Porträtfoto der Schauspielerin und Sängerin Hildegard Knef ("Für mich soll's rote Rosen regnen", "Die Sünderin") (Foto: picture-alliance / Reportdienste, United Archives/Impress)

Hildegard Knef - rote Rosen für "die größte Sängerin ohne Stimme"

Stand
AUTOR/IN
Hans-Jürgen Finger
Hans-Jürgen Finger (Foto: SWR, Alexander Kluge)

"Ich bin begabt", sagte Hildegard Knef schüchtern, als sie sich in den UFA-Filmstudios vorstellte. Damit nahm eine große Karriere als Schauspielerin, Chansonsängerin und Autorin ihren Anfang.

Durchbruch mit einem Skandal

Der Film "Die Sünderin" war 1951 in aller Munde. Wenige Filmsekunden reichten aus, um einen handfesten Skandal auszulösen.

"Ich war die Erste, die sich auf der schüchternen deutschen Leinwand nackt gezeigt hat."

Unvorstellbar für die Sittenwächter der damaligen Zeit! Proteste wurden laut und Kirchenvertreter stifteten Jugendliche an, in den Vorstellungen Stinkbomben zu werfen. Der Blätterwald rauschte gewaltig und die Knef machte Schlagzeilen, wie so oft in ihrem Leben. Trotz alledem hatten am Ende rund 7 Millionen Besucher den an sich harmlosen Streifen gesehen.

Kameramann filmt Plakat (Foto: picture-alliance / dpa, picture-alliance / dpa -)
Das Plakat zum Film "Die Sünderin" (1951)

Der erste deutsche Nachkriegsstar

Bereits kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs hatte sie im zerbombten Berlin als Theater- und Filmschauspielerin Furore gemacht und galt als der erste deutsche Nachkriegsstar. Durch ihre Mitwirkung im Film "Die Mörder sind unter uns" wurde sie auch international populär. 1948 verließ sie Deutschland - Hollywood lockte. Sie lernte Marlene Dietrich kennen und traf Marilyn Monroe, mit der sie sich über Rainer Maria Rilke und Thomas Mann austauschte. Der große Durchbruch ließ jedoch auf sich warten. 1950 kehrte sie nach Deutschland zurück.

"Englisch, Büchsen öffnen und Geduld"

Schwarzweiß-Foto: Die Sängerinnen und Schauspielerinnen Hildegard Knef und Marlene Dietrich umarmen sich und lachen herzlich (Foto: picture-alliance / Reportdienste, akg-images)
Hildegard Knef und Marlene Dietrich im Jahr 1960

Hildegard Knef: "Ich kann nicht singen"

Während die Knef in Deutschland bei einer im "Spiegel" veröffentlichten Meinungsumfrage überaus schlecht abschnitt, stand sie in Amerika für den Film "Schnee am Kilimandscharo" neben Gregory Peck vor der Kamera. Obwohl sie selbst den Film als oberflächlich und grauenvoll bezeichnete, eröffnete ihr dieses Engagement ganz neue Möglichkeiten. Der amerikanische Komponist Cole Porter bestand darauf, dass sie im Film zwei Lieder von ihm singen musste, die in der Endfassung jedoch wieder herausgeschnitten wurden. "Ich kann nicht singen" sagte sie damals zu Porter. Dieser war jedoch anderer Ansicht...

"Die größte Sängerin ohne Stimme“

Hildegard Knef mit Rosen (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / Roedel / Keystone)
Hildegard Knef bei einer Pressekonferenz (1969)

In die Schuhe der Garbo geschlüpft

Der Komponist Cole Porter sorgte dafür, dass Hildegard Knef die Hauptrolle der Ninotschka in seinem Broadway-Musical "Silk Stockings" übernahm. Die Anfänge standen unter keinem guten Stern und die Proben erwiesen sich als nervenaufreibend. Während der ersten Voraufführungen erkrankte Hildegard Knef an Masern. Sie spielte trotzdem, die Krankheit wurde verheimlicht. Es wurde ein triumphaler Erfolg. In feuerroten Riesenbuchstaben stand 1954 ihr Name über dem Portal des New Yorker Imperial-Theaters, Tag für Tag war das Haus bis auf den letzten Platz ausgebucht. Innerhalb von zwei Jahren spielte sie in 675 Aufführungen. Eine amerikanische Zeitung berichtete: "Hildegard Neff schlüpfte in die Schuhe der Greta Garbo und läuft damit davon."

Die Knef mischt Musikstile und textet selbst

1962 startete sie in Deutschland eine Karriere als Sängerin und ging auch hier neue Wege. Ihre Lieder waren eine Mischung aus Schlager und Chanson, hinzu kamen eine Prise Jazz und Swing, später sogar Rockelemente. Sie begann selbst zu texten, was beim Publikum sehr gut ankam.

"Ich habe immer versucht, Texte zu schreiben, die ein bisschen auch eine Kurzgeschichte sind."

Zwei erfolgreiche Tourneen durch Deutschland bestätigten ihre musikalische Arbeit und Hildegard Knef äußerte zufrieden: "Zum ersten Mal in meinem Leben verdiene ich Geld."

Mit "Der geschenkte Gaul" wurde Hildegard Knef zur Autorin

Bereits 1964 hatte sie begonnen, eine Autobiographie zu schreiben. Die Schilderung ihres Lebens betitelte sie mit "Der geschenkte Gaul". Ihr Buch, so sagte sie immer wieder, soll ein Spiegel ihrer Generation sein - es wurde zum Welterfolg. "Die besten Einfälle dazu habe ich in der Badewanne oder abends beim Rotwein" verriet sie in einem Interview. "Ich schreibe, wie ich spreche." Damit startete sie eine dritte Karriere als Autorin, die sie Mitte der 1970er mit einem Bericht über ihre Krebserkrankung ("Das Urteil") fortsetzte, der für kontroverse Diskussionen in der Öffentlichkeit sorgte.

Krankheiten überschatten ihr Leben

Krankheiten haben ihr Leben von Kindesbeinen an immer wieder überschattet. Bereits in den 1970er Jahren berichtete eine Zeitung: "Sie hat so viele Operationen hinter sich, wie sie Filme gemacht hat: 57." Am Ende hatten ihr die Krankheiten die Kraft geraubt. Bei ihrem letzten TV-Auftritt sagte sie: "Ich habe gar keine Lust zu kämpfen, dauernd zu kämpfen". Nach einem Lungenkollaps im Mai 2001 wurde ein Sauerstoff-Gerät ihr ständiger Begleiter. Am 1. Februar 2002 starb Hildegard Knef im Alter von 76 Jahren an einer akuten Lungenentzündung.

Porträtfoto der Schauspielerin und Sängerin Hildegard Knef ("Für mich soll's rote Rosen regnen", "Die Sünderin") (Foto: picture-alliance / Reportdienste, dpa | Nestor Bachmann)
Hildegard Knef im Jahr 1991

"Für Hilde": Hommage zum 90. Geburtstag

Anlässlich des 90. Geburtstags haben Künstler und Ensembles der Gegenwart wie zum Beispiel Mark Forster, Jupiter Jones oder die Fantastischen Vier einige Lieder von Hildegard Knef neu aufgenommen und als Hommage unter dem Titel "Für Hilde" herausgebracht. Ein Beweis dafür, wie zeitlos ihre Lieder sind und dass sie auch nachfolgende Generationen noch ansprechen. Und eine Verbeugung vor der Grand Dame des Chansons, die so vielen Menschen Freude bereitet hat.

Seltene Fernsehaufnahmen: In einem Interview erzählte Hildegard Knef dem WDR 1965, was ihre Karriere so vielfältig gemacht hat und warum sie trotz aller Erfolge in den USA immer nach Europa gehörte.

Besondere Plattencover von Hildegard Knef

Plattencover Hildegard Knef (Foto: SWR, Polydor (Coverscan))
Diese Retrospektive beinhaltete eine Fülle von Raritäten aus den Jahren 1951 bis 1980. Darunter war ihre erste Schallplattenaufnahme aus dem Jahr 1951 ("Ein Herz ist zu verschenken"). Die Platte war wohl kurze Zeit nach ihrem Film "Die Sünderin" auf den Markt gekommen, denn im Verlauf des Liedtextes wird Bezug darauf genommen: "Ein Herz ist zu verschenken - ganz diskret, wer versteht wie ich bin - drum frag' ich an, wo ist der Mann, der dieses Herz erobern kann".
Plattencover Hildegard Knef (Foto: SWR, Decca (Coverscan))
"Für mich soll's rote Rosen" sorgte beim Erscheinen im Jahr 1968 für kaum Aufsehen. Dennoch wurde das Lied zu ihrer musikalischen Visitenkarte und nahm es im Laufe ihrer Karriere immer wieder neu auf. Die B-Seite der Single "Von nun an ging's bergab" sang sie auch in englischer Sprache ("From now on it got rough"), nachdem man in Großbritannien die musikalischen Erfolge von Hildegard Knef mit großem Interesse verfolgte. Hierzulande wurde sie zur "besten Interpretin des Jahres" gewählt.
Plattencover Hildegard Knef (Foto: SWR, Decca (Coverscan))
"Wir wollten etwas Neues machen" erinnerte sich der Komponist Hans Hammerschmid. "Eigentlich war uns immer bange vor jeder neuen Platte. Wir wollten uns auf keinen Fall wiederholen." Für Hildegard Knef war das nur mit "Knef" betitelte Album das Beste und auch die Presse lobte: "Knef singt die Schnulze weg, dichtet sich herrlich trocken und genau in die absurden Zwischenräume des Alltags hinein".

Mehr Legenden