Musiklegende

Wanda Jackson - zierliche Frau mit viel Stimme

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Hans-Jürgen Finger
Hans-Jürgen Finger (Foto: SWR, Alexander Kluge)

Wie eine zierliche Frau so viel Stimme haben kann, das hat man sich gefragt, seit Wanda Jackson in ihrer Heimat Oklahoma mit 13 Jahren das erste Mal vor einer begeisterten Zuhörerschaft stand. Egal, ob sie schnulzige Balladen, fetzige Rocktitel, Country-Songs oder Schlager sang - sie überzeugte in allen Genres.

Bereits als Schülerin war Wanda Jackson so populär, dass sie in ihrer Heimat eine eigene Radio-Sendereihe und bald darauf auch eine eigene TV-Show hatte. Noch bevor sie ihre Schulzeit abschloss, hatte sie bereits einen Schallplattenvertrag in der Tasche. Ihr erster großer Hit war 1958 "Fujiyama Mama", an dem die in Japan stationierten US-Soldaten keinen geringen Anteil hatten. Scharenweise standen sie vor den Musikboxen und Plattengeschäften, um sich diesen Schlager anzuhören.

Das Leben ist eine Party

Zwei Jahre später kam "Let’s have a party" und man versicherte sich in Amerika, dass durch diesen Schlager die Zahl der Parties erheblich gestiegen sei. Dieser Song brachte ihr auch ihre eigene Band "The Party Timers" ein, die sich nach ihrem großen Hit benannte. In den Hitparaden fanden sich die Aufnahmen der knapp 1,60 Meter großen Sängerin immer unter den Ersten, sie hatte Engagements von Neufundland bis Alaska und Gastspiele in Las Vegas steigerten ihre Popularität noch mehr.

Die erste Reise nach Übersee

Englischsprachige Künstler mit deutschen Aufnahmen versprachen Umsatz und so wurde Wanda Jackson 1965 nach Köln eingeladen, um einige Titel in deutscher Sprache aufzunehmen. In einem Interview erinnerte sie sich: "Es war das erste Mal, dass ich nach Übersee reiste. Die halbe Verwandtschaft kam mit zum Flughafen, um uns zu verabschieden. Ich wusste wirklich nicht, was mich erwarten würde."

Schwere Sprache...

Plattencover Wanda Jackson (Foto: SWR, Capitol (Coverscan))
Premiere auf dem deutschen Schlagermarkt mit „Santo Domingo“. Im Chor sangen einige Stars der Zeit wie z. B. Hanna Dölitsch oder Ralf Paulsen („Bonanza“) mit. Den Titel hatte Wanda Jackson sogar in einer japanischen Version herausgebracht. Die japanische Sprache fiel ihr leichter als die deutsche: „Diese langen, komplizierten deutschen Wörter brachten mich immer wieder durcheinander und ich sie. Wenn ich mich ganz auf die langen Wörter zu konzentrieren versuchte, verpatzte ich die kurzen…“.

Während es üblich war, ausländische Stars ihre Hits in deutscher Sprache synchronisieren zu lassen, wich man im Falle von Wanda Jackson von diesem Konzept ab. Für sie wurden eigens deutsche Titel geschrieben. Als die Sängerin im Plattenstudio eintraf, waren die Playbacks bereits fertig eingespielt. Sie brauchte also nur noch ihren Part auf Band zu bringen, was sich allerdings nicht so einfach umsetzen ließ. Nicht nur das Playback-Verfahren war ihr bis dato fremd, sondern auch die deutsche Sprache. So musste jedes einzelne Wort langsam und präzise mit ihr durchgegangen werden. Zur Unterstützung notierte sie sich den Text in englischer Lautschrift. Dann musste die Aussprache geübt und schlussendlich noch die Worte der Melodie angepasst werden - alles in allem eine echte Herausforderung.

Heulend aus dem Studio

Der 09. März 1965, an dem ihre erste Aufnahmesitzung in Köln stattfand, blieb Wanda Jackson bestens in Erinnerung: "Mal ganz abgesehen von der Zeit, die ich benötigte, um die Aussprache in den Griff zu bekommen, brauchte ich weitere sechs Stunden vor dem Mikrophon, bis die Aufnahme im Kasten war". Bei der mühsamen Aufnahme, von der hier die Rede ist, handelte es sich um den Titel "Santo Domingo", welcher als ihre deutsche Debüt-Single vorgesehen war. "Ich bin nie eine Sängerin gewesen, die bei der Arbeit mit Temperamentsausbrüchen aufwartet, aber bei der Aufnahme bin ich mehrmals heulend aus dem Studio gerannt."

Fernando, Alfredo und José

Der Lohn für alle Müh’ und Plag’ war ein sehr erfolgreicher Einstand auf dem hiesigen Plattenmarkt. Die Geschichte über "Fernando, Alfredo und José" wurde zum Bestseller und zählt heute zu den beliebtesten Evergreens der 1960er Jahre. Dieser Erfolg zog natürlich weitere Plattenveröffentlichungen und auch Fernsehauftritte nach sich. "Es war hart genug gewesen, diese Lieder auf Band zu bekommen, aber für die Fernsehauftritte wurde es noch härter für mich. Nicht nur, dass ich die Texte auswendig lernen musste, die Lippenbewegungen hatten natürlich auch synchron zu sein". Sie schaffte es mit Bravour und niemand ahnte, dass sie keinen blassen Schimmer hatte, wovon sie eigentlich sang - es war den Aufnahmen nicht anzuhören.

Die Party ist noch nicht vorbei

Wanda Jackson (Foto: dpa Bildfunk, picture-alliance / ZB)
Wanda Jackson

Ihr Gastspiel auf dem hiesigen Schlagermarkt ging 1970 zu Ende. Sie orientierte sich musikalisch neu und wandte sich der Gospelmusik zu. 2011 gelang ihr ein glänzendes Comeback mit dem Album "The party ain’t over". Ein Titel, der Programm ist: nach Europa kam und kommt sie immer wieder gerne, um Live-Auftritte wahrzunehmen - mit im Gepäck auch "Santo Domingo". Seltsamerweise hat sie diesen Titel erst in den 1980er Jahren in ihr Live-Repertoire aufgenommen, nachdem das Publikum beharrlich danach fragte. Es hatte das Lied von damals nicht vergessen.

Besondere Plattencover von Wanda Jackson

Plattencover Wanda Jackson (Foto: SWR, Capitol (Coverscan))
1954 nahm Wanda Jackson ihre erste Schallplatte auf. Country-Songs mit Steel-Guitar und Fiddle waren ihr Metier. Die ersten Hits kamen allerdings erst ein paar Jahre später mit heißem Rock ’n’ Roll: mit dabei auf dieser hier gezeigten Platte von 1958 der Little Richard-Klassiker "Long Tall Sally" oder auch ihre musikalische Visitenkarte "Let’s have a party". "Mean Mean Man" hatte Wanda Jackson sogar selbst komponiert und getextet.
Plattencover Wanda Jackson (Foto: SWR, Capitol (Coverscan))
Wanda’s Hit-Single „Let’s have a party“ war eine Einladung, der Hunderttausende gefolgt waren und die Fortsetzung hieß „There’s a party goin’ on“. Einige der hier vertretenen Titel waren für andere KollegInnen bereits Hits gewesen (z. B. „Bye Bye Love“ oder „Tweedle Dee“) und wurden von Wanda Jackson eigens für diese Produktion neu aufgenommen. Begleitet wurde sie von ihrer eigenen Band „The Party Timers“.
Plattencover Wanda Jackson (Foto: SWR, Capitol (Coverscan))
Ihre allererste Aufnahmesitzung in Köln wurde mit dem Titel „Morgen, ja morgen“ begonnen. „Es hatte zum Glück nicht viel Text und einige der Worte kamen mir bekannt vor, denn mein Cousin hatte ja in eine deutsche Familie eingeheiratet“ erinnerte sich Wanda Jackson. „Santo Domingo“ kam erst als Titel Nr. 2 an die Reihe.

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Hans-Jürgen Finger

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