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16.12.1938: Adolf Hitler stiftet das Mutterkreuz

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Ulrich Land

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Ein Orden sollte dazu beitragen, dass wieder mehr Kinder geboren werden

„Als sichtbares Zeichen des Dankes des Deutschen Volkes an kinderreiche Mütter stifte ich das Ehrenkreuz der Deutschen Mutter.“

Mit diesen Worten stiftete Adolf Hitler am 16. Dezember 1938 das so genannte "Mutterkreuz" - einen kleinen weiß-blauer Orden mit Hakenkreuz in der Mitte. Gedacht war er für Mütter, die mehr als vier, sechs oder acht Kinder geboren hatten, als Bronze-, Silber- und Goldauszeichnung. Nach den Verlusten des Ersten Weltkrieges sollte das Mutterkreuz dazu beitragen, dass wieder mehr Kinder geboren werden.

Hitler und seinen Militärstrategen dürfte selbstredend klar gewesen sein, dass die Kinder so schnell gar nicht wachsen konnten, wie die Kriegstreiberei zünden würde. Nicht auszuschließen, dass sie mit einem allemal zwanzigjährigen Krieg rechneten, sich also keineswegs sicher waren, dass der so genannte "Endsieg" binnen kurzer Frist zu erreichen war.

Der Mütterkult des Kaiserreichs wurde von den Nazis befeuert

Der bereits im Kaiserreich existierende Mütterkult wird von den Nazis neu befeuert, der Muttertag zum offiziellen Feiertag, das Mutterkreuz zum Signet der Frauenpolitik. Denn der Führer befand: "Jedes Kind, das die Mutter zur Welt bringt, ist eine Schlacht, die sie besteht für Sein oder Nichtsein ihres Volkes." In diesem Sinne hatte das Mutterkreuz also sowohl eine prospektive Zukunftsausrichtung als auch eine rückwärtsgewandte Komponente – nachgetragene Ehrung für die Mütter der im Ersten Weltkrieg gefallenen Söhne, Transportriemen eines überkommenen Frauenbilds und: Vision eines wehrhaften Volkes.

Spottnamen wie "Rammelbalken" oder "Kaninchenorden"

Es wird vermutet, dass bis 1942/43 fast 5 Millionen Frauen das Mutterkreuz erhielten. Aber noch während der Naziherrschaft gab es auch Kritik am Mutterkreuz. Und schon bald nach der Erstverleihung firmierte es unter Spottnamen wie "Rammelbalken" oder "Kaninchenorden".

Trotz der Millionen Mutterkreuze stellten sich weder der militärische Sieg noch der in Sachen Geburtenrate ein. Den schon zu Beginn der Naziherrschaft erkennbaren Trend zur Ehe mit ein bis zwei Kindern konnte die nationalsozialistische Familienpolitik nicht aufhalten. Die Geburtenziffern erreichten auch im Zeichen der Mütterkultpropaganda nicht mehr den Stand der 20er Jahre.

Brauchtum Ist der Muttertag eine Erfindung der Nazis?

Nein. Den Muttertag, den wir heute kennen, hat 1907 eine engagierte Christin in den USA eingeführt: Anna Marie Jarvis – als Gedenktag für ihre eigene verstorbene Mutter. Von Gábor Paál | Dieser Beitrag steht unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

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