nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr nutzbar wären.

David Bode vom Verbraucherzentrale Bundesverband sieht auch darin ein möglicherweise problematisches Verhalten der Banken: "Grundsätzlich ist der Vertrag so zu halten, wie er geschlossen wurde. Ob das Streichen von Einzelleistungen rechtlich zulässig ist, müsste man im Einzelfall anschauen."

Bundesweit sind wohl hunderttausende Bankkunden betroffen. Größere Wellen von Kündigungen oder Teilkündigungen sind in den kommenden Monaten daher nicht auszuschließen. Auch wenn das bislang keines der von uns befragten Geldhäuser so bestätigen will.

Konsequenzen einer Konto-Kündigung: Negativer Schufa-Eintrag?

Nach Angaben einer Sprecherin der Auskunftei Schufa melden es Banken dem Unternehmen, wenn ein Konto gekündigt wurde. Dafür spielt es keine Rolle, ob die Bank oder der Kunde das Konto aufgelöst hat. Auch eine Kündigung wegen nicht akzeptierter AGB würde der Schufa gemeldet. Das allein zieht aber keine negative Bewertung nach sich.

Trotzdem ist nicht ausgeschlossen, dass eine Kontokündigung sich nachteilig auswirken kann: Und zwar dann, wenn es das einzige Konto des Kunden war und der Schufa aufgrund der Kündigung weniger Daten zur Verfügung stehen, um die Kreditwürdigkeit des jeweiligen Kunden zu beurteilen.

Mehr zum Thema Banken und Verbraucherschutz

Ärmere zahlen deutlich mehr Basiskonto: Verbraucherschützer fordern Preisbremse

Egal, ob Becker oder Bohlen: Jeder hat Anspruch auf ein Girokonto. Doch die Gebühren für dieses Basiskonto sind deutlich gestiegen. Verbraucherschützer fordern nun Preisvorgaben.

SWR Aktuell am Morgen SWR Aktuell

Stand
AUTOR/IN
Christoph Mautes