Einer Laune folgend belegte Katja Ebstein an der Universität die Fächer Kunst, Romanistik und Archäologie. Diese Pläne waren jedoch bald Makulatur, denn Katja Ebstein erkrankte schwer an einer Hirnhautentzündung und die Genesung zog sich ein ganzes Jahr hin.
Sie jobbte in einem Reisebüro und landete schließlich beim Sender Freies Berlin. Dort volontierte sie zwei Jahre in den Abteilungen "Fernseh-Dramaturgie" und "Klassische Musik" und hätte wohl eine Laufbahn als Redaktionsassistentin eingeschlagen, wenn ihr nicht die Musik die Tür zu einer Weltkarriere geöffnet hätte.
Tausche Comics gegen Gitarre
400 eingetauschte Comic-Hefte gegen eine eigene Gitarre waren eine kluge Investition: nun konnte sie mit ihren Freunden als "Die Kreuzberger" durch Berlins Kleinkunstkneipen ziehen. 1965 folgte die Teilnahme am West-Berliner Chanson- und Folklore-Jambouree. Dort gab ihr der Komponist Heino Gaze den Rat, sich weiterhin dem Gesang zu widmen und ermöglichte ihr erste Schallplattenaufnahmen.
Zwar blieb ein Erfolg aus, jedoch befolgte sie die Ratschläge ihres Entdeckers - von denen es, genau genommen, drei an der Zahl gab - und nahm Gesangs-, Tanz- und Schauspielunterricht.
Die Entdeckung auf Burg Waldeck
Wenige Jahre später schlug beim jährlichen Folklore- und Chanson-Festival auf Burg Waldeck ihre zweite große Stunde: im Publikum war Siegfried E. Loch, Chef der Plattenfirma Liberty, der von ihrer Stimme begeistert war und sofort einen Plattenvertrag mit ihr abschloss. In gleicher Weise beeindruckt zeigte sich auch der Regisseur Truck Branss ("ZDF-Hitparade"), der sie fürs Fernsehen entdeckte und spontan mit der damaligen Newcomerin ein 45-minütiges musikalisches Porträt drehte.
Stars von Weltrang proben eine Show: Petula Clark, Johnny Mathis, The 5th Dimension. Dann betritt eine Unbekannte das Studio: Katja Ebstein - schlank, hochaufgeschossen mit langem, blondem Haar. Ihren Namen hat bislang kaum einer gehört. Sie beginnt zu singen. Live - und plötzlich herrscht im Studio gespannte Aufmerksamkeit. Als sie fertig ist, gibt es bei den abgebrühten Routiniers spontanen Beifall. Der Regisseur Truck Branss unterbricht die Arbeit und bittet um Ruhe. Er sagt: „Ich bitte alle, sich diesen Tag zu merken. Und diese Stunde. Ein Star wird geboren.“
Der Durchbruch beim Grand Prix
1970 kam der internationale Durchbruch mit "Wunder gibt es immer wieder" beim Grand Prix d’Eurovision de la Chanson mit einem 3. Platz für Deutschland. Eine Platzierung, die sie ein Jahr später mit "Diese Welt" wiederholte. Es folgten Konzerte, Tourneen, Plattenaufnahmen, Fernsehauftritte und eigene TV-Shows. Dabei umfasste ihr Repertoire eine beachtliche Bandbreite: neben Schlagern sang sie Chansons, politische Lieder, Gospels, Berliner Couplets und Songs mit literarisch-kabarettistischen Texten. Ob "Es war einmal ein Jäger" oder "Wein‘ nicht um mich, Argentinien" - alle Genres präsentierte sie absolut authentisch: "Ich stehe hinter dem, was ich tue."
Mit einem Bein im "seriösen" Fach
Anfang der 1980er Jahre schlug sie künstlerisch neue Wege ein. "Theater" war nicht nur einer ihrer erfolgreichsten Titel, sondern für sie nun auch verstärkt Programm: sie spielte die Rosa Fröhlich in "Professor Unrat" nach der Novelle von Heinrich Mann, die Buhlschaft in "Jedermann" von Hugo von Hoffmannsthal, trat als "Jenny" in der "Dreigroschenoper" auf und in Musicals wie "Chicago" oder "Sweet Charity", um nur einige Beispiele zu nennen.
Politisch engagiert
Die Tätigkeit im Showbusiness ist jedoch nur eine Seite von Katja Ebstein. Schon seit den Zeiten der Studentenbewegung ist sie politisch aktiv und engagiert sich stark im sozialen Bereich. Sie unterstützte in den 1970er Jahren Willy Brandt im Wahlkampf und in jüngerer Zeit die Partei "Die Linke". Sie protestierte öffentlich gegen Atomkraftwerke und den Irak-Krieg.
Tatkräftige Unterstützung gewährt sie u. a. der UNO-Flüchtlingshilfe, der Welthungerhilfe und der UNICEF. Eine nach ihrem Namen benannte Stiftung unterstützt weltweit notleidende Kinder: "Mensch sein ist für mich alles", so Ebstein. Für ihr künstlerisches und soziales Engagement wurde sie 2008 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Sie sagt, was sie denkt, auch, wenn dies manchmal unbequem ist: "Ich kann alles Unehrliche nicht vertragen." Verständlich, dass sie daher verlogene Journalisten nicht mag, wie sie in einem Interview äußerte. Und es gibt noch etwas, das sie überhaupt nicht leiden kann: falsch gehende Uhren…