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Schlagerlegende

Graham Bonney, der Sonnyboy aus England

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Hans-Jürgen Finger
Hans-Jürgen Finger (Foto: SWR, Alexander Kluge)

In den 1960er Jahren kam er aus England zu uns - blauäugig, frech und temperamentvoll mischte er die Hitparaden auf und legte 1966 mit seinem "Super Girl" den Grundstein für eine jahrzehntelange erfolgreiche Karriere. 2018 feierte Graham Bonney, Sonnyboy vieler Generationen, den 75. Geburtstag.

Das Showgeschäft hat er "von der Pike auf" gelernt. Schon als Vierjähriger bekam er Ballett-Unterricht, lernte Akrobatik und steppen, übernahm kleine Rollen im Film. "Damals habe ich Ukulele gespielt und daraus reifte das Interesse für die Gitarre. Als ich 16 Jahre alt war, bekam ich von meiner Mutter die erste E-Gitarre" erzählte er uns im Gespräch. "Ihr habe ich sehr viel zu verdanken."

Der erste Auftritt führte Graham Bonney in den Starclub nach Hamburg

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Graham Bonney

Er schloss sich diversen Bands an, spielte u. a. bei den "Riot Squad" bei dem der spätere Jimi Hendrix-Schlagzeuger Mitch Mitchell mit von der Partie war. "Wir spielten ganz andere Sachen als deutsche Schlager" erinnerte er sich, "Rock’n’Roll und Hardrock". 1963 trat er erstmals auf deutschem Boden auf - im legendären Hamburger Starclub: "Das war harte Arbeit, aber es war phantastisch."

Doch "mit irgendjemandem unter den Musikern gab es immer Querelen" erzählte uns Graham Bonney. Während eines Auftritts in Frankreich fasste er deswegen den Entschluss, eine Solo-Karriere zu starten und eigene Lieder zu schreiben. 1965 kam seine erste Single "My little world is all blue" auf den Markt und lag wie Blei in den Regalen. "Ein Flop" erzählte er rückblickend.

Schöne Mannequins liefern den Titel des Superhits

Ein Hit musste her und der sollte zusammen mit dem Komponisten und Produzenten Barry Mason gelingen. Eines Tages saß Graham Bonney im Büro seines Musikverlegers am Klavier, als ihm eine zündende Melodie einfiel - nur der passende Titel fehlte. Mason dachte nach, stand jeden Tag stundenlang am Fenster: "Er hat die Mädels angeschaut, die im Gebäude gegenüber - einer Agentur für Mannequins - ein und aus gingen." Da kam Barry die Textzeile vom "Super Girl" in den Sinn…

In Deutschland gab es ein entsprechendes Pendant, eine Art Antwort-Platte: "Super Boy", gesungen von dem Schlager-Sternchen Heidi Bachert.

Das "Super Girl" war die Eintrittskarte in die Hitparaden. Doch zu Beginn nahm die BBC den Song zurückhaltend auf und nur dank der Verbreitung über den Piratensender "Radio Caroline" wurde die Platte populär. So hörte auch Mike Leckebusch von Radio Bremen davon, lud Graham Bonney in den legendären "Beat-Club" ein und wurde dort bald Stammgast: "Ich war so stolz!"

"Super Girl" stürzte im Herbst 1966 sogar die "Beatles" vom Hitparaden-Thron der "Bravo-Musicbox".

Anfänglich nahm Graham Bonney parallel noch Titel in seiner Muttersprache auf, doch bald setzten die Verantwortlichen hierzulande den Schwerpunkt auf deutsche Texte. Besonders die Zusammenarbeit mit dem Komponisten und Produzenten Hans Blum erwies sich als erfolgreich: "Das Girl mit dem La-La-La", "Siebenmeilenstiefel", "Wähle 3-3-3" und dergleichen mehr stürmten die Hitparaden.

Mehr geht nicht - Starschnitt bei der Bravo

Graham Bonney (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture-alliance / dpa / Foto Horst Ossinger)
Graham Bonney

Graham Bonney wurde zur festen Größe im deutschen Schlagergeschäft. Zu den Platten kamen eigene Fernsehsendungen hinzu ("Hits à gogo" oder "Hit-Journal") und die Jugendzeitschrift "Bravo" zeichnete in zweimal mit dem "Silbernen Otto" aus. Außerdem präsentierte das Blatt seinen Lesern Graham Bonney in 17 Teilen in Form eines Starschnitts. Viele Jahre später bekam der Künstler ein Exemplar von einem Freund geschenkt und steht nun in voller Größe in seinem eigenen Tonstudio: "Es ist so komisch, mich selbst in Lebensgröße zu sehen."

Mode hat Graham Bonney stets fasziniert: "Ich habe meine ganzen Bühnenkleider selbst entworfen und zusammengestellt."

Die 1970er Jahre waren reich an unvergessenen Schlager-Erfolgen, von denen er viele in der "ZDF-Hitparade" vorstellen konnte. An diese Zeit erinnerte sich Graham Bonney genau: "Damals mussten die Künstler während der ganzen Proben im Studio anwesend sein. Manchmal dauerten diese tagelang und ich habe die Zeit sinnvoll genutzt, indem ich Bücher von meiner Flugschule mitbrachte und studierte". Die Fliegerei hatte ihn als Hobby fasziniert: er bastelte nicht nur rund 300 Modelle, sondern machte darüber hinaus 1971 seinen Flugschein und legte sich ein eigenes Flugzeug zu.

Neben alledem war er noch aktiver Taucher, drehte selbst Unterwasserfilme und baute mit Freunden im panamesischen Dschungel ein Dorf auf: "Das war ein Riesen-Abenteuer" erinnerte er sich.

Graham Bonney ist begeisterter Gärtner

Zu dieser Zeit pendelte er noch häufig zwischen Deutschland und England. In seiner Heimat besaß er eine große Farm, eine eigene Reitschule mit 16 Pferden und züchtete Gemüse: "Ich habe jahrelang nur Fleisch gekauft, denn ich habe mir mein Gemüse immer selbst angebaut. Allein 13 verschiedene Tomatensorten." Heute ist sein riesiger Garten in seinem Domizil in Kerpen nahe Köln sein ganzer Stolz - allerdings ohne Gemüse, dafür mit Blumen: "Farben ohne Ende" berichtete er.

Im Juli 2017 hat Graham Bonney die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. In good old Germany fühlt er sich wohl, die meisten seiner Freunde stammen von hier: "Ich bin nun seit dreißig Jahren in Deutschland und vermisse England nicht so sehr. Ich trete dort nie auf und habe auch keine große Lust darauf." Verschmitzt nannte er auch den Grund dafür: "Ich habe Probleme, wenn ich auf der Bühne stehe. Ich kann meine Ansagen nur in Deutsch!"

Die Liebe zu Deutschland brachte er auch in einem Duett mit seinem unvergessenen Landsmann Chris Howland zum Ausdruck: "We live in perfect harmony, wir sind so happy in Germany!"

Graham Bonney hat keinen Bock alt zu werden

An Auftritten mangelt es nicht: "Ich habe das Gefühl, dass wir immer und ewig unterwegs sind. Eine Saison rutscht in die nächste." Nach wie vor gibt er viele Galas, tritt in Mallorca und auf Kreuzfahrtschiffen auf oder geht mit Kollegen wie Peggy March, Ireen Sheer oder Michael Holm auf "Schlager-Legenden-Tournee". Im Herbst geht es wieder los: "Ich freue mich auf meine Arbeit. Wenn ich auf die Bühne gehe, gebe ich Vollgas." Dies ist auch sein ganz persönliches Training, um fit zu bleiben. Ganz freimütig gibt er zu, ansonsten eher ein Bewegungsmuffel zu sein.

Der Geburtstag wird bei ihm daheim mit einer riesigen Party gefeiert und zahlreiche Freunde und Kollegen haben zugesagt: Cindy Berger, De Bläck Fööss und Chris Andrews, um nur einige zu nennen. "Es ist ein fröhlicher Anlass, aber mir wäre es lieber, wenn es mein 18. Geburtstag wäre. Ich habe keinen Bock, alt zu werden. Ich liebe das Leben und liebe das, was ich tue. Ich würde es gerne nochmal 50 Jahre machen."

Graham Bonney - der Steckbrief

Leben2. Juni 1943 in London geboren, als Graham Bradly
EheVerheiratet in zweiter Ehe mit Iris
InteressantGraham Bonney war es, der den Bläck Fööss vorschlug, einen kölschen Titel aufzunehmen. Die Band firmierte als "Stowaways" und wollten ihren guten Ruf nicht riskieren - und nannte sich für den kölschen Titel einfach "Bläck Fööss".

Besondere Plattencover von Graham Bonney

Plattencover Graham Bonney (Foto: SWR, Columbia (Coverscan))
Es war der 28. April 1966, morgens um halb fünf, als seine erste LP "im Kasten" war. Nachdem das "Super Girl" die Hitparaden erobert hatte, folgte das gleichnamige Album. Der englische Songwriter Barry Mason, mit dem Graham Bonney den Hit geschrieben hatte, berichtete: "Als wir das Studio verließen und unsere rauchgefüllten Lungen frische Morgenluft atmeten, war Graham seltsam ruhig, bis er plötzlich sagte: Diese Langspielplatte ist der wichtigste Schritt in meinem Leben. Sie muss gut sein."
Plattencover Graham Bonney (Foto: SWR, Columbia (Coverscan) -)
"Als ich Graham Bonney kennenlernte, war ich begeistert von seiner Musikalität, seinem Charme und seinem Können" schrieb der Komponist Hans Blum im Begleittext zu dieser Langspielplatte. "Mit dem Wunsch, eine wirklich gute LP zu schreiben, kam er im Sommer 1967 zu mir aufs Land. Am Anfang wurde Tag und Nacht nur musiziert. Nach einigen Wochen fanden wir unsere Favorite-Songs - die Lieder, welche Graham Bonney am liebsten singt, sind auf dieser Platte. Alle Titel drehen sich um 'Girls'."
Plattencover Graham Bonney (Foto: SWR, EMI Columbia (Coverscan) -)
Hits am laufenden Band: "Das Girl mit dem La-La-La", "99,9 Prozent", "Wähle 3-3-3", "Keine Küsse und keine Tomaten" oder "Hey little Lady", um nur einige Beispiele zu nennen. Diese meist von ihm selbst geschrieben Songs, teils in Zusammenarbeit mit Hans Blum oder Christian Bruhn, wurden alle zu Evergreens. Im aufwändig gestalteten Klapp-Cover kam diese musikalische Erfolgs-Story in die Geschäfte.

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