Föderales Durcheinander

Kein echtes Zentralabitur

Stand
AUTOR/IN
Armin Himmelrath
ONLINEFASSUNG
Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR2 Wissen. (Foto: SWR, Christian Koch)
Meta Wolfsperger

Kommentar von Armin Himmelrath

Dieses Jahr soll es in den Abiturprüfungen erstmals bundesweit einheitliche Aufgaben geben. Aber wird das Zentralabitur in den Bundesländern tatsächlich umgesetzt? Ein Kommentar von Armin Himmelrath.

Auch wenn die Kultusminister die Vokabel gerne in den Mund nehmen - ein echtes Zentralabitur ist die heutige Prüfung für die Abiturienten in den Grund- und Leistungskursen im Fach Deutsch nicht. Zwar werden die Arbeiten bundesweit zur gleichen Zeit geschrieben - aber ob es auch wirklich die gleichen Arbeiten sind, hängt vor allem vom Zufall ab.

Föderales Durcheinander bleibt

Erstmals gibt es in diesem Jahr in Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch bundesweite Aufgabenpools. Dafür haben die Länder Abituraufgaben vorgeschlagen, das Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen in Berlin hat sie geprüft und bearbeitet und dann als Aufgabensammlung für alle zur Verfügung gestellt. Daraus können sich die Länder nun bedienen - aber: Sie können und werden diese Aufgaben auch anpassen und verändern. Unter anderem deshalb, weil in verschiedenen Bundesländern unterschiedlich lange Bearbeitungszeiten vorgesehen sind. Und sie können und werden die Aufgaben mit weiteren Aufgaben ergänzen, die sie in Eigenregie erstellen. Mit anderen Worten: Es bleibt bei einem ziemlichen föderalen Durcheinander.

Prüfungen wenig vergleichbar

So kann beispielsweise aus dem zentralen Aufgabenpool für den Deutsch-Leistungskurs ein Textauszug aus Goethes Faust I mit einer Interpretationsaufgabe vorliegen. Jedes einzelne Kultusministerium kann diese Aufgabe nun erweitern oder kürzen oder parallel dazu beispielsweise ein Brecht-Gedicht zur Interpretation vorlegen. Und weil die Schüler in aller Regel aus mehreren Aufgaben wählen können, bleibt es eben eine reine Zufallsfrage, ob sie in Tübingen und in Bad Teinach-Zavelstein, aber auch in Stralsund, in Köln oder in Hamburg wirklich das gleiche Abitur ablegen.

Hinzu kommt: Von den bundesweit rund 40 Abiturprüfungsfächern gibt es gerade einmal für vier Fächer solche Aufgabenpools. Die Organisation der dafür notwendigen gemeinsamen Termine hat die Kultusministerien schon fast an den Rand ihrer Organisationsfähigkeit gebracht. Denn durch bundesweit unterschiedliche Ferientermine ist die Dauer des Schuljahres bei gleichen Prüfungsterminen überall unterschiedlich lang - und damit ist die Chancengleichheit für die Schüler nicht mehr gegeben.

Das gegenseitige Schulterklopfen der Kultusminister zum Start des vermeintlichen Zentralabiturs heute muss man also nicht allzu ernst nehmen. Denn wenn es wirklich hart auf hart käme, würde kaum ein Landesminister seine schulpolitischen Kompetenzen an eine bundesweite Koordinierungsstelle abgeben - so weit geht die Liebe zum Zentralabitur dann doch nicht.

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