Von Winnetou bis Edgar Wallace

Die besten Hits des Filmkomponisten Martin Böttcher

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Plattencover von Martin Böttcher (Foto: SWR, Polydor (Coverscan) -)
Die Musik zu den Karl May-Verfilmungen der 1960er Jahre waren Höhepunkt seiner Laufbahn. Insgesamt zehn Streifen drückte Böttcher im Soundtrack seinen unverwechselbaren Stempel auf. Gleich nach dem ersten Film „Der Schatz im Silbersee“ urteilte die Filmbewertungsstelle in Wiesbaden: „Die Musik ist geradezu entwaffnend mit ihrer schwellenden Fülle“. Wochenlang hielten sich die „Old Shatterhand-Melodie“ oder die „Winnetou-Melodie“ in den Hitparaden, für Soundtracks eine Seltenheit.
Plattencover von Martin Böttcher (Foto: SWR, Decca (Coverscan) -)
Bei den Premierenfeiern zu den Karl May-Filmen lernte Martin Böttcher auch die Hauptdarsteller Lex Barker und Pierre Brice persönlich kennen. Für die Publikumslieblinge schrieb er einige Titel, die vor allem im Falle von Pierre Brice („Ribanna“/“Ich steh’ allein“) zum Erfolg wurden. „Ich bin morgen auf dem Weg zu Dir“ gesungen von „Old Shatterhand“  Lex Barker gehört heute zu den gesuchten Schallplattenraritäten.
Plattencover von Martin Böttcher (Foto: SWR, Ariola (Coverscan) -)
Für Romy Schneider schrieb Martin Böttcher den Titel „Merci, Monpti“. Der Titel hat nichts mit dem Film „Monpti“ zu tun, den Romy Schneider zusammen mit Horst Buchholz 1957 gedreht hatte. Die Idee, im Nachhinein eine Gesangsaufnahme mit der jungen Romy Schneider zu machen, hatte der Produktionschef einer Plattenfirma. Der Komponist erinnerte sich: „Die Aufnahmen fanden an einem furchtbar grauen Tag in Wien statt. Romy Schneider war ziemlich deprimiert wegen des ganzen 'Sissi'-Trubels.“
Plattencover von Martin Böttcher (Foto: SWR, Columbia (Coverscan) -)
Ein Meilenstein in der Geschichte des deutschen Films wurde „Die Halbstarken“ (1956). Ursprünglich wollte der Filmproduzent die Musik in Amerika einkaufen. „Das kostet doch eine Menge Geld - geben Sie uns das Geld, ich hole die richtigen Jungs heran, und dann machen wir eine Musik, die genauso ist“. Zu „Mister Martin’s Band“ gehörten Spitzenmusiker, darunter Horst Fischer (Trompete), Hans „James“ Last (Bass) und der „Egerländer“ Ernst Mosch (Posaune).
Plattencover von Martin Böttcher (Foto: SWR, Telefunken (Coverscan) -)
Ins Krimi-Fach führte ihn neben Edgar-Wallace-Musiken auch die Fälle des Pater Brown mit Heinz Rühmann. Martin Böttcher erinnerte sich: „Rühmann hatte Mitspracherecht bei der Filmmusik. Da er mich nicht kannte, war er sehr zurückhaltend...“ Bei den Aufnahmen saß Heinz Rühmann in der hintersten Reihe. Als das „Pater Brown-Thema“ geprobt wurde, nickte Heinz Rühmann für sich mit dem Kopf. „Das war sozusagen eine Absegnung und für mich ein ganz großes Erfolgserlebnis“.
Plattencover von Martin Böttcher (Foto: SWR, Telefunken (Coverscan) -)
Nicht nur für abendfüllende Kino-Produktionen schrieb Martin Böttcher die Musik. Umfangreich ist auch die Liste der Dokumentationen und Industriefilme, für die er musikalisch verantwortlich zeichnete. Die Platte mit dem Original-Elefantengebrüll „Elephant’s Honeymoon“ schrieb er für den Lufthansa-Werbefilm „High Life in Lagos“. Im Sommer 1962 stieg die schwungvoll-heitere Melodie in die Hitparaden ein und schaffte es bis auf Platz 44.
Plattencover von Martin Böttcher (Foto: SWR, Telefunken (Coverscan) -)
Auf der Suche nach Songmaterial für die belgische Formation „The Waikikis“ sprach man Martin Böttcher an. Dieser fand zuerst, dass diese Art von Musik nicht zu ihm passte ..., schließlich gab Böttcher nach und „Hawaii Tattoo“ war innerhalb einer halben Stunde fertig. Allerdings bat Martin Böttcher darum, das Pseudonym "Michael Thomas" zu verwenden. Die instrumentale Hawaii-Nummer schlug 1961 ein: weltweit verkauften sich 2,5 Mio. Exemplare, die Platte war 37 Wochen lang in der Hitparade.
Plattencover von Martin Böttcher (Foto: SWR, Telefunken (Coverscan) -)
Als Orchesterleiter wurde Martin Böttcher auch in Amerika bekannt, der „Martin Böttcher-Sound“ zum Markenzeichen. Die LP „Sacramento“ zeigt seine Vielfältigkeit, auf der 1972 erschienen Produktion spielte er neben Eigenkompositionen auch aktuelle Hits ein. Dazu zählten der „Middle of the Road“-Evergreen, der Tony Christie-Hit „Amarillo“ oder „The young new mexican pupeteer“ von Tom Jones. Dazu TV- und Filmmelodien wie „High Noon - 12 Uhr mittags“, „Zwei glorreiche Halunken“ oder „Bonanza“.
Plattencover von Martin Böttcher (Foto: SWR, Telefunken (Coverscan) -)
Als Ende der 1960er Jahre die großen Zeiten des Kinos vorbei waren, verlegte sich Martin Böttcher auf Arbeiten für das Fernsehen. Er schrieb die Musik zur TV-Serie „Sonderdezernat K 1“, für die erste vom neu gegründeten ZDF gezeigte Krimi-Serie „Kriminalmuseum“ und für diverse Folgen von „Derrick“ und „Der Alte“. Auch mit Karl May traf er nochmals zusammen: für die 26-teilige Serie „Kara Ben Nemsi Effendi“ mit Karl-Michael Vogler in der Hauptrolle komponierte er die Musik.
Plattencover von Martin Böttcher (Foto: SWR, Decca (Coverscan) -)
Das Hauptaugenmerk von Martin Böttcher lag auf der Film- und Fernsehmusik. So kam es eher selten vor, dass Martin Böttcher für Interpreten Titel schrieb. Es gab aber Ausnahmen: die ehemalige NDR-Fernsehansagerin Hanni Vanhaiden nahm Ende der 1970er Jahre die LP „Nach Sendeschluss“ auf. Sämtliche Titel stammten aus der Feder von Martin Böttcher. Als Single wurde die „Fernsehmelodie“ ausgekoppelt.
Plattencover von Martin Böttcher (Foto: SWR, Plattenfirma (Coverscan) -)
„Im abgedunkelten Vorführraum eines Studios sitzt ein Mann und schaut interessiert auf die Leinwand, wo ein Film ohne Musik läuft. Gelegentlich macht er sich kurze Notizen, um dann schnell wieder zur Stoppuhr zu greifen... Wann welcher Titel kommt, welcher Musiker am besten für bestimmte Soli geeignet ist ... das ist der Arbeitsstil von Martin Böttcher.“ Er komponierte für die Serien „Forsthaus Falkenau“, „Schöne Ferien“ oder „Air Albatros“.

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SWR