Schlagerlegende

Nana Mouskouri - die Stimme

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AUTOR/IN
Hans-Jürgen Finger

Sie gilt nach Madonna als erfolgreichste Sängerin der Welt. Ob Chanson, Schlager, Folklore oder Jazz - „die Stimme“, wie Nana Mouskouri genannt wird, beherrscht alle Genres.

Ella Fitzgerald und Billie Holiday waren die frühen Vorbilder

Nana Mouskouri wuchs in Athen in bescheidenen Verhältnissen auf. Schon früh entdeckte sie ihre Liebe zur Musik und begann am Konservatorium klassischen Gesang, Klavier und Harmonielehre zu studieren. Neben der Neigung zur ernsten Musik gab es auch die Leidenschaft für alles, was aus Amerika herüberklang. Über Radio Tanger hörte sie die Musik von Ella Fitzgerald oder Billie Holiday und mangels englischer Sprachkenntnisse schrieb sie die Texte phonetisch mit, um zusammen mit ihren Idolen singen zu können.

Die griechische Sängerin Nana Mouskouri (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance/KPA Copyright)
Nana Mouskouri zu Beginn der 60er Jahre Picture Alliance/KPA Copyright

Die Welt wollte Jazz und Rock von Nana Mouskouri

Ein Vorsingen beim Athener Rundfunk beeinflusste ihren weiteren musikalischen Weg: „Ich sang ein paar griechische Lieder, dann Ella Fitzgerald. Dann war es so, als würde das Publikum eine andere Welt entdecken. Man forderte Jazz und Rock von mir“ erinnerte sie sich in ihrer Autobiographie. Weil eine andere Sängerin ausfiel, wurde sie 1957 für einen Auftritt vor der 6. US-Flotte, die gerade im Hafen von Piräus vor Anker lag, verpflichtet. Es wurde ein über einstündiges Konzert, das die Seeleute mit ihrem Applaus erzwangen.

Zuspruch von Maria Callas

Der staatliche Rundfunk hatte das Konzert mitgeschnitten und in Auszügen gesendet.  Auf Grund dieser Jazz-Ausflüge war die Musikhochschule nun passé. Um Geld zu verdienen, trat sie in allen möglichen Tavernen, Jazz- und Nachtclubs auf. Eines Abends war die Opernsängerin Maria Callas unter den Gästen und wünschte sich alte griechische Lieder. Sie kamen ins Gespräch und die junge Sängerin erzählte von ihrem Rauswurf aus dem Konservatorium. Die Callas tröstete sie: „Ich glaube es ist besser, eine große Sängerin populärer Lieder zu sein, als nur eine kleine Opernsängerin.“

Die Zusammenarbeit mit Manos Hadjidakis gibt ihr neue Impulse

Der Komponist Manos Hadjidakis hatte Nana Mouskouri im Rundfunk gehört und war von ihrer Stimme begeistert. Er schrieb erste Lieder für sie, die bald auf Platte erschienen. Das Interesse des Publikums war geweckt und innerhalb von zwei Jahren war sie zur beliebtesten Sängerin Griechenlands geworden. Der Erfolg wurde durch die Siege bei mehreren Festivals untermauert.

Die griechische Sängerin Nana Mouskouri, Peter Kraus und Freddy Quinn (Foto: picture-alliance / Reportdienste, dpa Bildfunk, Picture Alliance/Richard Koll)
Preisträger - Nana Mouskouri, Freddy Quinn (l.) und Peter Kraus (r.) bei der Verleihung des Goldenen Löwen (1962) Picture Alliance/Richard Koll

Aus dem Erntelied wurden die weißen Rosen

In Deutschland entstand der dokumentarische Griechenland-Film „Traumland der Sehnsucht“, der 1961 an der Berlinale teilnahm und den „Silbernen Bären“ gewann. Manos Hadjidakis zeichnete für den Soundtrack verantwortlich. Fünf Lieder hatte er komponiert, die von Nana Mouskouri und einem großen Opernchor gesungen wurden. Das „Erntelied“ berührte das Publikum ganz besonders. Daher sollte eine deutsche Platte gemacht werden - es war ihre erste, die sie im Ausland aufnahm. Mit dem Text von Hans Bradtke wurde es bald als „Weiße Rosen aus Athen“ bekannt.

Im August 1961 wurden die „weißen Rosen“ zum ersten Mal in der hiesigen Hitparade notiert. Bereits im Oktober nahmen sie den 1. Platz ein und blieben dort für zehn Wochen. Unterm Strich gerechnet verweilten sie 25 Wochen in der Top 10 und waren insgesamt 38 Wochen in der Hitparade platziert. Allein in den ersten sechs Monaten nach Erscheinen der Single gingen davon hierzulande 1,5 Millionen Exemplare über die Ladentische. Die Weltkarriere von Nana Mouskouri hatte damit ihren endgültigen Anfang genommen.

Quincy Jones macht Jazz mit Nana Mouskouri

Die griechische Sängerin Nana Mouskouri (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance/Laurent_Gillieron)
Quincy Jones wird 75 und Nana Mouskouri gratuliert der Produzenten-Legende. Picture Alliance/Laurent_Gillieron

Während sie für den Riesenerfolg 1962 ihre erste „Goldene Schallplatte“ in Empfang nehmen durfte, stand bereits ihre Nachfolgeplatte „Ich schau‘ den weißen Wolken nach“ auf dem Spitzenplatz der Hitparade. Mit Heidi Brühl und Gerhard Wendland ging sie hierzulande erstmals auf Tournee, der die Presse den Beinamen „Die drei goldenen Stimmen“ gegeben hatte. Im gleichen Jahr unternahm sie ihre erste Reise in die USA. Der amerikanische Produzent Quincy Jones hatte sie nach New York eingeladen, um mit ihr eine Jazzplatte aufzunehmen. Ein Traum ging damit in Erfüllung.

Michel Legrand ebnet Nana Mouskouri in Frankreich den Weg

In Paris erwartete sie der berühmte Komponist Michel Legrand, zu dem sie eine ganz besondere künstlerische Beziehung entwickelte: „Meine Stimme und Michels Kompositionen hatten einander gesucht und gefunden und sollten sich nie wieder trennen.“ Er hatte großen Anteil daran, dass ihr in Frankreich ebenso eine steile Karriere gelang. Allein bei unseren westlichen Nachbarn konnte sie im Laufe der Jahre insgesamt 17 goldene und 1 Platin-Auszeichnung für ihre Plattenverkäufe in Empfang nehmen.

Von Belafonte lernte ich, anspruchsvoll zu sein

Konzerte und Tourneen führten sie nun rund um den ganzen Globus. Besonders bedeutsam sind die Gastspiele mit Harry Belafonte, an dessen Seite sie 1964 in Nordamerika debütierte. Belafonte war von ihr so begeistert, dass er sie fragte, ob sie für einige Zeit nicht seine musikalische Partnerin sein wollte. „Das war das schönste Angebot, das man mir jemals gemacht hatte“ schrieb sie in ihrer Autobiographie. „Von Belafonte lernte ich, anspruchsvoll zu sein, lernte die Bemühung um Perfektion, die Beherrschung der Gestik. Ich lernte, beim Singen die Hände nicht mehr hinter dem Rücken zu haben, die Augen zu öffnen und sogar zu lächeln.“

Zeit für die eigene Familie

Auch in England konnte sie Erfolge der Superlative feiern: 1970 wählten sie die Briten zur „Sängerin des Jahres“. Trotz eines übervollen Terminkalenders fand sie die Zeit, eine eigene Familie zu gründen. 1968 brachte sie Sohn Nicolas zur Welt, zwei Jahre später ihre Tochter Hélène.

Die griechische Sängerin Nana Mouskouri (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance/Sören Stache)
Nana Mouskouri mit ihrer Tochter Hélène Picture Alliance/Sören Stache

Die UNICEF bat die zweifache Mutter, sich für Kinderrechte auf der ganzen Welt einzusetzen. Diese Aufgabe hat sie mit sehr viel Engagement ausgeführt, so dass sie 1993 offiziell zur ehrenamtlichen Botschafterin ernannt wurde. Darüber hinaus war sie von 1994 bis 1999 als EU-Abgeordnete politisch tätig. Hier setzte sie sich u. a. für eine Annäherung der Religionen ein und traf in diesem Rahmen Papst Johannes Paul II.

Hier schlug mir eine Welle der Sympathie entgegen und so wurde es zu einem Land, das ich bis heute liebe.

Nana Mouskouri kommt auch in ihrer Heimat an

Zwar hatte sie auf allen Bühnen der Welt gesungen, nur in ihrer Heimat schien sie vergessen zu sein. Dies hatte einen guten Grund, denn wegen der jahrelang dort herrschenden Diktatur hatte sie sich von Griechenland abgewandt. Völlig überraschend erhielt sie 1984 eine Einladung zum zehnjährigen Jahrestag der Wiederherstellung der Demokratie. Zu diesem Anlass sang sie zu Füßen der Akropolis. „Ich hatte das Gefühl, am Ende jener langen Reise, die ich auf der Bühne des kleinen Kinos meines Vaters begonnen hatte, angelangt zu sein.“

Besondere Plattencover von Nana Mouskouri

Plattencover von Nana Mouskouri (Foto: SWR, Coverscan: Fontana)
"Da klingt eine Stimme aus Griechenland zu uns herüber, die ungewöhnlich ist: ein wenig traurig, verhalten in der Leidenschaft, ein dunkelgetönter Traum - und doch so lebensverliebt, wie sich eine junge Frau aus dem klassischen Athen nur geben kann" stand auf der Cover-Rückseite ihrer deutschen Debüt-Single "Weiße Rosen aus Athen" zu lesen. Zehn Wochen lang stand Nana Mouskouri 1961 damit auf Platz 1 der Hitparade. Coverscan: Fontana
Plattencover von Nana Mouskouri (Foto: SWR, Coverscan: Fontana)
Man schrieb den 26. Oktober 1967 - an diesem Tag gab Nana Mouskouri ihr Debüt im berühmten Pariser "Olympia". Wie bei Premieren üblich, geleitete sie der Direktor Bruno Coquatrix persönlich zur Bühne. Am Ende ihres Auftritts war das Publikum restlos begeistert. Doch dies war nur der Anfang, denn an diesen Ort sollte sie noch viele Male zurückkehren, um triumphale Erfolge zu feiern. Die 1971er-LP "Lieder meiner Heimat" gab die Stimmung eines der Konzerte wieder. Coverscan: Fontana
Plattencover von Nana Mouskouri (Foto: SWR, Coverscan: Philips)
"Sieben schwarze Rosen" war das erste Lied, das Nana Mouskouri nach langjähriger Abstinenz von der hiesigen Konzert- und Plattenszene für eine Aufnahme in deutscher Sprache akzeptierte. Es wurde zu einem der beständigsten Lieder ihrer ganzen Karriere. Im Februar 1975 kam das gleichnamige Album auf den Markt, das später mit einer "Goldenen Schallplatte" ausgezeichnet wurde. Weitere Single-Hits dieser Produktion waren "Adios" und "Komm‘, komm‘, sag‘ uns Deinen Traum". Coverscan: Philips

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SWR4 Team Hans-Jürgen Finger

Hans-Jürgen Finger