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Bedrohte Freiheit – Wissenschaft in Deutschland

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AUTOR/IN
Heike Schmoll
ONLINEFASSUNG
Ralf Caspary
Susanne Paluch

Wissenschaftsfeindlichkeit, Political Correctness, Leugnung von Fakten – im 70. Jahr des Grundgesetztes ist die Freiheit der Wissenschaft gefährdeter denn je. Über Ursachen und Wirkung spricht Heike Schmoll, Bildungsexpertin der FAZ.

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"Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei" heißt es in Artikel 5 des deutschen Grundgesetzes, das vor 70 Jahren in Kraft trat. Doch heute kann davon immer weniger die Rede sein.

Baberowski, Münkler, Lucke: Drei Beispiele für Angriffe auf die Freiheit

Die Professoren Jörg Baberowski und Herfried Münkler in Berlin, Bernd Lucke in Hamburg: Sie alle wurden massiv bei ihrer Lehre gestört oder gar daran gehindert.

Ist die freie Diskussion an Hochschulen tatsächlich gefährdet? Die Spielräume für die freie Äußerung unbequemer Forschungserkenntnisse und Auffassungen, die anderen nicht passen, sind merklich geringer geworden.

Zensur an Universitäten

Selbst an den Universitäten, eigentlich die freiesten Orte der Welt, werden die Zensurscheren in den Köpfen immer länger. Was nicht gefällt, soll gar nicht erst eine Bühne bekommen.

Dafür haben Frankfurter Soziologie- und Politologie-Studenten in einer Befragung einen schlagenden Beweis geliefert. In einer repräsentativen Befragung durch einen Kommunikationswissenschaftler und einen Politologen hat sich der geballte Unwillen gezeigt, sich mit widerstrebenden Meinungen überhaupt auseinanderzusetzen.

Ein Drittel bis über die Hälfte der Befragten sprachen sich dagegen aus, dass Menschen mit kontroversen Standpunkten überhaupt an der Universität reden dürfen.

Demokratie muss klare Kante zeigen

Eine Demokratie muss klare Kante zeigen, wenn das Grundrecht und die Pflicht eines Professors verletzt wird, als Beamter des Staates eine Vorlesung  zu halten.

Weder der AfD-Gründer Bernd Lucke noch sonst jemand, der als ordentlicher Professor an staatlichen Hochschulen lehrt, darf an der Ausübung seines Grundrechts, der Lehre, gehindert werden.

Erkenntnisfortschritte: Wozu Universitäten Freiräume brauchen

Den Universitäten geht es um Erkenntnis, nicht Meinung, um Argumente und nicht Ausgrenzung. Hochschulen sollen in Forschung und Lehre Erkenntnisse ermöglichen, nicht Meinungen produzieren.

Genau deshalb brauchen sie einen gewissen Abstand zur Gesellschaft. Sie dürfen nicht von der Politik oder der Gesellschaft direkt in Dienst genommen werden.

Zugleich bearbeiten sie drängende Gegenwartsfragen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse können und sollen wieder in die Gesellschaft zurückwirken, sie können und sollen Politiker nachdenklich machen und ihre Argumente schärfen.

Nur wenn den Universitäten dafür der nötige Freiraum gelassen wird, wenn sie experimentieren, denken und Hypothesen entwickeln können und die unbedingt nötige Zeit bekommen, kann es zu wirklichen Erkenntnisfortschritten kommen.

Heike Schmoll (Foto: SWR, picture-alliance / dpa -)
FAZ-Journalistin Heike Schmoll

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