Die Corona-Krise ist noch nicht ausgestanden, unsere Batterien sind leer, unsere seelische Widerstandskraft ist erschöpft und dann bahnt sich die nächste Krise an. Der Krieg in der Ukraine weckt jede Menge ungute Gefühle wie Ohnmacht, ein ausgeliefert sein, Ängste vor einer unberechenbaren Bedrohung oder Folgen für uns in Deutschland, sagt SWR4 Psychologin Felicitas Heyne.
Hinzu kommt, dass uns diese schlechten Gefühle mit unserer Sterblichkeit und Verwundbarkeit konfrontieren. Und daran wollen wir besser nicht erinnert werden.
Menschen, die Krieg erlebt haben, trifft es besonders
Besonders schlimm seien solche Nachrichten aus Russland und der Ukraine "für die ältere Generation, für diejenigen, die Krieg oder die Nachkriegszeit selbst erlebt haben oder das sehr deutlich kennen aus Erzählungen ihrer Eltern oder Großeltern", sagt Heyne.
Solche Nachrichten können zu Retraumatisierungen führen, zu sogenannten Flashbacks, das sind plötzliche Erinnerungen an frühere Erlebnisse. Und diese können wiederum Depressionen oder starke Angstgefühle auslösen.
Ängste und negative Gefühle in Krisen nicht verdrängen
Felicitas Heyne rät daher solche Gefühle wahrzunehmen und nicht zu verdrängen. Außerdem sollte man sich nicht reinsteigern und bewusst Angst schüren. Auch den eigenen Nachrichtenkonsum sollte man in solchen Fällen überdenken.
"Deshalb sollte man sich fragen: Tut es mir gut, die Nachrichten jede Stunde zu hören? Oder wäre es für mich besser die Nachrichten nur zweimal am Tag einzuschalten?"
Die Nachrichten zum Ukraine-Krieg können auch Kindern Angst machen. Darum ist es wichtig, mit ihnen darüber zu sprechen, um ihnen Unsicherheiten zu nehmen.
Mit Ablenkung durch Krisenzeiten

Man sollte sich lieber ablenken und schönen Dingen zuwenden, rät die Psychologin. Mit dieser Strategie kann man aktiv dafür sorgen, dass die Gefühle nicht immer wieder neu aufgewühlt werden.
Sich bewusst machen, welche Krisen man schon überstanden hat
Eine weitere Strategie ist, sich klar zu machen, wie viele Krisen man als Erwachsener schon bewältigt hat. "Auch die Welt hat schon viele Krisen in meiner Lebenszeit überstehen müssen und auch Europa." Da führt die Psychologin zum Beispiel die Ukraine-Krise von 2014 an, die Finanzkrise oder eben die Corona-Pandemie.
Aus der Erkenntnis, dass wir das auch überstanden haben, könne man Zuversicht ableiten, das es jetzt hoffentlich auch gut ausgeht.
Über Ängste sprechen
Mit anderen Menschen über seine Ängste zu sprechen, kann helfen, sagt Felicitas Heyne. Aber man sollte darauf achten, mit wem man sich unterhält. Es sollten Menschen sein, die einen beruhigenden, stabilisierenden Einfluss auf einen haben. Menschen die selber panisch und aufgewühlt sind, die eignen sich nicht für solche Gespräche.
Wenn Gespräche mit Familienmitgliedern oder Bekannten nicht helfen, dann sollte man sich an einen Therapeuten wenden.
Weitere Hilfe finden Sie bei der Telefonseelsorge unter den kostenlosen Nummern:
0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222