France Gall (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance/Foto: Wolfgang Weihs)

Schlagerlegende France Gall: Lieder mit versteckter Erotik

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Hans-Jürgen Finger
Hans-Jürgen Finger (Foto: SWR, Alexander Kluge)

Für France Gall stand schon in der Kindheit beim Puppenspiel fest, dass sie eine Sängerin werden würde. 1987 landete sie in Deutschland mit "Ella, elle l'a" einen Nummer-Eins-Hit.

Wie der Papa, so die Tochter

Ihr musikalisches Können bekam die kleine France von ihrem Vater, der zu den bekanntesten Komponisten Frankreichs gehörte. Wenn France Gall während ihrer Schulzeit nicht gerade Hausaufgaben machte, dann sang sie. Eine Musterschülerin war sie nicht, sie ging sogar vorzeitig von der Schule ab. Mit heimlicher Erlaubnis von Papa Robert wandte sie sich dem Schlager zu. Ihr Papa war auch ihr großes Vorbild, der sich als Sänger und vor allem als Autor vieler berühmter Chansons einen Namen gemacht hatte.

Sieg mit "Poupée de cire, poupée de son" beim ESC

France Gall (Foto: dpa Bildfunk, picture-alliance / KPA Copyright)
France Gall mit einer Kurzhaarfrisur in den 1970er Jahren

Schon mit 16 Jahren erhielt das zierliche Mädchen einen Schallplattenvertrag. Ihre Körpergröße von 1,59 m stellte jedoch ein Problem dar: Damals waren im Tonstudio alle Mikrophone zu hoch für die Französin. Man musste eigens ein Mikrophon basteln, das für sie niedrig genug eingestellt werden konnte. Der Durchbruch in die oberste Liga des europäischen Schlagermarktes gelang France Gall 1965, als sie beim "Grand Prix d’Eurovision de la Chanson" (ESC) mit ihrem Titel "Poupée de cire, poupée de son" (mögliche Übersetzung: "Wachspuppe, Klangpuppe") für das Land Luxemburg souverän siegte.

Grand-Prix-Siegerlied auf Deutsch

Der Sieg des Wettbewerbs verschaffte ihr im In- und Ausland einen Namen. Das Publikum war so begeistert, dass ihre Plattenfirma Mühe hatte, die Platten dieses Erfolgsliedes in ausreichender Menge zu pressen. Für den hiesigen Plattenmarkt, der in den nächsten Jahren für die Sängerin eine große Rolle spielen sollte, nahm sie die deutsche Fassung "Das war eine schöne Party" auf. Es ist überliefert, dass allein an einem Tag 10.000 Bestellungen für diese Platte bei ihrer Schallplattenfirma in Hamburg eingingen.

Portrait der französischen Sängerin France Gall. Sie trägt ein Blümchenoberteil und schaut in die Ferne. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/United Archives | 90060/KPA)
France Gall in den 1970er Jahren mit top modischer Frisur.

Modebewusste Persönlichkeit

Aber nicht nur die Stimme faszinierte Europas Jugend, sondern das ganze kleine "Persönchen" wurde zum Leitbild für Teens und Twens. France Gall hatte viel Freude daran, sich modisch zu kleiden. Dabei bevorzugte sie ausschließlich die Mode von morgen. Das kam bei der Jugend an und die Teenager begannen, ihre Haarfrisur zu kopieren: die "Gall-Linie" war einfach, chic und bequem. Brigitte Bardots Hausfriseur hatte sie eigens entworfen.

France Gall verließ sich auf erfahrene Freunde

France Gall (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / Keystone)
France Gall im Deutschen Fernsehen (1970)

Trotz ihres märchenhaften Erfolges blieb France Gall ein unkomplizierter Teenager. Damals weder verliebt noch verlobt, lebte sie zusammen mit den Eltern und ihren Zwillingsbrüdern in einem Hochhaus mitten in der Pariser City. Ihr einziger Begleiter war ein kleiner schwarzer Pudel, den sie auf den Namen "Nougat" taufte. In kurzer Zeit lernte France Gall, dass vier Dinge nötig sind, um sich behaupten zu können: harte Arbeit, Ausdauer, Talent und Glück. Und man muss Freunde haben, die erfahrener sind und auf die man sich absolut verlassen kann.

Versteckte erotische Anspielungen

Serge Gainsbourg war einer dieser Freunde. Er förderte die junge France Gall und verhalf ihr zu ihrem erfolgreichen Start in Frankreich. Sie sang seine Lieder, die textlich oftmals versteckte erotische Anspielungen beinhalteten und in Verbindung mit dem unschuldig anmutenden jungen Mädchen besonderen Erfolg hatten und viel Aufmerksamkeit erregten - so auch ihr Wachspuppen-Hit "Poupée de cire, poupée de son" oder "Les sucette" ("Die Lollis"). Mitte der 1960er Jahre startete sie auf dem hiesigen Plattenmarkt und fand in Werner Müller einen Musiker und Produzenten von Weltformat, der sich um ihre Karriere kümmerte. Als 1972 das Kapitel ihrer deutschen Aufnahmen zu Ende ging, wurde es um France Gall etwas stiller.

France Gall (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance /dpa / Foto: Chris Hoffmann)
Die drei Erstplatzierten (l-r) Dorthe, Siw Malmkvist und France Gall beim Deutschen Schlagerwettbewerb 1968. Den ersten Platz belegte Siw Malmkvist mit "Harlekin", den zweiten Dorthe mit "Wärst Du doch in Düsseldorf geblieben" und auf den dritten Platz kam France Gall mit "Computer Nr. 3".

Ihr Mann macht sie zum Top-Star

Neuer Aufschwung kam mit dem französischen Musiker Michel Berger. Er leitete ihr Comeback mit rockigen Popchansons und anspruchsvollen Texten ein und machte sie zu einem französischen Topstar, der Millionen Platten verkaufte und äußerst erfolgreiche Tourneen absolvierte.

"Früher habe ich nie auf Texte geachtet. Heute ist das anders. Ich trete nicht mehr in schwachen TV-Sendungen auf und habe gelernt, auch mal 'nein' zu sagen".

Nach mehreren schweren Schicksalsschlägen zog sie sich Mitte der 1990er Jahre aus dem Showgeschäft zurück und engagierte sich für ehemals obdachlose Frauen im Senegal.

Schicksalsschläge und Neustart

Michel Berger, den sie 1976 heiratete, starb 1992 im Alter von nur 44 Jahren an einem Herzinfarkt, wenige Jahre später ihre 19-jährige Tochter an Mukoviszidose. Bei France Gall wurde Brustkrebs diagnostiziert. Mit dem Musical "Résiste" ist ihr ein Erfolg gelungen, der auch in Deutschland Hunderttausende Besucher fand. Sie lebte zurückgezogen in Paris, nach mehreren Aufenthalten im Senegal.

Am 7. Januar 2018 verstarb France Gall in Paris an den Folgen ihrer Krebserkrankung.