Fred Bertelmann, Schlagersänger und Schauspieler (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture-alliance / Jazzarchiv / Foto: Hardy Schiffler)

Schlagerlegende

Fred Bertelmann - der lachende Vagabund

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Hans-Jürgen Finger
Hans-Jürgen Finger (Foto: SWR, Alexander Kluge)

1958 machte der Schlager „Der lachende Vagabund“ Fred Bertelmann zum Millionär. Der Song wurde sein Markenzeichen, nun wäre der Künstler 95 Jahre alt geworden.

Seine kräftige Stimme fiel schon bei der Geburt auf. So erstaunt es nicht, dass er bereits im Schulchor sein erstes Engagement bekam und als Neunjähriger mit dem Duisburger Kirchenchor St. Lorenz Konzertreisen unternahm. Nach dem Abitur besuchte er als Gastschüler das Konservatorium in Duisburg und studierte Trompete, Harmonielehre und Musikgeschichte.

Die Einberufung zum Wehrdienst setzte all dem ein Ende. Verwundet geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft.  Im Gefangenencamp gründete er ein Lagerorchester, spielte Trompete und Gitarre und sang. Er liebte die Swing-Musik und hatte sich bald ein Repertoire mit allen gängigen amerikanischen Schlagern erarbeitet.

Fred Bertelmann spielt zusammen mit Ernst Mosch

1946 kehrte er in die Heimat zurück und gründete ein Ensemble, dem auch Ernst Mosch - der spätere Egerländer Musikant und Posaunist im Erwin Lehn-Orchester - angehörte und spielte überwiegend in amerikanischen Clubs. Dies alles geschah vor allem aus wirtschaftlichen Gründen. Er hatte eine Familie gegründet, die es zu ernähren galt. Sein ursprünglicher Plan, Kinderarzt zu werden, war Makulatur geworden.

Fred Bertelmann, Schlagersänger und Schauspieler (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / dpa / Foto: Michael Reichel)
Fred Bertelmann bei einem Auftritt 2010

In Travemünde entscheidet sich die Karriere

Sein Weg führte ihn nach Nürnberg, wo er in der exklusiven Carlton-Bar ein Engagement als Sänger und Gitarrist im Orchester Charly Schiele fand. Dann wurde das Orchester nach Travemünde verpflichtet, was für Fred Bertelmann ein Glücksfall werden sollte. Dort hörte ihn ein enger Mitarbeiter des Komponisten Michael Jary, der von seiner Stimme begeistert war und Probeaufnahmen ermöglichte.

Der Bariton wird zum Problem

Im Schallplattengeschäft Fuß zu fassen erwies sich allerdings als schwierig. Seine tiefe Bariton-Stimme passte nicht in die Zeit, denn damals waren Tenöre wie René Carol und Rudi Schuricke gefragt. Lediglich eine kleine Münchner Firma, die sich auf Cover-Versionen der aktuellen Tagesschlager spezialisiert hatte, zeigte Interesse. Von nun an nahm er eine Fülle an Liedern auf, die von Interpreten wie Vico Torriani oder Gerhard Wendland schon Hits waren.

Achtungserfolg mit "Arrivederci Roma"

Während im Regelfall solchen "Nachziehern" wenig Erfolg beschieden war, schaffte es Fred Bertelmann dennoch, Gehör im Rundfunk zu finden. Seine Popularität wuchs und 1955 nahm ihn die Plattenfirma Electrola unter Vertrag. Gleich die erste Platte "Arrivederci Roma" geriet zum Achtungserfolg und mit der Cover-Version des Perry Como-Hits "Tina Marie" stand er 1956 erstmals in den Verkaufshitparaden.

Fred Bertelmann, Schlagersänger und Schauspieler (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / United Archives/IFTN)
Fred Bertelmann im Film als "Lachender Vagabund" (1958)

Der "Lachende Vagabund" ist ein Italiener?

Ein Jahr später hatte das Enzo Gallo-Quartett mit "Dillo Chitarra" in Italien einen Hit. Der Komponist und Texter Peter Moesser hörte das Lied während seines Urlaubs und brachte es als musikalisches Souvenir mit. Er ließ sich dazu einen deutschen Text über einen "lachenden Vagabunden" einfallen und bot den Song dem Orchesterleiter Franz Thon an. Dieser war der Ansicht, dass dieser Titel genau zu Fred Bertelmann passen würde und am 9. Juli 1957 fand die Aufnahme in Köln statt.

Im Oktober kam die Platte in den Handel und bereits im Mai 1958 waren eine Million Exemplare verkauft. Dieser Erfolg war der Firma eine große Feier wert, bei der Fred Bertelmann vom Unternehmen mit dem "Goldenen Hund" ausgezeichnet wurde. Darüber hinaus erhielt er einen Filmvertrag inklusive Schauspielunterricht von der UFA. So nahm seine Karriere auf der Leinwand ihren Anfang.

Fred Bertelmann, Schlagersänger und Schauspieler (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / Everett Collection)
Fred Bertelmann im Film "Lieder klingen am Lago Maggiore"

Fred Bertelmann filmt mit anderen Schlagerstars

"Der lachende Vagabund" war auch der Titel seines Kino-Debüts, in dem sich sein Erfolgsschlager durch den ganzen Film zog. Insgesamt sechzehn Filme kamen zusammen, darunter zwei mit Cornelia Froboess und zwei mit Chris Howland, der auf persönlichen Wunsch von Fred Bertelmann sein Filmpartner wurde. Inzwischen kletterten die Verkaufszahlen seiner Erfolgsplatte weiter, schließlich waren rund 3,5 Millionen Singles über die Ladentische gegangen. 400.000 Stück davon fanden in Amerika Absatz - damals ein sagenhaftes Ergebnis für einen deutschen Titel.

Fred Bertelmann macht Karriere in den USA

Nun hatten sich für ihn auch die Türen zum amerikanischen Showbusiness geöffnet und war z. B. in den großen Coast to Coast-Shows von Ed Sullivan, Perry Como und Dean Martin zu Gast. Während in Deutschland auf Grund neuer musikalischer Moden die Plattenumsätze nachließen, stand er in der Oper von Chicago jahrelang im Musical "Showboat" und hierzulande in "Oklahoma" auf der Bühne. Zudem gelang es ihm, im Theater Fuß zu fassen. Er spielte im "Götz von Berlichingen" oder in "Der Widerspenstigen Zähmung" ebenso wie  im Boulevard-Stück "Sonny Boys".  

Erfolge mit volkstümlicher Musik

Auch auf dem musikalischen Sektor achtete Fred Bertelmann stets auf höchstes Niveau. Schon früh entstanden immer wieder Aufnahmen abseits des Schlagers. Bereits Ende der 1950er Jahre äußerte er in einem Interview, dass ihm die Lieder im Volkston besonders viel bedeuten. Als klingenden Beweis brachte er 1961 das "Mutterl-Lied" aus der Operette "Schützenliesl" von Edmund Eysler und den berühmten Benjamino Gigli-Erfolg "Vergiß mein nicht" auf Single heraus. 

Die Liste der Stars, mit denen er im Laufe der Jahre in unzähligen Veranstaltungen auf der Bühne stand, reicht von Caterina Valente und Bibi Johns bis hin zu Peter Alexander, Charles Aznavour und Johannes Heesters, der nicht nur sein Vorbild war, sondern auch unmittelbar in seiner Nähe wohnte. So entstand zwischen beiden eine herzliche Freundschaft.

Doppelte Heirat mit Ruth Kappelsberger

Auf dem Düsseldorfer Flughafen hatte Fred Bertelmann 1966 seine zweite Frau, die Schauspielerin und Fernsehansagerin Ruth Kappelsberger, kennengelernt. Wenig später heirateten sie und dies sogar zweimal: Das Bayerische Fernsehen wollte die Trauung filmen, traf jedoch zu spät beim Standesamt ein. So musste die Zeremonie für die Kameras wiederholt werden. Doppelt genäht hält besser - dieser Devise folgte auch die Ehe der beiden. Sie blieben bis zum Tode verheiratet, obwohl Fred Bertelmann in späteren Jahren sich neu verliebte und häufig zwischen Regensburg, wo seine Lebensgefährtin lebte, und seinem Haus am Starnberger See hin und her pendelte.

Gründer einer Show-Schule

1972 startete Fred Bertelmann ein ganz neues Projekt und gründete in München Deutschlands erste Show-Schule. Den Direktoren-Posten dieser Agentur, die sich mit Show-Nachwuchs befasste, übernahm Gitta Lind. Aber nicht nur auf diesem Sektor war er sehr aktiv. Seinen Terminkalender füllten weiterhin Tourneen durch das In- und Ausland, Auftritte in Amerika und die Veröffentlichung neuer Platten. Dazu zählen beispielsweise die deutschen Interpretationen von Frank Sinatra-Hits wie "Strangers in the night" oder "My Way".

Fred Bertelmann, Schlagersänger und Schauspieler (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / dpa / Foto: Ossinger)
Fred Bertelmann mit 70 bei seinem Hobby, der Malerei

Als Mitte der 1980er Jahre der volkstümliche Schlager hoch im Kurs stand, war auch Fred Bertelmann wieder ganz vorn mit dabei. "Ich hab‘ das Lachen nicht verlernt" hieß einer seiner späteren Titel, der durchaus programmatisch zu verstehen war. Singen und auf die Bühne gehen blieb sein Lebenselixier bis ins hohe Alter. Zudem hatte er die Malerei für sich entdeckt und schuf eine ganze Reihe von Gemälden. Am 23. Januar 2014 verstarb Fred Bertelmann im Alter von 88 Jahren in seinem Zuhause.

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